Invasion der EEG-Kritiker – Kita-Leiterin als vermeintlicher Autor?
Bereits ab den ersten Morgenstunden des ersten Werktags nach der Veröffentlichung des Blog-Posts am Wochenende kamen Kommentare (siehe im Anschluss an den Blog-Post), die inhaltlich und in ihrer Wortwahl ziemlich genau das wieder gaben, was den Schlagzeilen des medialen Trommelfeuers der letzten Monate gegen die EEG-Umlage, das EEG und die Photovoltaik entsprach. Die sehr schnellen Reaktionen verwunderten uns, da der gleichzeitig mit dem Blog-Post veröffentlichte Zeichentrickfilm hingegen noch keine zwanzig Aufrufe hatte. Nach der Überprüfung der angegebenen mail-Adressen stellte sich folgender Sachverhalt dar:
Die angegebenen mail Adressen der gleichförmigen Anti-EEG Kommentare waren bis auf eine allesamt ungültig und z.T. noch auffallend ähnlich mit nur kleinen Abweichungen. Eine reale mail-Adresse war allerdings dabei. Zu dieser Person gelang es mir, aufgrund der eindeutigen mail-Endung und nach kurzer Internet-Recherche telefonisch Kontakt aufzunehmen. Wir telefonierten ca. 30 Minuten. Es war eine ältere Dame, Leiterin einer katholischen Kita, deren berufliche mail-Adresse lediglich ein paar Tage zuvor im web veröffentlicht wurde. Die gute Frau hatte noch nie was von EEG, EEG-Umlage, Quotenmodell gehört, konnte mit Photovoltaik nichts anfangen und wusste auch nicht, was ein Blog ist, geschweige denn, wie man Kommentare darunter setzt. Die Arme fiel aus allen Wolken, dass ihre berufliche mail-Adresse von einem Fremden missbraucht wurde.
Interessante Einblicke in angewandte Kommunikationsmethoden
Ich war zunächst fassungslos und untersuchte, ob da Methode dahinter stecken kann. Nach einiger Recherche stieß ich auf folgendes Dokument: Im September 2009 wurde der Umweltschutzorganisation Greenpeace ein Dokument zugespielt mit höchst interessantem Inhalt. Das Papier der Kommunikationsagentur PRGS mit dem Titel „Kommunikationskonzept Kernenergie“ entwickelte eine „zeitlich den Wahlkampf begleitende politische Kampagne“ mit dem Ziel einer „positiven Beeinflussung der Kernenergiedebatte“. Empfängeradresse: e.on.
Auf S. 92 heißt es als Empfehlung: “Beginnend mit einer Bestandsaufnahe relevanter Blogs werden Argumente pro Kernenergie in den Webdiskurs eingespeist. […] Entsprechend der Ausrichtung identifizierter Blogs werden die entwickelten Argumente zielgruppenadäquat formuliert. Die gleiche PR-Agentur gab zudem Anleitungen wie durch “Integration von social media in der Kommunikation” mit Hilfe von Alert-Diensten, Twitterbeep etc. sämtliche News, Blogs, Foren im web, in denen eine ausgewählte Marke oder ein ausgewählter Schlüsselbegriff vorkommt, im Auge behalten und unmittelbar reagiert werden kann.
Bezahlte Kommentare in Blogs, Foren, News-Seiten ausgeschlossen? Leider nein! Diese Methode der gezielten Einflussnahme können wir anhand der mit unserem Blog-Post gemachten Erfahrungen nur bestätigen.
Tina Ternus ist Mitgründerin des photovoltaikbüros, das Endkunden unabhängige Beratung bietet, Bürgerkraftwerke projektiert sowie Gutachten und Fehleranalysen bei Mindererträgen erstellt.
->Quelle: pv-magazine.de