Magnetischer Fingerabdruck von Grenzflächendefekten im Photostrom von Siliziumsolarzellen gefunden
Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Berlin haben mit einer hochempfindlichen Messmethode – der elektrisch detektierten magnetischen Resonanz (EDMR) – erstmals an Heterokontakt-Siliziumsolarzellen (Heterojunction-Zellen) wichtige Defektzustände direkt nachgewiesen, denen man schon lange auf der Spur war. Defekte an der Oberfläche von kristallinen Siliziumwafern sind nach Angaben der Forscher unter anderem dafür verantwortlich, dass auch im Labor bei kristallinen Solarzellen bisher noch nie ein Wirkungsgrad von mehr als 25 Prozent erreicht wurde, obwohl Siliziumwafer theoretisch bis zu 30 Prozent des Sonnenlichts umwandeln können. Unterstützt durch Computersimulationen, die an der Universität Paderborn erstellt wurden, konnten sie nun die Natur dieser Defekte mit atomarer Genauigkeit bestimmen. Die Defekte lagern sich genau an der Grenze zwischen dem Siliziumwafer und der nur wenige Millionstel Meter dünnen Schicht aus amorphem Silizium an.
Neue Solarzellen-Generation: Heterokontakt-Zellen
Solarzellen aus Silizium könnten theoretisch 30 Prozent des Sonnenlichts in Strom umwandeln, doch tatsächlich sorgen unter anderem Defekte an der Oberfläche der kristallinen Siliziumwafer dafür, dass der Wirkungsgrad im Labor bisher nur auf 25 % getrieben werden konnte. Eine neue Generation von Solarzellen ist gerade dabei den Markt zu erobern. Im Gegensatz zu herkömmlichen Solarzellen wird auf die Oberfläche der Wafer, bei weniger als 200°C, eine nur 10 Nanometer dünne ungeordnete (amorphe) Siliziumschicht aufgedampft. Das amorphe Silizium ist sowohl in der Lage die Defekte an der Oberfläche teilweise abzusättigen, als auch Strom direkt aus der Solarzelle abzuleiten. Diese Solarzelle erreicht sogar schon im industriellen Maßstab einen Wirkungsgrad von 24.7 % und könnte in Zukunft eine wichtige Rolle auf dem Markt spielen. Bisher waren Forscher jedoch auf Vermutungen angewiesen, welche Zustände die Ladungsträger bei ihrer Reise durch die Grenzfläche zwischen geordneter und ungeordneter Siliziumschicht aufhalten.
Zwei Defekt-„Familien“ klassifiziert
HZB-Physiker des Instituts für Silizium-Photovoltaik haben nun einen raffinierten Weg gefunden, um die Defekte an der Grenzfläche direkt aufzuspüren und ihre elektronische Struktur zu bestimmen. „Wenn sich Elektronen an den Defekten anlagern, können wir ihren Spin, also ihr kleines magnetisches Moment, wie eine Sonde nutzen um sie zu studieren“ erklärt Dr. Alexander Schnegg. Mit der hochempfindlichen Messmethode hinterlässt der Defekt einen winzigen magnetischen Fingerabdruck im Strom der Solarzelle, wenn diese in einem Magnetfeld mit Mikrowellen bestrahlt wird. Aus diesem magnetischen Fingerabdruck konnten Theoretiker der Universität Paderborn mit quantenchemischen Modellierungen detaillierte Informationen über die Position der Defekte innerhalb der Schichten und ihre Ladungsverlustmechanismen gewinnen. „Wir haben im Wesentlichen zwei unterschiedliche Familien von Defekten klassifiziert“, sagt Dr. Uwe Gerstmann von der Universität Paderborn, der mit den HZB Forschern im Rahmen des DFG-Schwerpunkts 1601 zusammenarbeitet: „Während eine Art von Defekten eher schwach lokalisiert in der amorphen Schicht sitzt, befindet sich eine zweite Familie direkt an der Grenzfläche, noch in der Kristall-Matrix“.
Damit ist es erstmals gelungen, Prozesse, die den Wirkungsgrad in einer Vielzahl von Silizium-Solarzellen mindern, direkt zu detektieren und mit atomarer Auflösung darzustellen. Die Solarzellen wurden am HZB hergestellt und dort auch vermessen. Die numerischen Methoden wurden an der Uni Paderborn entwickelt. „Diese Ergebnisse können wir nun im nächsten Schritt auch auf andere Typen von Silizium Solarzellen anwenden und so Wege finden, den Wirkungsgrad weiter nach oben und die Kosten nach unten zu treiben“, sagt Schnegg.
->Quelle: helmholtz-berlin.de