Positionspapier des Bundesverbandes der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD) e. V.
Gegen die Kürzung der PV-Vergütung, für den Erhalt der Solarindustrie – der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen protestiert gegen die Art und Weise und den Umfang der nunmehr geplanten Kürzung der EEG-Vergütung für Photovoltaik.
Es ist kein Zeichen verlässlichen politischen Handels, sondern ein Akt der Verunsicherung ganzer Branchen, keine zwei Wochen nach Inkrafttreten der im letzten Sommer vom Deutschen Bundestag verabschiedeten EEG-Novelle kurzfristig eine erneute Änderung vorzunehmen. Die geplante Kürzung wird aller Voraussicht nach zu einem drastischen Einbruch des Ausbaus von PV-Kapazitäten führen und einen immensen Zusammenbruch der in Deutschland aufgebauten Solarbranche nach sich ziehen – und dies ausgerechnet in jenen Regionen Deutschlands, die froh waren, nach dem Zerfall einer umweltzerstörerischen Industrie nunmehr Arbeit in einer umweltfreundlichen Zukunftsbranche gefunden zu haben. Wir fordern daher, die geplante Kürzung der EEG-Vergütung für Photovoltaik zurückzunehmen oder zumindest auf ein für die Mitarbeiter der Branche verträgliches und für die Energiewende zielführendes Maß zu begrenzen.
Mit der Energiewende ernst machen
Die willkürliche Kürzung wirft auch kein gutes Licht auf die unseres Erachtens völlig unzureichende Umsetzung der Energiewende in Deutschland insgesamt. Nunmehr ein Jahr nach der Atomkatastrophe von Fukushima sind sehr viele Projekte und Vorhaben der Bundesregierung nicht oder nur unzureichend umgesetzt worden. Ebenso wie das Handeln in Sachen PV-Ausbau ist zu kritisieren, dass das Bundeswirtschaftsministerium offenbar an führender Stelle steht, wenn es darum geht, die Verabschiedung verbindlicher Ziele und wirksamer Maßnahmen und Instrumente im Rahmen der EU-Richtlinie zur Endenergieeffizienz zu verhindern.
Immer noch fehlen auf Bundesebene wirksame Maßnahmen zur Energieeffizienz, wie z. B. bundesweite Stromsparchecks – insbesondere für Haushalte mit geringem Einkommen – oder die Einführung einer deutschen „Top-Runner“-Regelung für energiesparende Geräte. Auch die Einrichtung eines haushaltsunabhängigen nationalen Energieeffizienzfonds, für den sich die Energie- und Klimaschutzagenturen schon seit vielen Jahren einsetzen und durch den kleine Verbraucher die notwendige Hilfe bei der Umstellung auf längst verfügbare und wirtschaftliche, aber viel zu wenig genutzte Effizienztechnik in der Stromanwendung erhalten würden, steht nach wie vor aus. Würde es breitenwirksame Instrumente und Angebote zur Stromeffizienz geben, bräuchte man sich auch nicht darüber beklagen, dass die EEG-Umlage für einen Haushalt von derzeit ca. drei Euro pro Person auf 3,30 Euro im Monat steigen könnte.
Vielmehr könnten die Stromrechnungen von Haushalten und Gewerbe mittelfristig um 20 Prozent und mehr gesenkt werden. Dann könnte man sich auch die allseits verkündeten, wenn auch unseriösen Befürchtungen über mögliche Blackouts sparen. Die Energie- und Klimaschutzagenturen stehen mit ihrem breiten Know-how bereit, durch Beratung und Maßnahmen ein umfassendes Stromsparprogramm bundesweit umzusetzen.
Energieeffizienz in den politischen Fokus rücken
Die Energie- und Klimaschutzagenturen bedauern sehr, dass das Thema der Energieeffizienz bei der Energiewende und im Energiekonzept der Bundesregierung generell nicht konsequent angegangen wird:
- Es fehlt an weitergehenden Anforderungen, wirksamen Methoden und zusätzlichen Anreizen zur energetischen Modernisierung des Gebäudebestandes. Dies betrifft die fehlende Novelle der Energieeinsparverordnung ebenso wie die häufig veränderten Förderprogramme, die unter den Bürgern vor allem Unsicherheit und Attentismus befördern. Bei der bisherigen Debatte um Steuerentlastungen für Hauseigentümer, die in die energetische Modernisierung investieren wollen, wird zudem völlig vergessen, dass die Steuermehreinnahmen bei Bund und Ländern in Verbindung mit den Arbeitsmarkteffekten durch eine gesteigerte Sanierungsrate die Einnahmeausfälle bei weitem kompensieren. Dementsprechend sollten auch die KfW-Mittel für energieeffizientes Bauen und Sanieren, wie von zahlreichen anderen Verbänden gefordert, auf fünf Milliarden Euro pro Jahr erhöht werden.
