Die etablierte Photovoltaik auf Siliziumbasis ist nach dem abrupten Wegbrechen der Umlagefinanzierung des mehrfach novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in einer Konsolidierungsphase. Aber sicher nicht am Ende ihres Weges. Weltweit setzt die Branche auf Wachstum und neue Technologien.
Die Photovoltaikindustrie unternimmt weltweit einen kollektiven Anlauf zu neuen Technologien und Preispunkten. Wenn auch Europa – besonders Deutschland und Italien – nicht mehr der größte, quasi per Autopilot laufende Markt sein wird. Dafür werden sich China, die USA und – nach der Fukushima-Katastrophe – Japan als größte Abnehmer profilieren. Dass dies nicht ohne schmerzliche Verluste von Teilen der deutschen Fertigungsbasis geht, belegen die Insolvenzen zuvor dominierender Lieferanten, wie des Vorzeigeunternehmens Q-Cells, unübersehbar.
Szenarien wie diese zeichneten einschlägige Marktforscher, etwa Stephan de Haan, leitender Analyst bei IHS iSuppli Deutschland, jüngst auf dem PV Fab Managers Forum des internationalen Halbleiterverbandes Semi in Berlin. Weltweit, sagte de Haan, erreichten die Neuinstallationen von Photovoltaikanlagen 2011 den Rekordwert von 27,6 GW – ein Wachstum gegenüber 2010 um 55 %. Auch für 2012 kommt iSuppli zu einem durchaus optimistischen Ausblick, im besten denkbaren Fall mit einem weiteren Anstieg des Zubaus auf bis zu 35 GW. „Vor allem China und Deutschland werden sich 2012 stärker entwickeln als erwartet“, schätzte de Haan, und ergänzte: „Vorzieh-Effekte bei privaten und kommerziellen Aufdach-Anlagen werden die Abnahme der Freiflächeninstallationen teilweise kompensieren.“
Nicht zu verkennen indes ist, dass Produktionsüberkapazitäten und der freie Fall der Modulpreise auf 60 Cent/W Nennleistung weithin für rote Bilanzzahlen sorgen. Auch in der deutschen Vorzeigebranche, bei den Herstellern von Photovoltaikproduktionsmitteln, stehen Kurzarbeit und Entlassungen an. Erst 2014 könnten die neuen Photovoltaikmärkte das gewohnte Marktvolumen wieder herstellen. Der Fachverband Photovoltaikproduktionsmittel im VDMA erwartet „ein schwieriges Marktumfeld für 2012“, heißt: im Schnitt einen Umsatzrückgang für dieses Jahr von 21,5 %.
Es entsteht, wie der Marktforscher Finley Colville von Solarbuzz auf dem Forum vermerkte, eine „neue“ Photovoltaikindustrie. Sie steht im verschärften globalen Wettbewerb, nicht mehr getragen von solidargemeinschaftlicher Förderung. Ein Nebeneffekt dieser Marktdisziplin: „Die kristalline Siliziumtechnik zeigt zumindest bis 2015 kaum Anzeichen, Marktanteile an andere disruptive Technologien zu verlieren.“
Daran, dass sich die kristalline Siliziumtechnik neu ausrichten muss, bestehen kaum Zweifel. „Die Photovoltaikhersteller müssen ihre Materialien genauer ins Auge fassen“, sagte Stephan Raithel, Leiter der PV Europe Sektion der Semi PV Group mit Sitz in Berlin. „Das bringt Kostendegressionen und steigende Wirkungsgrade.“ Vor allem die 2010 sprunghaft empor geschnellten Silberpreise machen Probleme. Sie bestimmen die Kosten für die frontseitige Metallisierung der Emitterfinger, die bislang als Silberpaste per Siebdruck auf die Zelle aufgebracht werden. „Der Ersatz des Silbers durch kostengünstigere Materialien wie Kupfer reduziert die Fertigungskosten“, erklärte Raithel.
Damit findet die Kupfermetallisierung, wie sie seit Jahren von Herstellern und Forschungsstellen wie Suntech, Silevo, Kaneka, Schott Solar, Centrotherm und dem Fraunhofer ISE propagiert und auch schon kommerziell gefertigt wird, Eingang in die „International Technology Roadmap for Photovoltaics“, kurz ITRPV. Die ITRPV informiert Zulieferer und Anwender über die zu erwartenden Trends der auf kristallinem Silizium basierenden Photovoltaik. Sie statuiert die historische Lernkurve des Preisverfalls von 20 % bei Verdoppelung der kumulativen Auslieferungen pro Jahr – ein oft ignoriertes Argument für den Stellenwert der Photovoltaik im Energiemix bis 2050.
Der Vorteil der Kupfermetallisierung ist – neben den niedrigeren Materialkosten – die geringere Breite der Leiterbahnen auf der Zelle. Die Breite verringert sich von 120 µm auf 20 µm. Damit sinkt die von ihnen verursachte Verschattung. Außerdem können die Kupferleiterbahnen dichter angeordnet werden, so steigt auch der Wirkungsgrad. Obendrein ist ihr spezifischer Widerstand geringer. Und das Sintern der Silberpasten bei 800 °C wird durch einen Prozess bei 400 °C abgelöst.
Ein größeres Problem besteht in der Diffusionsbarriere für das Kupfer, so dass es nicht in das Silizium eindringt und dessen Leitermechanismus stört. Dies geschieht durch eine bis zu 1 µm starke Unterlage aus Nickel. Wenn man nicht eine dünne Unterlage aus Silber vorzieht. Auch der obere Abschluss besteht, der Lötung wegen, aus einer 0,1 µm dicken Silberauflage. Für die Solarzellenhersteller heißt das, ihre Anlagen umzubauen. Doch für alle drei Varianten stehen aus anderen Anwendungen bereits bewährte Anlagen bereit, die sich in den Fertigungsfluss der Siliziumzellen integrieren lassen. WERNER SCHULZ – 13. 04. 2012
->Quelle: VDI nachrichten