Trend dreht sich hin zu US-Energiehandelsströmen
In den Vereinigten Staaten vollziehen sich in der Energiewirtschaft tiefgreifende Entwicklungen, deren Effekt weit über Nordamerika – und den Energiesektor – hinaus zu spüren sein wird. Der jüngste Aufschwung der amerikanischen Öl- und Gasförderung, der durch Upstream-Technologien begünstigt wird, durch die Light-Tight-Oil- und Schiefergas-Vorkommen erschlossen werden können, gibt der Konjunktur Auftrieb – niedrigere Öl- und Gaspreise verschaffen der Wirtschaft einen Wettbewerbsvorteil. Ab ungefähr 2020 werden die Vereinigten Staaten voraussichtlich zum weltweit größten Ölproduzenten (und überholen damit Saudi-Arabien bis Mitte der 2020er Jahre), während zugleich neue Maßnahmen zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs pro Fahrzeug im Verkehrssektor Wirkung zu zeigen beginnen. Dies hat zur Folge, dass die US-Ölimporte drastisch sinken, wodurch Nordamerika um das Jahr 2030 zu einem Netto-Ölexporteur wird. Dadurch beschleunigt sich der Prozess der Umorientierung des internationalen Ölhandels in Richtung Asien, so dass die Frage der Sicherheit der strategischen Handelswege vom Nahen Osten nach Asien in den Vordergrund rückt.
Nach Auffassung von Experten hat der Öl- und Gasboom in den USA weitreichende Konsequenzen für die Geopolitik. Hatten die USA als Importeur von Öl und Gas bislang stets großes Interesse an der Stabilität im Nahen und Mittleren Osten, könnte dieses Motiv nun in den Hintergrund treten. „Das ist eine Veränderung, die sich auch auf die Außen- und Sicherheitspolitik auswirkt“, sagte Birol. „Dass die USA nach Dekaden der Abhängigkeit kein Öl mehr von dort beziehen, wird ihren Blick auf die Region verändern.“ Die Entwicklung erschüttere somit „die Grundfesten des globalen Energiesystems“.