Ein Beitrag von Anja Jasper, Leiterin der SMA-Unternehmenskommunikation – veröffentlicht auf „SUNNY, dem SMA Corporate Blog“. Solarify dokumentiert ihn in Auszügen: „Fakt ist bis heute, dass nur beim Einführungstermin nachgebessert wurde. Ansonsten hat sich die Politik noch nicht bewegt.“
Die Kürzungen im Überblick: Künftig nur noch drei Förderkategorien:
1. Stärkere Degression der Einspeisevergütung: Strom aus kleinen Dachanlagen bis 10 Kilowatt wird mit 19,5 Cent je Kilowattstunde gefördert, bei Anlagen bis 1000 Kilowatt 16,5 Cent und bei großen Dach- und Freiflächenanlagen bis 10 Megawatt 13,5 Cent. Je nach Anlagengröße bedeuten die Pläne Kürzungen zwischen 20 Prozent (Kleinanlagen) und mehr als 30 Prozent (größere Anlagen).
2. Hinzu kommt ab 1. Mai eine Verstetigung der Degression, also des schon jetzt üblichen Abschmelzens der Vergütung. Um die bisherigen Jahresendrallyes vor jeder weiteren Kürzung zu verhindern, werden die Vergütungssätze von Mai an monatlich um 0,15 Cent je Kilowattstunde gesenkt.
3. Schließlich wird für Neuanlagen ein sogenanntes Marktintegrationsmodell in das Erneuerbare-Energiengesetz (EEG) eingefügt. Das bedeutet, dass nur noch ein bestimmter Prozentsatz des in einer Anlage erzeugten Stroms vergütungsfähig ist: bei kleinen Anlagen 85, bei größeren 90 Prozent. Der Rest des produzierten Stroms muss selbst verbraucht oder vermarktet werden. Allerdings fällt der Eigenverbrauchbonus weg, um die EEG-Umlage zu entlasten.
Eigentlich sollten diese Anpassungen rückwirkend ab 9. März greifen, was inzwischen geändert wurde. Nach dem Entwurf der Koalitionsfraktionen sollen die Solarkürzungen für Dachanlagen nun zum 1. April in Kraft treten, für Freiflächenanlagen zum 1. Juli. Im Vergleich zum Kabinettsbeschluss ist dies bislang die einzige Korrektur.
Zusätzlich ist eine feste Zubaubegrenzung geplant:Der heute bestehende Zubaukorridor von 2,5 bis 3,5 GWp Leistung pro Jahr soll laut Ministerentwurf nur noch für die Jahre 2012 und 2013 gelten. Ab 2014 soll er jährlich um 400 MW abgesenkt werden, sodass im Jahr 2017 nur noch ein Korridor von 900 bis 1.900 MW bestünde.
Und eine Verordnungsermächtigung bei Über- oder Unterschreitung des Zubaukorridors: Auf ein Jahr begrenzt soll es zudem eine „Verordnungsermächtigung“ geben, die es dem Bundeswirtschaftsministerium erlaubt, im Einvernehmen mit dem Umweltressort bei der Regelung nachzusteuern. Dies könne der Fall sein, wenn der Zubau deutlich über oder unter dem gewünschten Korridor von 2500 bis 3500 Megawatt liegen würde. Dann könnte entweder bei der Vergütung oder der Marktintegration nachgesteuert werden.
Konsequenzen der vorgeschlagenen Kürzungen
1. Der deutsche Markt könnte sich halbieren -Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Kürzungen der Solarförderung führen nach Experten-Einschätzung zu einer Halbierung des deutschen Photovoltaikmarktes. Insbesondere die Marktsegmente der mittelgroßen (>10 kWp) und großen Solarstromanlagen (> 100 kWp) werden mit der vorgeschlagenen Einspeisevergütung voraussichtlich zusammenbrechen. Als erhebliche Zusatzdegression wirkt die Begrenzung der Vergütung auf beispielsweise 80 bis 90 Prozent des erzeugten Stroms.
2. Zehntausende Arbeitsplätze sind gefährdet -Insgesamt sind so zehntausende von Arbeitsplätzen bedroht, vor allem im regionalen Fachhandwerk, in der Industrie sowie in Forschung und Entwicklung.
3. Planungssicherheit für Unternehmen und Investoren fehlt -Die im jetzigen Gesetzesentwurf enthaltene Verordnungsermächtigung kommt darüber hinaus einem Freibrief für unkontrollierte weitere Beschränkungen gleich – damit fehlt den Unternehmen und Investoren jegliche Planungssicherheit für künftige Investitionen.
4. Die jährliche Absenkung des Zubaus kommt einem Deckel gleich -Auch die jährliche Absenkung des Zubaukorridors ab 2014 ist letztlich nichts anderes als eine Deckelung quasi durch die Hintertür und vollkommen widersinnig. Denn weitere Preissenkungen des Solarstroms setzten höhere Produktionsmengen voraus: Um die Fotovoltaik schnell auf das Preisniveau von Windkraft und darunter zu bringen, müssten pro Jahr ca. 2,5 bis 3,5 GWp (das zuvor geplante Niveau) neu installiert – und schrittweise weiter ausgebaut werden. So erfolgt im Extremfall eine schrittweise Deckelung auf unter 1 GW bis 2017.
