Ein Einspeisegesetz für Windgas muss her
Seit ein paar Jahren macht der Vorschlag Furore, überschüssigen Ökostrom in Wasserstoff oder Methan umzuwandeln und so speicherbar zu machen. Technisch ist das kein Problem, doch bisher gibt es nur wenige Anlagen. Ein Gaseinspeisegesetz könnte die Technik voranbringen.
Die Idee hat den deutschen Strommarkt revolutioniert: Das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) garantiert jedem Erzeuger, seinen Ökostrom gegen langfristig festgelegte Vergütungen ins allgemeine Netz einspeisen darf. Es gilt seit mehr als zehn Jahren, und der Erfolg ist – siehe Solarförderung – größer, als man je vermutet hätte. Kein Wunder, dass unter Wissenschaftlern, Energiepolitikern und Umweltverbänden ein Gesetz zur Förderung der Einspeisung von Gas diskutiert wird. Zum einen könnte es dadurch attraktiver werden, Biogas nicht gleich am Ort der Erzeugung zu verbrennen – dabei wird zwar Strom erzeugt, die Wärme aber verpufft oft ungenutzt. Zum anderen würde als Nebeneffekt eine weitere Art der Energiespeicherung – eines der bisher weitgehend ungelösten Probleme beim Umstieg auf Erneuerbare Energien – vorangetrieben.
Wasserstoff im Erdgasnetz ist nicht neu
Die Idee klingt verlockend: Das Gasnetz als Stromspeicher. Mit Elektrizität kann bekanntlich aus Wasser, per simpler Elektrolyse, Wasserstoff erzeugt werden. Dieser kann dann später und/oder andernorts zurückverwandelt werden in Strom, er kann Wasserstofffahrzeuge antreiben oder auch ins allgemeine Erdgasnetz eingespeist werden. Fünf Prozent Wasserstoffanteil im Erdgasnetz sind zur Zeit zulässig, in der Diskussion ist jedoch, diesen Wert anzuheben. Experten halten auch 15 Prozent Wasserstoffanteil problemlos für möglich. Auch noch höhere Beimischungsquoten sind denkbar, jedoch müsste dafür die Technik des Gasnetzes teilweise ausgetauscht werden.
Denn Wasserstoff im Gasnetz ist nichts Neues: Sogenanntes Stadtgas – eine Mischung aus Kohlenmonoxid, Methan und – bis zu 50 Prozent – Wasserstoff wurde bereits im vergangenen Jahrhundert eingesetzt. Stadtgas wurde damals aus Kohle hergestellt und später schrittweise durch Erdgas ersetzt, in den 90er Jahren wurden die letzten Stadtgasnetze in (Ost-)Deutschland stillgelegt. Stadtgas wurde abgeschafft, da das darin enthaltene Kohlenmonoxid hochgiftig ist – die Beimischung von 50 Prozent Wasserstoff bereitete keine grundsätzlichen Schwierigkeiten.
Auch die Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse ist altbekannt. Strom spaltet Wasser auf in Wasserstoff und Sauerstoff. Der Wasserstoff kann über einen Verbrennungsmotor oder eine Brennstoffzelle wieder in nutzbare Energie umgewandelt werden. Mittelfristig könnte durch einen zusätzlichen Schritt aus dem so gewonnenen Wasserstoff Methan hergestellt werden – die Idee wurde vor zweieinhalb Jahren in Berlin erstmals größerem Publikum vorgestellt, die Firma Solar-Fuel aus Stuttgart betreibt bereits eine Testanlage. Methan kann ohne Mengenbegrenzung ins Erdgasnetz eingespeist werden.
Die bisherige Förderung für „Windgas“ reicht nicht aus
Umgangssprachlich werden beide Technologien „Windgas“ genannt. Deutlich wurde: Zur Zeit ist ein wirtschaftlicher Betrieb von Elektrolyseuren zur Gaseinspeisung kaum möglich. Bereits jetzt regelt die sogenannte Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV), dass die Einspeisung von Biogas durch den Netzbetreiber ermöglicht werden muss. Doch die Vergütungszahlen und vorhandenen Vergünstigungen reichen – so Experten – bislang nicht aus, um den Einsatz der Technologie voranzutreiben. Im Rahmen eines Gaseinspeisegesetzes könnte auch die Einspeisung von grünem Wasserstoff und Methan geregelt werden. Die Kosten würden dann – ähnlich wie beim EEG – auf den Strom-, bzw. Energiepreis umgelegt. Die Auswirkungen der Windgas-Einspeisung auf den Strompreis würden im Bereich von 0,05 Cent pro Kilowattstunde liegen, die der Biogasförderung bei etwa 0,25 Cent.
Bislang sind es vor allem kleine Firmen, die an der Etablierung der Technologie arbeiten. Der Windkraftbetreiber Enertrag hat schon vor Jahren damit angefanfgen, ein eigenes Stromnetz aufzubauen und dabei bereits früh über Möglichkeiten der Stromspeicherung nachgedacht. In Prenzlau nördlich von Berlin hat Enertrag ein Hybridkraftwerk mit Wasserstofff-Elektrolyse realisiert. Der Wasserstoff dient hier – in Kombination mit Biogas – dazu, Fehlprognosen bei der Windstromerzeugung auszugleichen. Hintergrund: Anhand von Wetterdaten versuchen Windkraftanlagenbetreiber, ihre Stromerzeugung so gut es geht vorherzusagen, um ihren Strom vermarkten zu können. Doch die Prognosen sind nie exakt. Langfristig sieht der Enertrag-Vorstand die Potenziale der Wasserstofferzeugung aber vor allem im Verkehrsbereich. Treibstoffkosten von 15 Euro für eine Fahrt von 100 Kilometern kann er sich mittelfristig vorstellen. Mit der Vermarktung von erneuerbarem Speichergas am weitesten ist wohl „Greenpeace Energy“ (mit Enertrag) – von dort stammt der Begriff „Windgas“. Beim Gastarif „Pro Windgas“ erhalten Gaskunden überwiegend konventionelles Gas mit einer – bislang noch im Prozentbereich liegenden – Beimischung von erneuerbar erzeugtem Wasserstoff.
Donnerstag, 15. März 2012, 10:05 Uhr
Quelle: http://www.klimaretter.info/energie/nachricht/10791-ein-foerdergesetz-fuer-windgas/