Merkel-Rede zur E-Mobility

Wir haben in den letzten Jahren weltweit völlig veränderte Rahmenbedingungen erleben müssen. Wenn ich daran denke, in welchem Umfang in Amerika heute Erdgas billig gefördert wird und dass der Erdgaspreis in Amerika im Augenblick etwa nur halb so hoch ist wie der Erdgaspreis in Europa – wir haben darüber kürzlich auch beim Europäischen Rat gesprochen –, dann zeigt sich, dass wir gefordert sind, die Entwicklung der erneuerbaren Energien möglichst schnell in marktkonforme Lösungen zu überführen. Wir sind also gefordert, erneuerbare Energien und den Netzausbau in der Bundesrepublik voranzubringen. Wir haben eine Vielzahl von Integrationsprozessen zwischen Netzausbau, Grundlastverfügbarkeit, erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren zu bewältigen.

Nun geht es auch darum, Elektrofahrzeuge in diesen Prozess zu integrieren. Das ist im Zusammenhang mit dem Thema Speicherkapazität natürlich von allergrößter Bedeutung, denn je mehr Elektroautos wir haben, umso mehr Speicher haben wir zur Verfügung. Das bedeutet, dass wir auch schnellstmöglich eine gute Ladeinfrastruktur für Elektroautos schaffen müssen. Deshalb bin ich sehr froh – ich habe mir schon eine Vielzahl von Überlegungen angehört –, dass die Dinge diesbezüglich in Gang kommen. Das wird in den nächsten Jahren ein ganz wesentlicher Punkt sein, an dem wir weiterarbeiten müssen.

Um die Dinge voranzubringen, brauchen wir auch eine gute Zusammenarbeit zwischen Ländern. Deutschland und Frankreich zum Beispiel führen in den Regionen Stuttgart, Karlsruhe und Straßburg einen gemeinsamen Flottenversuch mit Elektroautos durch. Wir haben uns das schon vor etlichen Jahren vorgenommen. Unser zentrales Diskussionsprojekt waren dabei gar nicht das Auto, die Landschaft oder die Städte, sondern der Stecker. Da machen wir langsam Fortschritte. Insofern danken wir allen Ländern, die sich auch schon für einen Stecker entschieden haben, der unserem Lieblingsstecker relativ weit entspricht. Ich glaube, wir finden eine Lösung. Normierung ist im Geschäft eben die halbe Miete.

Der chinesische Minister ist ja auch anwesend und hört aufmerksam zu, da ja der chinesische Markt natürlich mindestens so groß ist wie der deutsche, was Elektromobilität anbelangt, wenn ich das so despektierlich sagen darf. Sie brauchen aber keine Sorge zu haben. Ich war gerade zwei Tage mit dem chinesischen Ministerpräsidenten zusammen; ich kenne die Einwohnerzahl Chinas. Mit China pflegt unser Land seit 2011 eine strategische Partnerschaft im Bereich Elektromobilität. – Wir sind sehr dankbar dafür, dass Sie heute hier sind. – Wir haben auch unsere Kooperation mit Japan verstärkt. Denn bei Spitzentechnologien im Bereich Elektromobilität ist Japan ja sehr stark vertreten.

Wir haben außerdem die Initiative Nationale Schaufenster Elektromobilität ins Leben gerufen. Die Bundesregierung hat für diese Schaufensterprojekte Fördermittel in Höhe von 180 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die beabsichtigte Wirkung erzielen wir aber nur deshalb, weil die Wirtschaft ihren Beitrag dazu leistet, dass daraus wirklich gute Projekte werden können. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel für gemeinsame Arbeit – für Anreize durch staatliche Förderung bei gleichzeitigem unternehmerischen Engagement. Auch dafür herzlichen Dank.

Bei all dem geht es natürlich darum, die Automobilindustrie wettbewerbsfähig und fit für das 21. Jahrhundert zu machen. Um Ihnen noch einmal deutlich zu machen, welche Rolle die Automobilindustrie in unserem Wirtschaftsgefüge spielt: Fast ein Viertel des Umsatzes der deutschen Industrie entsteht in und mit der Automobilbranche; und knapp 20 Prozent unserer Exporte entfallen auf Automobile. Das heißt also, hiervon hängen die wirtschaftliche Zukunft und der Wohlstand unseres Landes in erheblichem Maße ab.