Märkte für Energiedienstleistungen schaffen
Die Konsequenz aus dieser Vielzahl von Hemmnissen ist, dass nur mit einer zielorientierten und langfristigen strategischen Energiesparinitiative die technisch möglichen und ressourcenpolitisch notwendigen umfangreichen Energiesparpotentiale realisiert werden können. So wie das EEG – lange Zeit mit großem Erfolg – den Marktzugang für eine Vielfalt grüner Stromanbieter gegen mächtige Stromkonzerne erzwingen konnte, so muss ein verbindliches Verpflichtungs- und Anreizsystem ein faires und marktkonformes „Level playing field“ für Effizienztechniken gegen das strukturell übermächtige Energieangebot eröffnen. Erst dann gibt es einen wirksamen Wettbewerb zwischen Energieangebots- und Energieeinspartechniken auf dem neuen Markt für Energiedienstleistungen. Ein Energiespargesetz mit verbindlichen langfristigen Reduktionszielen (2020, 2030 und 2050) wäre daher zu wünschen.
Seit Jahren besteht Konsens zwischen Energieexperten, dass nur ein Maßnahmenbündel die Vielzahl der Hemmnisse auf den Effizienzmarkt abbauen kann. Das Maßnahmenbündel umfasst sektor- bzw. technologieübergreifende Instrumente, die über Preis (Energiesteuern) und Menge (Emissionshandel) steuern. Hinzu kommen sektor- bzw. technologiespezifische Instrumente, die gezielte Hemmnisse adressieren. Dazu gehören finanzielle Anreize (z.B. die KfW- und BAFA-Programme), Information (wie z.B. Energieaudits, Labeling und Training), Nachfragebündelung durch gemeinsame Beschaffung oder auch die Förderung von Demand-Side-Management und Energiespar-Contracting.
Oft geht es bei Energieeffizienztechniken nur um Vor-Finanzierung mittelfristig wirtschaftlicher Potentiale, die bei öffentlichen Programmen auch einen hohen Selbstfinanzierungseffekt für die öffentlichen Haushalte aufweisen. Für den Gebäudesektor hat die KfW-Bankengruppe errechnet, dass 1,5 Mrd. Bundeshaushaltsmittel für die KfW-Programme zum energieeffizienten Bauen und Sanieren pro Jahr eine Gesamtinvestitionssumme von rd. 19,4 Mrd. € induzieren (KfW 2012). Teilweise liegt der „Hebeleffekt“ solcher Förderprogramme noch höher. Soll die Sanierungsrate verdoppelt (Beschluss der Bundesregierung) und gleichzeitig die positive makroökonomische Multiplikatorwirkung (mehr Jobs, höhere Steuereinnahmen) erhöht werden, sollten solche volkswirtschaftlichen attraktiven KfW-Förderprogramme forciert und nicht durch das Gezerre zwischen Bund und Ländern monatelang blockiert werden.
Schon diese und ähnliche traditionelle Maßnahmenbündel wurden oft nur halbherzig umgesetzt. Um den Energieverbrauch bis 2050 absolut um 50 Prozent zu senken, wie es Experten und Bundesregierung für notwendig und möglich halten, würde aber selbst eine beherztere Umsetzungspraxis dieser Instrumente nicht ausreichen. Notwendig ist: Die Prozessverantwortung für die Erreichung der gesamtwirtschaftlichen Energiesparziele muss klar geregelt werden, der Umsetzungsprozess muss unabhängig von Energieabsatzinteressen institutionell und finanziell gesichert werden und Energieanbieter müssen verpflichtet und gefördert werden, bei der gemeinwirtschaftlichen Zielerfüllung eine konstruktivere Rolle zu spielen als bisher.
Insofern ist den Autoren einer Studie von dena / Frontier (2012) zwar zuzustimmen, dass das bisherige Instrumentenmix deutscher Einsparpolitik „gebündelt, vereinfacht, verstetigt und aufgestockt“ werden muss. Warum es aber gerade durch ergänzende „Verpflichtungssysteme von EVUs“ nicht noch weit wirksamer ausgeweitet und stärker zielorientiert ausgerichtet werden kann, beantworten die Autoren nicht.
Vordergründig geht es auch in dieser Studie nur um eine Kontroverse über die Mittel der Energieeinsparpolitik. Wie so oft steht dabei jedoch im Hintergrund ein Dissens über die Verbindlichkeit der Ziele: Es ist an der Zeit, dass die deutsche Energiesparpolitik von der durch quantitative und verbindliche Ziele gesteuerten Markteinführung der erneuerbaren Energien und der Klimapolitik lernt. Denn trotz aller Unzulänglichkeiten der reformbedürftigen Ausgestaltung des EEG ist unbestreitbar, dass ohne die quantifizierten Zielvorgaben der EU von 2007 (20 Prozent Reduktion der C02-Emissionen; 20 Prozent Senkung des Primärenergieverbrauchs gegenüber einer Referenzentwicklung; 20 Prozent Anteil der erneuerbaren Energien; jeweils bezogen auf das Jahr 2020) und ohne das EEG in Deutschland der beginnende Umbau zu einem ökologisch, sozial und wirtschaftlich verträglicheren Energiesystem nicht möglich gewesen wäre.