5. Die Eigenverbrauchsregelung ist nicht durchdacht -Auch das Marktintegrationsmodell, nach dem 15 bzw. 10 Prozent des nicht mehr vergüteten Stroms selbst verbraucht oder an der Strombörse verkauft werden sollen, hat entscheidende Schwächen: Erstens lohnt sich der Eigenverbrauch nur für kleine Aufdachanlagen – mittlere und große Solaranlagen haben davon gar nichts. Und zweitens gibt es bislang überhaupt keine Strukturen dafür, dass Betreiber ihren selbst erzeugten Strom an der Börse frei handeln.
Die Forderungen der Branche:
1. Eine verträgliche Anpassung des Förderniveaus zum Erhalt tragender Marktsegmente und der Freiflächen-PV – Die abrupte Absenkung des Förderniveaus führt in allen Marktsegmenten zu Einschnitten, die in dem geplanten Umfang von der Industrie nicht aufgefangen werden können. Vor allem der weitere Ausbau von großen Solarkraftwerken ist wichtig für die weitere Entwicklung von Technologien zur besseren Netzintegration und Systemstabilisierung auf Kraftwerksniveau.
- Vergütung für Anlagen kleiner 10 kWp von mindestens 20,5 ct/kWh
- Erhalt einer auskömmlichen Vergütungsklasse im Bereich 10-100 kWp mit 18,5 ct/kWh Vergütung
- Vergütung für PV-Anlagen größer 1 MWp bis mindestens 20 MWp von mindestens 15 ct/kWh
2. Fortführung der Marktintegration durch Eigenverbrauch ohne versteckte Kürzungen -Der Wegfall einer anreizorientierten Förderung des Eigenverbrauchs ist ein abrupter Systembruch. Er verkennt völlig die fehlenden Rahmenbedingungen für die Direktvermarktung von Solarstrom und die begrenzten Potenziale für den Eigenverbrauch bei größeren Anlagen.
- Begrenzung der vergütungsfähigen Strommenge auf 85 Prozent nur bei Anlagen < 10 kWp
- Für alle anderen Anlagen keine Begrenzung
3. Erhalt der marktabhängigen Degression für Planungs- und Investitionssicherheit – Die radikale Abkehr vom bewährten Modell der flexiblen und marktabhängigen Degression und der Wechsel zu monatlichen Absenkungen in Cent statt Prozent verschärft die Wirtschaftlichkeitseinbußen für mittlere und große Solaranlagen noch zusätzlich. Darüber hinaus bringt die vorgesehene Verordnungsermächtigung zur Anpassung der Vergütung ein höchstkritisches Maß an Unsicherheit und Investitionsrisiko für alle Marktakteure. Denn sie definiert zwar, wann eine Änderung erfolgen soll, aber nicht wie und in welcher Höhe. Dies ist für keinen langfristig orientierten Investor tragbar. Die Verordnung kann zudem ohne Beteiligung von Bundestag und Bundesrat alleine durch Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsministerium erlassen werden.
- Monatliche Basisdegression in Höhe von 0,75 Prozent pro Monat (entspricht der bisherigen Basisdegression von 9 Prozent pro Jahr)
- Keine Einführung einer Verordnungsermächtigung zur Anpassung der Vergütung
- Stattdessen Erhalt des flexiblen „atmenden Korridors“ auf Basis einer mindestens quartalsweisen Überprüfung und Nachsteuerung
4. Kraftvoller weiterer Solarstromausbau statt Ausstieg aus der Photovoltaik – Die Absenkung des Zielkorridors nach 2014 ist widersinnig, da der zukünftige PV-Zubau immer kostengünstiger zu erreichen ist. Aktuelle Berechnungen der Prognos AG zeigen, dass der Zubau von 1 GWp Solarstromleistung die EEG-Umlage um lediglich 0,035 ct/kWh erhöht. Die Haushaltsstrompreise würden bei einem solchen weiteren Ausbau bis zum Jahr 2016 lediglich um knapp zwei Prozent steigen. Studien zur Netzintegrationsfähigkeit zeigen, dass selbst ein kraftvoller Ausbau der Photovoltaik auf 70 GWp bis 2020 technisch und mit geeigneten Optimierungsmaßnahmen bei Netz- und Anlagentechnik auch finanziell tragbar ist.
- Keine Absenkung des Zielkorridors nach 2014. Stattdessen wachsender Zielkorridor ab 2013 (2013: auf 4,5 GWp; ab 2015 auf 5 GWp p.a.)
Fazit
Wir sind überzeugt, dass durch den skizzierten Zubau von Solarstrom mit einer Leistung von bis zu 5 GWp pro Jahr die Netze nicht überlastet werden. Denn mit der Photovoltaik findet die Energieerzeugung in direkter Nähe zu den Verbrauchern statt. Gerade in Fragen der Netzintegration können sich technologieorientierte Solarunternehmen ausgezeichnet durch Innovationen vom asiatischen Wettbewerb differenzieren und langfristig Arbeitsplätze in Deutschland schaffen. Der Bau leistungsfähiger, neuer Hochspannungsleitungen ist für eine vollständige Energiewende durchaus sinnvoll und notwendig, aber nicht vornehmlich auf den Ausbau der Photovoltaik zurückzuführen.
->Quelle: sma-sunny.com