Klima- und Energiepolitik sind in der Europäischen Union nicht mehr zu trennen. In beiden Politikfeldern ist in den letzten Jahren eine enorme Dynamik zu verzeichnen gewesen. Der Kampf gegen den Klimawandel gelangte zunächst über die internationalen Verhandlungen im Rahmen der UN-Klimarahmenkonvention in die europäische Politik, erhielt aber mit dem Beginn einer europäischen Klimapolitik (2000) und v.a. der Emissionshandelsrichtlinie in 2003 (Richtlinie 2003/87/EG) zunehmende Bedeutung und spielt mittlerweile in zahlreichen anderen Politikbereichen eine wichtige Rolle. Fragen der Energiepolitik standen zwar schon seit Beginn der europäischen Integration auf der Agenda (Vergemeinschaftung der Kohle, Euratom), aber erst seit wenigen Jahren kann man von einer gemeinsamen Energiepolitik sprechen. Grund dafür ist die Liberalisierung der Energiemärkte, die zunehmende Sorge um die Energiesicherheit (z.B. Abhängigkeit vom russischen Gas) und eben auch die Verbindung zum Thema Klimawandel. Seit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages gibt es auch im europäischen Primärrecht einen eigenen Artikel für Energie (Art. 194).
Mit dem Klima- und Energiepaket im Jahr 2007 (Energiepolitik für Europa EUR-Lex – 52007DC0001) hat die EU die Zusammengehörigkeit von Klima- und Energiepolitik besonders deutlich gemacht. Darin schreibt die EU ihre wesentlichen energie- und klimapolitischen Grundlagen fest. Demnach gilt das Zieldreieck „Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit“, oder anders gesagt: Diversifizierung der Energiequellen, kostengünstige Energiebereitstellung für den Verbraucher und klimafreundliche Produktion. Die EU hat zudem das „20-20-20 bis 2020“-Ziel beschlossen. Damit sind gemeint: 20 Prozent weniger Treibhausgasemissionen (Basisjahr 1990), 20 Prozent Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen sowie eine 20-prozentige Steigerung der Energieeffizienz bis zum Jahr 2020. Im Detail sind diese Ziele allerdings sehr viel diffuser und umstrittener als die prägnante Formel glauben machen will: Die Emissionsreduktion soll auf 30 Prozent gesteigert werden, wenn andere Industriestaaten „vergleichbare“ Ziele verabschieden, das Erneuerbare-Energien-Ziel dürfte nach Einschätzung zahlreicher Studien locker übertroffen werden, und das Effizienzziel ist an einem „business as usual“-Szenario gerechnet und entspricht eigentlich einer Rückführung auf den Verbrauch des Jahres 1990.
Mittlerweile gibt es in der EU eine große Zahl unterschiedlicher Regelungsbereiche. Eine Zusammenfassung der sehr umfangreichen Gesetzgebung der EU zu Energie- und Klimapolitik findet sich hier (Energie) und hier (Klima). Die wichtigsten sind:
- der Emissionshandel, der als wesentlicher Grundpfeiler der europäischen Klimapolitik Energieproduzenten sowie verarbeitende Industrie und die Fluggesellschaften umfasst,
- die Förderung der erneuerbaren Energien,
- verschiedene Regelungen zur Energieeffizienz, etwa für Gebäude, Produkte, Kraftwärme-Kopplung oder CO2-Abscheidung und –Speicherung; aber auch im Verkehrsbereich (etwa CO2-Emissionen von Pkw),
- die technische Weiterentwicklung von Energietechnologien (strategischer Energietechnologieplan, SET-Plan),
- eine Richtlinie zur Besteuerung von Energie,
- die Liberalisierung der Energiemärkte,
- die Atomkraft (Förderung der Kernfusion, Sicherheitsfragen) im Rahmen von Euratom.
Seit Anfang 2010 hat die EU-Kommission mit der Dänin Conny Hedegaard eine Klima-Kommissarin. Ihre Aufgabe ist es, die verschiedenen Zuständigkeiten zu koordinieren und der EU zu einer stringenten Klimapolitik zu verhelfen. Dass das keine leichte Aufgabe sein wird, erkennt man leicht an den zahlreichen unterschiedlichen Ressorts, die allesamt klimarelevante Themen bearbeiten: Neben Energie auch Umwelt, Verkehr, Landwirtschaft und Regionalpolitik.
->Quelle: EU-Koordination des Deutschen Naturschutzrings (DNR) e.V. – Bearbeitungsstand 09/11