Biokraftstoffe und Biogas aus der Landwirtschaft sorgen für nachhaltige Energieversorgung aus heimischen Quellen
Wertschöpfung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz durch heimische Bioenergie: Diese Vorteile veranschaulichte die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) bei einer Pressefahrt nach Sachsen-Anhalt als einem regionalen Schwerpunkt der Nutzung Erneuerbarer Energien in Deutschland. Mit rund 6 800 Beschäftigten im Bioenergiebereich, davon 4 000 bei Biokraftstoffen, trägt die Branche dort maßgeblich zur regionalen Wertschöpfung bei. Im selbst ernannten „Land der Frühaufsteher“ befinden sich rund ein Fünftel der deutschen Biodiesel- sowie mehr als 50 Prozent der Bioethanolkapazitäten.
Heimische Rohstoffe aus nachhaltiger Produktion sorgen in Sachsen-Anhalt für Versorgungssicherheit und Wertschöpfung. „Mit unserer Biodieselproduktion stellen wir am Standort Magdeburg seit der Inbetriebnahme vor knapp zehn Jahren unter Beweis, dass Biokraftstoffe nachhaltig und mit großem Gewinn für den Klimaschutz produziert werden können“, sagte Reinhard Kluge, Geschäftsführer des Bio-Ölwerks Magdeburg, am vergangenen Mittwoch anlässlich der AEE-Pressefahrt. „Mit der erfolgreichen Erweiterung unserer Ölmühle auf eine Verarbeitungskapazität von 700 000 t Rapssaat haben wir seit diesem Frühjahr die Wertschöpfungskette geschlossen und zeigen mit der Produktion von Biodiesel, Speiseöl und Rapsschrotpellets für die Futtermittelindustrie, dass sich die Produktion für Teller und Tank ergänzen kann“, so Kluge.
Mehrere Bioenergie-Standbeine
Tanken kann man den umweltfreundlichen Kraftstoff aus Raps auch im benachbarten Niederndodeleben bei der Agro Bördegrün GmbH und Co KG. Der Landwirtschaftsbetrieb ist Mitinitiator und Teilhaber des Bio-Ölwerks. Damit ist die Landwirtschaft nicht nur Zulieferer des nachwachsenden Rohstoffs Raps, sondern auch an der weiteren Wertschöpfung beteiligt. Mit eigenen Zapfsäulen zeigt Agro Bördegrün, dass Biokraftstoffe nicht nur fossilem Sprit und Diesel beigemischt werden, sondern – trotz schwieriger Marktbedingungen – auch in Reinform getankt werden können. Agro Bördegrün verkauft den Biodiesel B100 für Selbstzünder ebenso wie den Bioethanol¬kraftstoff E85 für Ottomotoren. „Unsere Traktoren und Mähdrescher ernten die Energie vom Acker und nutzen sie zugleich als Kraftstoff im Tank“, erläutert Ronald Westphal, Geschäftsführender Gesellschafter der Agro Bördegrün, diese umweltfreundliche Kreislaufwirtschaft.
Agro Bördegrün hat sich zudem ein weiteres Bioenergie-Standbein aufgebaut: „Mit unserer Bioraffinerie, in der aus Mais und Rübenschnitzeln Biomethan entsteht, speisen wir aufbereitetes Biogas ins Netz ein. Damit ersetzen wir fossile Rohstoffe und ermöglichen, dass die erzeugte Bioenergie dort optimal genutzt werden kann, wo sie gebraucht wird“, erklärt Westphal.
Nutzen für die Umwelt
Die Bioenergie tut in Sachsen-Anhalt nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der Umwelt gut. Wie aus Erhebungen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) hervorgeht, übertreffen hierzulande erfasste Biokraftstoffe die EU-weit vorgeschriebenen Treibhausgaseinsparungen bei weitem. So ergab sich laut den von der BLE erfassten Mengen an Biodiesel eine Treibhausgaseinsparung von durchschnittlich rund 44 Prozent gegenüber fossilem Diesel. Insgesamt vermieden Biokraftstoffe in Deutschland im Jahr 2011 Treibhausgasemissionen von rund 5 Mio. Tonnen.
Peter Behm, Projektmanager Nachhaltige Biomasse bei der GUTCertifizierungsgesellschaft aus Berlin, ging vor diesem Hintergrund auf den Mehrwert ein, den die seit Anfang 2011 in Deutschland geltenden Nachhaltigkeitsvorschriften für Bioenergie am Kraftstoffmarkt gebracht haben. „Mit der Nachhaltigkeitszertifizierung sind die Vermarkter verpflichtet, entlang der Herstellungs- und Wertschöpfungskette eine Treibhausgaseinsparung von mindestens 35 Prozent gegenüber fossilem Kraftstoff zu erreichen. Ab 2017 steigt dieser Wert auf 50 Prozent“, erläuterte Behm bei der Pressefahrt. Philipp Vohrer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE): „Die Biodieselbranche in Deutschland zeigt, dass sie stark zur Einsparung von Treibhausgasen beiträgt. Die Branche ist auf bestem Wege, auch die für 2017 gesetzten Ziele zu erreichen.“
Akzeptanz als Schlüsselfaktor
Trotz der im Rahmen der Nachhaltigkeitszertifizierung nachweislich hohen Klimaschutzeffekte von Biogas, Biodiesel und Bioethanol stößt die umweltfreundliche Energie vom Acker und aus den Ställen in der Bevölkerung zuweilen auf Vorbehalte. Wie Jan Hildebrand von der Forschungsgruppe Umweltpsychologie (FG-UPSY) an der Universität des Saarlandes erläuterte, gehören dazu Ängste über mögliche Lärm- oder Geruchsbelastungen ebenso wie die „Tank-Teller-Diskussion“ über Effekte der Bioenergieerzeugung auf die Lebensmittelmärkte. „Eine hohe Akzeptanz der Bioenergie kann erreicht werden, wenn die Betreiber ihre Standorte gut wählen, die Bevölkerung rechtzeitig über das Projekt informieren und mögliche Bedenken der Anwohner ernst nehmen“, erklärte Hildebrand. Erfolgreiche Projekte von landwirtschaftlichen Betrieben und Verarbeitungsfirmen zum Ausbau der Bioenergie in Sachsen-Anhalt hätten gezeigt, wie eine akzeptierte Anlagenplanung unter Berücksichtigung der Bevölkerungsmeinung gelingen kann.
„Akzeptanz ist ein Schlüsselfaktor für die Energiewende“, stellt AEE-Geschäftsführer Vohrer fest. Erhebungen im Auftrag der AEE hätten deutlich gemacht, dass die Akzeptanz für Erneuerbare-Energien-Anlagen wächst, wenn die Menschen solche Anlagen aus ihrer Nachbarschaft kennen. „Anders gesagt: Zunehmende Erfahrung stützt den Zubau Erneuerbarer-Energien-Anlagen“, so Vohrer. Henning Kipp, Projektmanager der Bioenergie-Region Altmark, unterstützt diese Erkenntnis: „Indem wir Bioenergieprojekte in der Region bekannt machen und fördern, wächst das Interesse und die Zustimmung zur umweltfreundlichen Energieproduktion aus Biomasse.“
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