Energiemix am Golf

Golfstaaten streben beim Ausbau der Stromerzeugung breiten Energiemix an

Aus Ghorfa-Newsletter Nr. 8

Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 2008 bis 2009 hat in den Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) auch positive Auswirkungen gehabt. Die Situation im Elektrizitätssektor entspannte sich infolge der sinkenden oder geringer als bisher wachsenden Stromnachfrage deutlich.

Vor allem Länder wie Bahrain, Kuwait und Oman, die Mitte des vergangenen Jahrzehnts unter erheblichen Engpässen in der Stromversorgung litten, bekamen eine Atempause. Zudem versetzte sie das neue GCC-Stromnetz in die Lage, Elektrizität aus den Nachbarländern zu importieren.

Inzwischen sind die dunklen Wolken über den Volkswirtschaften am Golf jedoch längst verflogen, und die Stromnachfrage befindet sich wieder auf einem robusten Wachstumskurs.

Laut MEED legt die Spitzennachfrage (Peak Demand) im Schnitt der sechs GCC-Staaten wieder um jährlich etwa zehn Prozent zu. Vor allem die beiden bevölkerungsreichsten Länder, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), müssen daher weiter massiv in die Stromerzeugung investieren, um den künftigen Bedarf zu befriedigen.

In Saudi-Arabien soll die installierte Leistung zur Erzeugung von Elektrizität, die 2010 bei etwa 50.000 Megawatt (MW) lag, bis zum Jahr 2020 auf rund 77.400 MW zunehmen.

Für die VAE sagt der jüngste Energie-Report der Economist Intelligence Unit (EIU) voraus, dass die installierte Kapazität bis 2020 auf nahezu 41.000 MW wachsen wird, was im Vergleich zum Jahr 2010 (gut 20.000 MW) einer Verdoppelung gleichkäme.

Auch Kuwait muss eine zusätzliche Leistung von 12.000 MW schaffen. Allein in Katar stellt sich die Lage derzeit entspannt dar. Das Emirat hat in der jüngeren Vergangenheit massiv investiert und die installierte Leistung deutlich über den eigenen Bedarf hinaus ausgeweitet. Im Frühjahr 2011 belief sich die Kapazität auf rund 9.000 MW und lag damit um fast 50 Prozent über dem Maximalbedarf des Jahres 2010. Trotzdem sollen weitere Milliardensummen in die Stromerzeugung investiert werden. Denn die Nachfrage der privaten Verbraucher wächst weiter und ambitionierte energieintensive Industrieprojekte erhöhen den Bedarf zusätzlich.

Die Regierungen haben aus den Erfahrungen mit dem Nachfrageboom im Vorfeld der globalen Krise Konsequenzen gezogen und planen den weiteren Ausbau ihrer Kapazitäten sorgfältig. Dabei wird vor allem ein Trend erkennbar: Zwar werden die fossilen Energieträger Gas und Öl weiter wesentlich zur Stromerzeugung beitragen, sie werden jedoch insbesondere in den VAE und in Saudi-Arabien künftig durch andere Energieträger ergänzt.

In den VAE basiert die Stromerzeugung bislang fast ausschließlich auf Gaskraftwerken, was wenig verwundert.

Schließlich belegen die Emirate beim Erdgas mit Reserven in Höhe von sechs Billionen Kubikmeter den siebten Platz im Ranking der Gasförderländer. Andererseits ist das Land in wachsendem Maße auf Gasimporte zur Stromerzeugung angewiesen. Der Hintergrund: Der hohe Schwefelgehalt des Gases stellt laut GTAI besondere technologische Anforderungen an die Förderung und Investitionen in den Gassektor waren in der jüngeren Vergangenheit rar. Zudem sind die Gasvorhaben endlich und lassen sich bei systematischer Erschließung womöglich gewinnbringender exportieren.

Die VAE verfolgen daher die Strategie, den Energiemix zu diversifizieren. So hat sich Abu Dhabi das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 einen Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung von sieben Prozent zu erreichen. Das Nachbar-Emirat Dubai setzt ebenfalls auf die „Renewables“ und strebt bis zum Jahr 2030 einen Anteil der Solarenergie an der Stromproduktion von fünf Prozent an.

Einen größeren Beitrag zu Stromerzeugung soll künftig die Kernenergie in den VAE leisten. Ein südkoreanisches Konsortium wurde damit beauftragt, vier Atommeiler mit einer Leistung von jeweils 1.400 MW zu bauen. Letzter Stand: Die Federal Authority for Nuclear Regulation (FANR) erteilte Mitte Juli die Baugenehmigung für die ersten beiden Kernkraftwerke. Den ursprünglichen Planungen zufolge soll die erste Anlage bereits im Jahr 2017 ans Netz gehen.

Darüber hinaus spielen auch moderne Kohlekraftwerke eine Rolle in den VAE-Energieplänen. Wie Ende Juni bekannt wurde, will die Dubai Electricity and Water Authority (DEWA) am Standort Hassyan die erste Anlage errichten.

Ursprünglich war dort auf der Basis von Gas das erste Independent Power Project (IPP) des Emirates mit einer Leistung von 1.500 MW geplant. Nach Informationen von MEED soll das Kohleprojekt in mehreren Abschnitten verwirklicht werden. Mögliche Leistung: bis zu 3.000 MW.

Saudi-Arabien verfolgt eine ähnliche Strategie wie die VAE (siehe auch Newsletter Nr. 6/2012), wobei die erneuerbaren Energien ein deutlich höheres Gewicht als in den Emiraten haben sollen und Kohlekraftwerke nicht geplant sind.

Bei den erneuerbaren Energien will das Königreich bis 2030 eine installierte Kapazität von 54 Gigawatt (GW) erreichen.

Der Löwenanteil davon (rund 76 Prozent) soll auf die Solarenergie entfallen. Auch bei der Kernkraft verfolgt die saudische Regierung ambitionierte Pläne. Bis zum Jahr 2032 soll in diesem Bereich eine installierte Kapazität von 21 GW geschaffen werden. Derzeit basiert die Stromerzeugung in dem Königreich fast zu 100 Prozent auf Gas und Öl.
->Quelle: Ghorfa-Newsletter