Ralf Fücks: Intelligent wachsen

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Am Wirtschaftswachstum scheiden sich die Geister. Von den einen herbeigesehnt, um das schuldenschwere Staatsschiff wieder flottzumachen, ist es in den Augen anderer eine Verirrung, von der wir uns so schnell wie möglich lösen müssen. 40 Jahre, nachdem die Studie des Club of Rome zu den Grenzen des Wachstums zum Manifest der Umweltbewegung wurde, ist die Wachstumskritik zurück. Die Überlastung der Ökosysteme, der unersättliche Energiehunger der modernen Zivilisation, die wachsende Schere zwischen Ressourcenverbrauch und begrenzten Rohstoff vorkommen geben dem Ruf nach einer Post­wachstumsgesellschaft neuen Auftrieb.

Dazu kommen zivilisationskritische Motive: der Überdruss am Konsum als Lebenszweck, das Hadern mit dem permanenten Leistungsdruck und der allseitigen Beschleunigung des Lebens, das Gefühl der Ohnmacht gegenüber den wild gewordenen Finanzmärkten und die wachsende Verunsi­cherung der Mittelschichten angesichts einer neuen ökonomischen Härte, die mehr Anstrengung fordert und weniger Sicherheit gibt.

Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Deutschen mit dem Begriff „Wohlstand“ nicht die Steigerung ihres materiellen Lebensstandards verbindet, sondern ein Leben ohne Sorgen vor Arbeitslosigkeit, Alter und Krankheit. Je unsicherer die Zukunft erscheint, desto wichtiger werden Werte wie Sicherheit und Geborgenheit. Immer weniger glauben noch daran, dass es den kommenden Generationen besser gehen wird. Wenn die Idee vom Fortschritt durch Wachstum verblasst, rücken Verteilungsfragen ins Zentrum.

Gibt nicht das Krisengewitter auf den Finanzmärkten allen recht, die ein baldiges Ende des Wachstums voraus­ sagen? In der Tat ist das schuldenfinanzierte Wachstum gegen die Wand gefahren. Das gilt für die ständige Ausweitung staatlicher Leistungen auf Pump wie für den kredit­finanzierten Immobilienboom, der in den USA und in Spanien die Konjunktur befeuert hat. Die Idee, wir könnten mit immer neuen Schulden ein Perpetuum mobile steigen der Einkommen und Beschäftigung in Gang halten, hat sich als Luftnummer erwiesen. In weiten Teilen Europas münden nachlassende ökonomische Dynamik und Kürzung staatlicher Leistungen in einen sinkenden Lebensstandard breiter Bevölkerungsschichten. Der demogra­fische Wandel verstärkt diesen Trend noch, weil steigende Gesundheits- und Pflegeausgaben von einer schrumpfen den Erwerbsbevölkerung getragen werden müssen.

Erledigt sich also die Wachstumsfrage von selbst, kommt das Hamsterrad des »immer mehr« aus Mangel an Ressourcen zum Stillstand, erlahmt die Dynamik des Kapitalismus aufgrund der Übersättigung der Märkte, geht das globale Monopoly zu Ende, weil immer mehr Menschen nicht mehr mitspielen? So wird es wohl nicht kommen. Ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil. Die Finanzkrisen der letzten Jahre sollten uns nicht den Blick darauf verstellen, dass wir uns in einer stürmischen Wachstumsperiode der Weltwirtschaft befinden. Sie wird vorangetrieben von vier elementaren Faktoren: