Energie-Kongress im Willy-Brandt-Haus
Töpfer spricht bei SPD
Zum ersten Mal in seinem Politikerleben sprach Ex-Umweltminister Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU) im Willy-Brandt-Haus – Anlass: ein Energie-Kongress der SPD. Wo immer er hinkomme, er werde immer wieder gefragt, so der langjährige Minister in drei Kabinetten Kohl unter der Statue Willy Brandts in der SPD-Parteizentrale: „Klappt das denn bei Euch in Deutschland mit der Energiewende…?“ Will sagen: „Wir werden sehr genau beobachtet, was wir da in Sachen Energie treiben“. Und er greift weit zurück in die Geschichte. Der Atomausstieg habe nach Tschernobyl begonnen. Und er habe schon marktwirtschaftlich – später auch ethisch – eine Chance: „Setze Knappheiten und du wirst technologischen Fortschritt ernten, Economy of Scale, Lernkurven.“ Und er zitiert aus Afrika, immerhin war ein einmal Direktor der UN-Umweltbehörde UNEP mit Sitz in Kenia: “Wann seid ihr mit Photovoltaik endlich so weit, dass wir das bezahlen können?“ Das beginne bei einem Preis für die Kilowatt-Stunde von unter 10 Ct. „und wäre dann Entwicklungspolitik as its best”. Die Preissituation müsse so sein, dass PV nicht nur bei uns wettbewerbsfähig werde, sondern auch Exportgut sein könne. Das ergebe „fantastische Argumentationsmöglichkeiten, damit können wir international bestehen“.
Der Auftrag der Ethikkommission sei gewesen: Was müssen wir in den zehn Jahren schaffen? Wie können wir die abgeschalteten Atomkraftwerke, also 25 Prozent der Grundlast ersetzen? Inzwischen seien es weniger, nur noch 20 Prozent. „Ohne Nebenbedingungen wäre das einfach, ohne Beachtung der Klimapolitik auch, die Netzstruktur könnte bleiben.“
Mehrere Nebenbedingungen verschwierigten die Energiewende: Wir seien mitten in Europa von Ländern umgeben, die auch Strom erzeugten, und die denselben gerne zu uns exportierten. Töpfer („man ist ja inzwischen so etwas wie ein ehrenamtlicher Botschafter der deutschen Energiewende“) nannte als weitere Nebenbedingung: „Steige so aus, dass Deine Industriestruktur bestehen bleiben kann!“ Gleichzeitig sei die Unsicherheit der Öffentlichkeit über die Kosten der Energiewende groß, die Deutschen interessiere die Rechnung, das sei ganz normal. Dabei gebe es zwei Faktoren: Preis und Menge. Steigender Preis bedeute nicht unbedingt auch steigende Energiemenge. Für die Altbausanierung sollte unbedingt eine Milliarde mehr von der KfW zur Verfügung gestellt werden. Dafür müsse dringen die Steuersituation geklärt werden; der Vermittlungsausschuss müsse sich schnell einigen.
Das letzte Wende-Gebot der Ethikkommission schließlich laute: Steige so aus, dass die Stabilität des Netzes nicht gefährdet ist! Ausbalancierung durch Gaszufeuerung sei nötig. Der Unterschied zwischen Kapazität und Leistung (siehe PV) müsse beachtet werden. „Power-to-Gas immer dann, wenn Strom nichts kostet: 2011 hatten wir vier Tage mit negativem Strompreis…“ Die Wissenschaft müsse die Wende in Angriff nehmen. Die komme (noch) nicht richtig voran. Allerdings sprach Töpfer sich gegen ein eigenes Energieministerium aus. Die Umsetzung schaffe eine Regierung nicht. Das müsse eine unabhängige Stelle machen: der Energiewende-Beauftragte, bereits im Bericht der Ethikkommission gefordert. „Klare Signale sind nötig, wo die Verantwortung liegt: daher ist das beste ein parlamentarischer Beauftragter, ähnliche dem Wehrbeauftragten des Bundestags.“
Schließlich sei die Einbindung der breiten Zivilbevölkerung unumgänglich. Im IASS habe man einen Workshop veranstaltet unter dem Thema: „Wissen durch verändern – Veränderung durch Wissen“, es gehe „darum, das Wissen zum Teil der Lösung machen. Die Energiewende von unten ist doch gut in Gang gekommen…!“ Töpfer nannte die zahlreichen, schon als Bewegung totgesagten Genossenschaften, man hätte noch vor wenigen Jahren nicht geglaubt, wie viele Menschen sich infolge dieser Bewegung wieder an der Demokratie beteiligten.
Die Umsetzung sei Kernbedingung der Energiewende, die eigentlich ein großes Managementprojekt sei. Zunächst gehe es „wie von Geissler am Stuttgarter Bahnhof durchexerziert, um einen Faktencheck, es muss völlige Transparenz darüber herrschen, welche Daten für die Entscheidungen herangezogen werden. Wie messen wir die Umsetzung dieser Energiewende? Breiter Konsens ist nötig. Natürlich können wir diese Wende schaffen.“ Auch wenn sie nicht „wie Manna vom Himmel“ falle.
-AZ- Fotos: Hofmann