Denkwerk stellt nachhaltiges Wirtschaftmodell vor

Diese Ungleichgewichte bilden sich im BIP nicht ab. Auch daher wächst das Bewusstsein, dass das Bruttoinlandsprodukt allein nicht in der Lage ist, „Wohlstand“ zu definieren. Es gibt inzwischen viele internationale und nationale Vorarbeiten für neue und bessere „Wohlstandsindikatoren“. Auch die Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ des Deutschen Bundestages hat Vorschläge dazu erarbeitet.

Wir brauchen einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik. Wir brauchen ein öffentliches Bewusstsein dafür, dass die Wirtschaftspolitik ökonomischen, sozialen und ökologischen Zielen zugleich verpflichtet sein muss. Daher plädieren wir dafür, die Ziele der Wirtschaftspolitik im Sinne eines neuen Gleichgewichtes zu justieren:

1. Nach dem Vorbild des traditionellen „Magischen Vierecks“ der 1960er Jahre (Wachstum, Beschäftigung, Preisstabilität, Außenhandelsbilanz) wollen wir ein neues „Magisches Viereck“ definieren, das den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird.

  1. Nachhaltigkeit der Staatstätigkeit und der Staatsfinanzen: Notwendige staatliche Ausgaben müssen über ausreichende Einnahmen finanziert werden. Die öffentliche Schuldenlast muss abgebaut werden, ohne notwendige Zukunftsaufgaben zu vernachlässigen.
  2. Materieller Wohlstand und ökonomische Nachhaltigkeit: Eine leistungsfähige Volkswirtschaft, die Vollbeschäftigung anstrebt und eine möglichst ausgeglichene Leistungsbilanz aufweist.
  3. Soziale Nachhaltigkeit: Reduzierung der Armut, gute Arbeit, eine gerechtere Einkommensverteilung und bessere Bildungschancen.
  4. Ökologische Nachhaltigkeit: Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch, Reduzierung der Treibhausgasemissionen und Steigerung der Ressourcenproduktivität.

2. Eine zukünftige Bundesregierung sollte diese Ziele eines neuen „Magischen Vierecks“ verbindlich festschreiben. Denkbar wäre es, das überholte Stabilitäts- und Wachstumsgesetz aus dem Jahr 1967 durch ein „Wohlstands- und Nachhaltigkeitsgesetz“ zu ersetzen.

3. Unter Einbeziehung der umfangreichen Vorarbeiten zu neuen Indikatoren für eine neue „Wohlstandsmessung“ sollte die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag und der Öffentlichkeit jährlich über den Fortschritt bei der Zielerreichung berichten. Dazu sollte sie einen „Jahreswohlstandsbericht“ vorlegen, der die verschiedenen Einzelberichte (u.a. Jahreswirtschaftsbericht, Armuts- und Reichtumsbericht, Fortschrittsbericht der Nachhaltigkeitsstrategie für Deutschland) berücksichtigt.

4. Diese demokratisch definierten Wohlstands- und Nachhaltigkeitsziele bilden die Leitplanken für das Handeln von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Das Denkwerk Demokratie wird an diesem Konzept gemeinsam mit Expert/innen weiter arbeiten und dazu im Frühjahr ein Eckpunktepapier vorlegen.

Das Denkwerk Demokratie ist ein gemeinnütziger Verein, der sich für eine soziale, ökologische und demokratische Zukunftsgestaltung einsetzt.  Er versteht sich als „Think-Net“, bzw. als Denk-Netzwerk und bringt Analysen, Ideen und Akteure aus Politik, Gewerkschaften, NGO und Wissenschaft zusammen. Vorstand des Denkwerks Demokratie: Yasmin Fahimi, Michael Guggemos, Steffi Lemke, Andrea Nahles.
->Quelle: denkwerk-demokratie.de1; denkwerk-demokratie.de2; denkwerk-demokratie.de/livestream; denkwerk-demokratie.de3