Bahnen auf Prüfstand

Spezifische Methoden und Modelle für eine differenzierte Betrachtung

Um das komplexe Thema „Energieoptimaler Eisenbahnverkehr“ objektiv und fundiert bearbeiten und das Energiesparpotenzial einzelner Maßnahmen unter konsistenten und realistischen Randbedingungen darstellen zu können, wurden für die VDE-Studie Modelle für die betroffenen Verkehrsarten und Subsysteme sowie anwendungsspezifische Methoden zur Aufbereitung und Darstellung der Simulationsergebnisse entwickelt. Darüber hinaus wurden vier Kriterien für die „Nutzwertanalyse“ – das heißt für die Abschätzung des technischen und/oder wirtschaftlichen Aufwands für die Umsetzung einzelner Maßnahmen – festgelegt: Realisierungszeitraum, Investitions- bzw. Entwicklungsbedarf, Energiesparpotenzial bzw. „Einsparfaktor“ (ermittelt jeweils für eine Gruppe von Einzelmaßnahmen) und Technologisches Potenzial (Anteil der Einzelmaßnahme an der Einflussgröße).

Eine so differenzierte Betrachtung ist unverzichtbar, weil sich sowohl im Hinblick auf die technischen Möglichkeiten als auch auf den wirtschaftlichen Nutzen bei einzelnen Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen große Unterschiede ergeben. So stellt beispielsweise das Antriebssystem in allen Verkehrsarten das Subsystem mit dem höchsten Energiebedarf dar. Der in dem VDE-Bewertungssystem errechnete Einspareffekt allerdings schwankt bei diesem Beispiel in den einzelnen Verkehrsarten zwischen dem Einsparfaktor 0,16 und 0,32. Und auch wenn etwa der Einfluss des Traktionswirkungsgrades bei den Verkehrsarten mit relativ vielen Halten am stärksten ist, weil sowohl beim Fahren als auch beim elektrischen Bremsen (Rekuperation) die Verluste verringert werden, bleibt hier der Einsparfaktor dennoch unterproportional, da der Wirkungsgrad bereits am Ausgangspunkt der Berechnungen sehr hoch ist.

Energieverluste durch Innovationen reduzieren

Auf Basis der Simulationsrechnung und der Nutzwertanalyse wurden die drei wesentlichen Kategorien von Handlungsempfehlungen herausgearbeitet: „Energieverluste reduzieren“ (jenseits der heutigen Grenzen der eingesetzten Technologien), „Energieverschwendung vermeiden“ (durch Aufhebung bestehender Unzulänglichkeiten) und „Energieoptimierung vorantreiben“ (mit Blick auf das gesamte Bahnsystem als Einheit von Infrastruktur, Fahrzeugen und Betrieb). Die Reduzierung der Energieverluste beinhaltet die Verbesserung der Wirkungsgrade von Komponenten und Anlagen. Derartige Maßnahmen sind jedoch nur bei denjenigen Komponenten bzw. Elementen effizient anwendbar, in denen hohe Verluste auftreten. Grundsätzlich ist dieser Effekt am Anfang der Energieübertragungskette (Kraftwerke, Umrichterwerke), wo der „Energiefluss“ gebündelt ist, größer als an deren Ende (Bahnantrieb). Um die Energieverluste zu minimieren, ist prinzipiell die Nutzung technischer Innovationen erforderlich. Wichtige Ansatzpunkte sind hier die verlustarme Energieerzeugung durch die Umstellung auf regenerative Energien, die verlustarme Energiewandlung im Fahrzeug – in erster Linie die Steigerung des Antriebswirkungsgrads insbesondere bei Verkehrsarten mit häufigen Fahrzyklen (Regionalverkehr, U-Bahn) und die Verringerung des Fahrwiderstandes, vorrangig des aerodynamischen Widerstandes bei Bahnen mit höheren Geschwindigkeiten (Fernverkehr) oder hohem Luftwiderstand (Güterverkehr).