Wir Europäer stoßen natürlich auch immer wieder an Grenzen. Wir haben zum Beispiel für uns allein den CO2-Emissionshandel für den Flugverkehr eingeführt. Das hat uns keine Freunde auf der Welt gebracht. Ich habe unzählige Gespräche außerhalb Europas geführt, in denen ich gefragt worden bin, was denn das nun soll. Ich sage Ihnen ganz offen: Wir hoffen jetzt bei der Internationalen Luftfahrtbehörde, dass wir da vorankommen. Wir haben jetzt ein Moratorium eingelegt. Aber unsere Vorreiterrolle ist uns weltweit nicht gerade gedankt worden, sondern man hat uns eher als
Außenseiter und Spielverderber dargestellt – verbunden mit harten Drohungen, was das Anfliegen von Europa anbelangt. Also heißt die Schlussfolgerung: Europa muss sich um weltweite Lösungen bemühen. Ganz allein kommen wir auch nicht weiter. Daher arbeiten wir, was den Flugverkehr anbelangt, eben mit der Internationalen Luftfahrtbehörde zusammen.
Ich komme noch einmal auf die Gerechtigkeitsfrage zurück. Wir wissen, es geht um das Zwei-Grad-Ziel. Wir wissen irgendwann auch, wie viele CO2-Emissionen das auf ein bestimmtes Jahr bezogen bedeutet. Wir wissen im Grunde, dass langfristig, wenn wir uns die Weltbevölkerung
anschauen, jeder Einwohner dieser Erde etwa zwei Tonnen CO2 emittieren dürfte. Nun sind viele, die das hören, erst einmal sehr aufgeschreckt, wenn man davon spricht. Unser Verbündeter auf dieser Seite ist Indien. Indien hat diesen Ansatz als einen gerechten Ansatz akzeptiert. Aber man muss ehrlich sein: Weder die Europäer noch die Amerikaner noch China sind sehr begeistert davon. Denn sie alle haben schon über zwei Tonnen CO2. Und das bedeutet im Grunde, man müsste jetzt schon mit dem Reduzieren beginnen. Wir Industrieländer akzeptieren das. Aber ein Land wie China sagt: Seht euch einmal bitte an, wie viele Jahrzehnte ihr eure CO2-Emissionen erhöht habt; da können wir bei unserem wirtschaftlichen Niveau doch nicht schon jetzt anfangen zu reduzieren. – Sie sehen also, vor welch großer Aufgabe wir stehen.
In Europa haben wir im Augenblick eine schwierige wirtschaftliche Situation. Unser Bruttoinlandsprodukt in Europa stagniert, zum Teil sinkt es sogar. Das heißt, dass wir aus der Krise der Jahre 2008/2009 noch nicht so herausgekommen sind, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union wieder das Wirtschaftsniveau haben, das sie vor 2008 hatten. Deutschland hat das schon im Jahr 2011 wieder geschafft. Aber auch für uns gab es einen riesigen Wachstumseinbruch von über fünf Prozent im Jahr 2009, den wir dann aber bis 2011 kompensiert hatten. Im Augenblick sind
aber unsere Wachstumsraten in Europa quasi stagnierend. Sie alle kennen die Zahl der Arbeitslosen. Sie alle wissen, wie viele junge Menschen in Europa arbeitslos sind. Natürlich stellt sich jetzt erst einmal die Frage: Wie kommen wir wieder zu wirtschaftlichem Wachstum, wie können wir die
Arbeitslosigkeit bekämpfen, wie können wir die Konsolidierung unserer Staatshaushalte in Gang kriegen?