- Es fehlt an dem im Energiekonzept der Bundesregierung angekündigten Stufenplan der energetischen Modernisierung – einem wesentlichen Instrument, mit dem Energieeffizienz und der Ausbau der erneuerbaren Energien in Gebäuden verknüpft werden können.
- Es fehlt an einer Qualifikationskampagne für die Bauschaffenden, um Architekten, Handwerker und Energieberater mit den Anforderungen des integralen Bauens und Sanierens vertraut zu machen.
- Es fehlt an einer wirksamen Novelle des KWK-Gesetzes: Die von der Bundesregierung selbst vorgelegte Novelle hält fest, dass das ursprüngliche Ausbauziel von 20-25 Prozent KWK-Anteil mit nunmehr nur 15 Prozent weit verfehlt werden wird – und selbst diese Zielmarke ist fraglich. Dabei ist KWK die effizienteste Nutzungsart fossiler Brennstoffe und stellt gerade in Verbindung mit Wärmespeichern eine ideale Ergänzung zu den volatilen erneuerbaren Energien dar.
- Es fehlt an einer konsequenten Novelle des Mietrechts, um durch Auflösung des Vermieter-Mieter-Dilemmas den Weg für die energetische Modernisierung unter Wahrung der Interessen von Vermietern einerseits und der Schaffung einer Warmmietneutralität für Mieter andererseits frei zu machen.
- Es fehlt an praktikablen und rechtlich abgesicherten Möglichkeiten für Contracting für Wärmelieferung und Energieeinsparung – ein wichtiges Arbeitsfeld von Energie- und Klimaschutzagenturen.
- Es fehlt auch angesichts des Erfolgs der Photovoltaik an einem deutlich stärkeren Ausbau der Solarthermie, die auch gegenüber anderen erneuerbaren Energien völlig unzureichend unterstützt wird.
- Es fehlt an Konzepten, Gesetzen und Instrumenten zur Erstellung von Wärmeplänen in Kommunen und zur Abwärmenutzung in Betrieben.
Wir befürchten daher:
- dass die nunmehr geplante Kürzung der EEG-Vergütung für Photovoltaik dieser wichtigen Branche eine verlässliche Planungsgrundlage entzieht und zugleich nur ein Schritt von vielen zum Ausbrem-sen der Energiewende ist,
- dass die vorliegenden Entwürfe für Gesetzesnovellen (Mietrecht, KWK-Gesetz) bei weitem nicht aus-reichen, um die Ziele der Energiewende zu erreichen,
- dass weitere dringend notwendige Änderungen von Gesetzen und Fördermechanismen in absehba-rer Zeit nicht umgesetzt werden.
Dann aber stehen noch weitaus mehr Arbeitsplätze auf dem Spiel als jetzt nur in der PV-Branche – im Handwerk, bei Herstellern von Energieeinspartechnik, bei Kommunen, bei Stadtwerken, bei Energie- und Klimaschutzagenturen. Dann aber werden auch die Ziele der Energiewende hinsichtlich der Senkung von Energieimporten und CO2-Emissionen deutlich verfehlt werden. Dann aber ist zu befürchten, dass sich – wie bereits jetzt schon – die Stimmen mehren, die den Atomausstieg rückgängig machen wollen.
Energieeffizienz und erneuerbare Energien – Treiber einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik
Die im Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD) organisierten 32 Agenturen stehen mit ihren umfassenden Erfahrungen und Angeboten bereit, die Energiewende in Deutschland auf kommunaler, regionaler, Landes- und Bundesebene kompetent zu begleiten. Wir sind mit unseren Kooperationspartnern und Kunden – ob Kommunen, Kreise, Unternehmen oder Haushalte – ein starker Motor der Energiewende und der Umsetzung des Energiekonzepts der Bundesregierung.
Allerdings befürchten wir, dass man schon mit den ersten Schritten zur Umsetzung dieses Konzepts stehenbleibt, zögert oder sogar zurückschreitet. Wir unterstützen den Brief, den 30 Wissenschaftler an die Bundesregierung gerichtet haben, um „die Bremsen zu lösen und in allen Handlungsfeldern eine Energieeinsparpolitik zu gestalten, die den selbst gesetzten ambitionierten Regierungszielen gerecht wird“. Wir müssen nicht erneut vorrechnen – wie es in zahlreichen bereits veröffentlichten Studien erfolgte –, welche Vorteile eine Politik der Energiewende, des Atomausstiegs, der Energieeffizienz und des Ausbaus der erneuerbaren Energien für Klimaschutz und Arbeitsplätze mit sich bringt.
Wir hoffen, dass sich die Erkenntnis verbreitet, dass ein Jahr nach der Katastrophe von Fukushima und zu einem Zeitpunkt, an dem Brennstoffpreise wieder ein historisches Hoch erreicht haben, eine Wirtschaftspolitik geboten ist, die klare Wegmarken für gesetzliche Rahmenbedingungen, zielgerichtete Instrumente und effektive Förderprogramme zum Ausbau von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien setzt. 21.04.2012
->Quelle – das Positionspapier