Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG)
Bewährungsprobe für den Netzausbau?
Mit den Neuregelungen im EnWG und NABEG hat der Gesetzgeber ein Regelungswerk geschaffen, das den Ausbau der Stromleitungen beschleunigen soll. Ob diese Neuregelungen aber die hohen Erwartungen erfüllen können, den Netzausbau unter gleichzeitiger Ausweitung der Bürgerbeteiligung – als Lehre aus den Konflikten um den Ausbau des Stuttgarter Bahnhofs – zu forcieren, ist jedoch nicht unumstritten.
Zuzustimmen ist einer Beschleunigung durch die Neuregelungen insoweit, als mit der Einführung einer für die nachfolgenden Zulassungsentscheidungen verbindlichen Bedarfsplanung eine Beschleunigungswirkung nicht auszuschließen ist. Auch der Wegfall landesrechtlicher Raumordnungsverfahren oder die Bündelung der Planungs- und Genehmigungsverfahren im Sinne eines „one-stop-shop“ bei der Bundesnetzagentur spricht für eine solche Verfahrensbeschleunigung.
Rechtsschutz Drittbetroffener
Bedenken gegenüber einem tatsächlichen Beschleunigungseffekt ergeben sich allerdings bereits aufgrund des neu eingeführten Ansatzes, den Rechtsschutz Drittbetroffener ausschließlich auf die letzte Stufe der Planung zu verlagern. Dem stehen wiederum im gesamten Planungsverfahren nicht weniger als sieben verschiedene Öffentlichkeitsbeteiligungen gegenüber, ohne dass die Nichterhebung von Einwendungen allerdings auf einer Stufe die Präklusion auf einer späteren Stufe nach sich zöge. Dies birgt die Gefahr, die sich gegen Planfeststellungsverfahren gerichteten Klageverfahren zu überladen und damit letztlich auch die gewünschte Beschleunigung im Ergebnis wieder aufzuheben. Diesem Effekt könnte der Gesetzgeber durch die in der Vergangenheit bereits mehrfach geforderte Nachbesserung durch die Implementierung sogenannter Präklusionsvorschriften entgegenwirken. Diese können abtrennbare Entscheidungen erzeugen und helfen dabei, die notwendige Rechtssicherheit herzustellen.
Klagemöglichkeiten der Umweltvereinigungen
Von besonderer Bedeutung für den Beschleunigungseffekt des NABEG wird es künftig auch sein, im welchem Umfang Umweltvereinigungen von ihren durch die EuGH-Entscheidung zum Trianel-Steinkohlekraftwerk in Lünen (EuGH, Urt. v. 12.5.2011 – C – 115/09) neu eingeräumten Verbandsklage-Möglichkeiten Gebrauch machen können. Ob der Ausbau der Stromnetze hierdurch erschwert wird, hängt einerseits von der Reichweite der Umsetzung dieser Entscheidung durch den deutschen Gesetzgeber ab. Andererseits ist dies davon abhängig, inwieweit Umweltvereinigungen im Rahmen ihrer Entscheidung über die Erhebung von Rechtsbehelfen gegen Leitungsausbauvorhaben künftig berücksichtigen, dass der Leitungsausbau der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien dient.
Beschleunigungspotenzial des Verfahrensrechts
Ganz generell lässt sich zudem fragen, inwieweit Reformen des Verfahrensrechts tatsächlich enorme Potenziale zur Beschleunigung des Netzausbaus beinhalten. Als verfahrensverzögernde Ursachen sind wohl vielmehr die materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen, wie beispielsweise die Pflicht zur Durchführung von FFH-Alternativen oder andere Umweltprüfungen, zu benennen. Die Anforderungen des materiellen Rechts blieben vom NABEG bisher allerdings weitgehend unberücksichtigt. Dolores Volkert
->Quelle TPEC-Newsletter 1