Wenn das Realität wird, dann ist Schluss mit Energiewende (Kommentar von Werner Eckert in SWR 2 – Aktuell – Politik 28.01.2013)
Altmaier will die Lufthoheit beim leidigen Thema Energiewende – im September ist schließlich Bundestagswahl. Treiben statt getrieben werden, ist sein Ziel; dafür ist er bereit, einen hohen Preis zu zahlen, denn seine Vorschläge – kommt er denn damit durch – würden die Energiewende drastisch abwürgen. Aber: Das muss ja gar nicht sein Kalkül sein.
Zunächst hat er die FDP und seinen Erzrivalen Rösler mal knapp und knackig mit einem Tritt unter die Gürtellinie ausgeknockt. Gestern waren es noch die Liberalen, die gegen die Kosten der Energiewende polemisierten und einen Deckel forderten, gegen den Widerstand Altmaiers. Jetzt hat er sie überholt, ohne Blinker zu setzen, ohne Hupe, Turbo rein – und schon kann Rösler nur noch von hinten mit der Lichthupe reagieren. Das ist der neue Stil im Umgang mit dem kleinen Koalitionspartner und sicherlich kein Zufall.
Dann bringt Altmaier die Opposition in eine ungemütliche Lage. Wenn SPD und Grüne seinen Vorschlag abschmettern, dann kann er sie als Preistreiber und Klientel-Politiker vorführen; als jene, die für die reichen Eigenheimbesitzer Pfründe sichern wollen und dafür die weniger Betuchten ohne Solardach belasten – das ist tricky, denn ganz nebenbei hat er der Opposition das bislang beste Argument schon aus der Hand geschlagen: Ja, auch die Industrie soll nun zur Kasse gebeten werden. Ausnahmen von der Ökosteuer-Umlage werden überprüft – natürlich nur ein bisschen, gerade mal ein Zehntel sollen sie gekürzt werden, aber wer beschäftigt sich schon mit solchen Details.
Den Roten und den Grünen wird der Wind ziemlich heftig ins Gesicht blasen, aber sie werden den Bundesumweltminister mit diesem Vorschlag nicht durchmarschieren lassen wollen. Denn wenn das Realität wird, dann ist Schluss mit Energiewende. Zwei Jahre lang keine und danach nur winzige Erhöhung der EEG-Umlage, da bremst der Ausbau mit Solar- und Windkraft mit quietschenden Reifen.
Das meiste Geld wird ja schon auf Jahre für die bestehenden Anlagen gebraucht. Das ist fest zugesagt. Altmaier weiß das auch: An diesen Zusagen rührt er auch nicht. Aber das bedeutet auch, es gibt nur wenig Spielraum für weitere Windräder und Solarpanels – auf Jahre. Und damit schafft Altmaier Fakten, auch wenn er zu Recht sagt, eine echte Reform des EEG, die muss noch kommen nach der Wahl. Diese Reform wird dann aber nur noch in einem engen Korsett stattfinden können, einem Korsett, das er mit diesem Vorschlag schnürt.
Altmaier ist ein Taktiker. Er hat die Wahl im Blick und die Frage, kann ich damit für die CDU einen Stich machen? Mit Blick auf dieses Ziel sieht es so aus, als sei sein Vorstoß klug erdacht – aber: Seit er Umweltminister ist, hat der Partei- und Fraktionsfuchs sich schon einige Male verkalkuliert.
Quelle: BPA