DLR-Wissenschaftler bauen Datenanalysezentrum der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus aus
Die Umweltforschungsstation Schneefernerhaus, auf 2650 Metern Deutschlands höchstgelegene Forschungsstation, nur knapp 300 Meter unterhalb der Zugspitze, vernetzt sich mit drei weiteren Observatorien im Alpenraum. Ziel dieses “Virtuellen Alpenobservatoriums”: der Austausch von Daten zur Klimaforschung sowie gemeinsame wissenschaftliche Projekte. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) baut dafür das Datenanalysezentrum der Forschungsstation aus und schließt es an das Höchstleistungsrechenzentrum Garching und das vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum betriebene Weltdatenzentrum für Fernerkundung der Atmosphäre (WDC-RSAT) an. Unterstützt wird das virtuelle Alpenobservatorium mit einer Million Euro vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit.
Zusammenarbeit bei der Klimaforschung
“Alle sollen auf alle Daten zugreifen können”, sagt Prof. Michael Bittner, wissenschaftlicher Koordinator der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus (UFS) und Wissenschaftler am Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) des DLR. Sobald die Infrastruktur für die gemeinsame Klimaforschung eingerichtet wurde, werden das Observatorium Sonnblick in Österreich, das Observatorium Jungfraujoch/Gornergrat in der Schweiz, das EURAC in Italien und das Schneefernerhaus voneinander profitieren können. Weitere Einrichtungen in Frankreich und Slowenien sollen später hinzukommen. Möglich wäre dann, geophysikalische Parameter wie etwa Wolken, Strahlung, Vegetation oder atmosphärische Spurenstoffe zeitlich abgestimmt, nach einheitlichen Standards und an verschiedenen Orten zu vermessen. Da jedes der beteiligten Observatorien einen anderen Schwerpunkt in der Klimaforschung setzt, können dabei auch unterschiedliche Perspektiven auf dieselben Klimaphänomene gebündelt werden. “Die Partner im virtuellen Alpenobservatorium werden auch Zugriff auf Satellitendaten, Computermodelle und meteorologische Informationen haben – zum Teil sogar nahezu in Echtzeit”, erläutert Bittner.
Wissenschaft auf 2650 Metern Höhe
Noch bis 1992 war das Schneefernerhaus als Hotel in Betrieb, 1999 schließlich wurde die Umweltforschungsstation im ehemaligen Hotelgebäude eröffnet. Heute bietet die Einrichtung 480 Quadratmeter Außenterrassen für Messinstrumente und 750 Quadratmeter Labor- und Bürofläche. Schwertransporte müssen auch schon mal per Hubschrauber auf 2650 Meter Höhe gebracht werden. Wer im Schneefernerhaus forscht, fährt mit der Zahnradbahn oder der Gondel zur Arbeit. Zurzeit arbeiten das DLR, das Karlsruher Institute of Technology (KIT), das Helmholtz Zentrum München (HMGU), der Deutsche Wetterdienst (DWD), das Umweltbundesamt (UBA), die Max-Planck-Gesellschaft (MPG), die TU München, die LMU München,die Universität Augsburg sowie das bayerische Landesamt für Umwelt unter der Federführung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit im Schneefernerhaus unterhalb der Zugspitze.
“Die Forschungsstation am Schneefernergletscher sammelt Daten vom Boden bis zum Rand des Weltalls”, erläutert DLR-Atmosphärenforscher Bittner. Mit diesen Daten werden ganz unterschiedliche Fragestellungen erforscht: “Wie sieht der Lebenszyklus eines Gletschers aus? Wie ändert sich die Vegetation mit dem Klimawandel? Wie beeinflusst die kosmische Strahlung die Wolkenbildung? Wie wirkt sich der Klimawandel auf das menschliche Immunsystem aus?”, nennt der wissenschaftliche Koordinator nur einige der Forschungsthemen der beteiligten Partner. Das DLR ist mit mehreren Instituten an der Forschungsstation Schneefernerhaus vertreten: Das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum untersucht in den oberen Stockwerken der Atmosphäre die Klimaveränderungen und überprüft Klimaschutzmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit. Auch das Institut für Physik der Atmosphäre und das Institut für Methodik der Fernerkundung forschen in großer Höhe, messen Spurenstoffe und Niederschlagsteilchen in der Atmosphäre.
Der Aufbau der Infrastruktur für das “Virtuelle Alpenobservatorium” (VAO) soll in den nächsten Jahren schrittweise erfolgen. Parallel sollen gemeinsame Forschungsprojekte beginnen. Insgesamt, so schätzt Bittner, müssen für das virtuelle Alpenobservatorium fünf bis sechs Millionen Euro investiert werden. “Dann spielt es für die Wissenschaftler aber letztendlich keine Rolle mehr, wo sie gerade arbeiten. Durch die dann verstärkt mögliche Zusammenarbeit können Kräfte gebündelt werden, und wissenschaftlicher Fortschritt wird beschleunigt”, erläutert Wissenschaftskoordinator Bittner. Wer auf der Zugspitze im Labor sitzt, kann dann die Messdaten aus Italien oder Österreich nutzen. Zudem könnte das Virtuelle Alpenobservatorium auch als Blaupause für einen europaweiten Verbund in der Zukunft dienen. 20 April, 2012 | Von Birgit Hoffmann ->Quelle