Fachgespräch „Transformation des Stromsystems durch Ausbau erneuerbarer Energien – welches ist der richtige Kompass?“
Der Berliner EnergieVerein hatte Prof. Dr. Uwe Leprich vom IZES und Robert Busch vom Verband neuer Energieanbieter eingeladen – aus der Einladung: „Durch den starken Ausbau der fluktuierenden erneuerbaren Energien Wind und Solar verändert sich das Stromsystem dramatisch – alle anderen Optionen müssen sich der Rationalität unterordnen, dass Wind und Solar Vorrang genießen. Es stellt sich die Frage, wie diese Entwicklung mit der Liberalisierung vereinbar ist und wie lange und in welchem Umfang die Förderung von Wind- und Solaranlagen weitergehen soll.“
Prof. Dr. Uwe Leprich ist wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Zukunftsenergiesysteme (IZES) in Saarbrücken und dort zugleich Hochschullehrer an der Hochschule für Technik und Wirtschaft. Seine Spezialgebiete umfassen seit vielen Jahren die Liberalisierung der Energiemärkte und deren Rahmenbedingungen; Instrumente nationaler und internationaler Energie- und Klimapolitik sowie nachhaltige Unternehmensstrategien:
Leprich: Faktor Semantik wird unterschätzt – Markt richtet es nicht
Vor drei Jahren habe es noch geheißten „Integration der Erneuerbaren ins System…“ inzwischen sei viel Arbeit investiert worden, eine fundamentale Veränderung hinzu bekommen: Nämlich, dass alle „nach der Pfeife der Erneuerbaren tanzen2 müssten. Jetzt sei ein zweites dickes Brett zu bohren: Der „Markt“ soll es regeln. Jetzt sei das EEG erwachsen, der Markt müsse übernehmen. Rösler habe es klar auf den Punkt gebracht: „EG ist Planwirtschaft und wir wollen ja Marktwirtschaft!“ – das sei semantische Verdummung.
Wer heute von dem Strommarkt rede, der es richten solle, habe „gar nichts verstanden“. Er, Leprich, sei immer wettbewerblich unterwegs gewesen. Wir hätten ein extrem komplexes Stromsystem. Wir hätten versucht, Wettbewerb einzuführen, in diversen Bereichen: Optimaler Einsatz von bestehenden Anlagen (Börse!), dann Regelenergiemärkte, dann Verlustenergie, dann beim Messwesen. Nicht fündig geworden seien die Wettbewerbsverfechter bei den Netzen, niemand fordere hier Wettbewerb, natürlich nicht bei den weiteren Energie-Dienstleistungen, daher gebe es den „Strommarkt“ nicht, daher sei kein neues „Marktdesign“ nötig, sondern ein „System“-Design.
Die Liberalisierung stoße an Grenzen, wie damit umgehen? „Versorgungssicherheit“ müsse als öffentliches Gut gelten, die sei vergessen worden. Man glaube, das System erledige das von alleine und nebenbei. Versorgungssicherheit und Regulierung müssten definiert werden. In der Transformation bräuchten wir Anreize für Innovationen. Unbundling habe die Liberalisierung überstrapaziert. Wenn Verteilnetzbetreiber mehr Verantwortung übernehmen müssten, bräuchten sie mehr Zugriffsmöglichkeiten auf dezentrale Anlagen.