Altmaiers Endlager-Bürgerforum umstritten

Altmaier: Sehr gute Beteiligung am Bürgerforum

Bundesumweltminister Altmaier hat ein dreitägiges Bürgerforum einberufen, um mit Bürgern über die bevorstehende Suche nach einem Endlager für Atomabfälle zu diskutieren. Erwartet wurden Anregungen zum einschlägigen Gesetzesentwurf, der erst vor zwei Wochen im Bundestag eingebracht worden war und Mitte Juni soll endgültig beschlossen werden soll. Viele Umweltverbände nannten das Bürgerforum eine Alibiveranstaltung und sagten ihre Teilnahme ab. Altmaier zeigte sich dagegen mit dem Echo zufrieden.

Greenpeace, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz BBU, Campact, ContrAtom, IPPNW, Mütter gegen Atomkraft, Robin Wood, urgewald, die NaturFreunde Deutschlands und zahlreiche örtliche Bürgerinitiativen beteiligten sich deshalb nicht am sogenannten Endlager-Forum. „Mit dieser Veranstaltung des Umweltministeriums ab dem 31. Mai soll für ein beschlossenes Gesetz im Nachhinein der Eindruck von Bürgerbeteiligung erzeugt werden“ (BUND-Erklärung).

Eine weitere konkrete Begründung für das Fernbleiben war die fünfminütige Redezeit, die  jeder der 58 angemeldeten Politiker, Experten und Bürger bekam. Aufgrund der kurzen Frist seien zudem substanzielle Änderungen an dem Gesetz nicht mehr möglich, kritisieren Greenpeace und BUND. Der Sprecher der Antiatom-Initiative .ausgestrahlt, Jochen Stay, begründete die Absage gegenüber dem Deutschlandradio damit, das Forum sei lediglich eine „Simulation von Bürgerbeteiligung, die ein schlecht gemachtes Gesetz legitimieren soll.“ Auch der Naturschutzbund Deutschland teil diese Sorge, dennoch habe sich der NaBU entscheiden, sich zu beteiligen – Tina Mieritz im DLF: „Ich weiß, dass für sechs Leute ungefähr anderthalb Stunden zur Verfügung stehen werden. Bei einem fünfminütigen Redebeitrag bleibt das ja immerhin noch eine Stunde, um zu diskutieren.“

Altmaier zufrieden: Auf Wunsch der Grünen

Bundesumweltminister Altmaier zeigte sich zufrieden mit der Beteiligung am Bürgerforum zur Atommüll-Endlagerung. Im Interview mit dem Deutschlandfunk wies er darauf hin, dass das Bürgerforum ein ausdrücklicher Wunsch der Opposition gewesen sei,  besonders der Grünen. Er sei diesem Wunsch nachgekommen, und glaube, dass es  richtig und notwendig sei, „dass man den Menschen Gelegenheit gibt, sich einzubringen“.

Die Kürze der Redezeit rühre von der hohen Teilnehmerzahl, sie sei der beste Beleg dafür, dass die Behauptung, die meisten Organisationen hätten abgesagt,  nicht stimme. Das Argument, zwei Jahre habe die Politik ohne Bürgerbeteiligung  beraten – nun bekämen die Verbände ungefähr 48 Stunden zur Kommentierung,  nannte Altmaier „polemisch und völlig unsachlich“. Richtig sei dass es anderthalb Jahre gedauert habe, bis der Gesetzentwurf vereinbart worden sei.

Altmaier wörtlich zum Verfahrensablauf: „Das lag aber daran, dass SPD und Grüne  gebeten hatten, vor der Landtagswahl in Niedersachsen keine Entscheidung zu treffen. Es lag auch  daran, dass nach der Landtagswahl Rot-Grün darum gebeten hatte, die Regierungsbildung in  Niedersachsen abzuwarten. Wir haben dann unmittelbar nach dieser Regierungsbildung die letzten  Gespräche geführt. Wir haben einen überzeugenden, wie ich finde, Gesetzentwurf vorgelegt. Und der wird nun ausführlich  beraten. Wir haben ein parlamentarisches Verfahren ohne Fristverkürzung. Es wird neben diesem  Bürgerdialog auch noch alle vorgeschriebenen Anhörungen geben im Deutschen Bundestag, alle  Ausschussberatungen werden stattfinden. Und dann, wenn das Gesetz verabschiedet ist, werden wir  eine zweijährige Phase haben, wo eine gemeinsame Bund-Länder-Kommission zusätzlich öffentlich tagen  wird und damit den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gibt, sich einzubringen.“

„Bei anderen Gesetzen gibt es solche Foren nicht“

Das Bürgerforum finde statt,  weil das Gesetz für so wichtig gehalten werde. Bei allen anderen Gesetzen gebe es solche Foren  gar nicht. Es sei auf Wunsch von Bündnis 90/Die Grünen, weil dieses Thema so stark umstritten war, vorgeschaltet worden. Es sei keine Alibiveranstaltung, denn der Gesetzentwurf sei von CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen im Bundestag eingebracht worden und werde parlamentarisch beraten, die Fraktionen müssten gemeinsam entscheiden, welche Anregungen aus dem  Bürgerforum sie in den Gesetzentwurf einfügen.

Auf die Kritik der Verbände, die sich geweigert hatten, teilzunehmen, erwiderte Altmaier, man nmüsse „sehen, dass es einige Verbände gibt, die nicht wollen, dass ein Endlagersuchgesetz  zustande kommt, die nicht wollen, dass es im parteipolitischen Konsens gelöst wird. Dann kann ich  nachvollziehen, dass diese Verbände Kritik äußern. Verstehen und billigen kann ich das nicht.“

Becker (BUND): „Eine Farce von Bürgerbeteiligung“

Der Energieexperte des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, BUND, Thorben Becker, hat den Boykott seines Verbandes am Bürgerforum zur Atommüll-Endlagersuche verteidigt. Der Protest richte sich keinesfalls grundsätzlich gegen ein Endlager in Deutschland. Alle Initiativen und Umweltverbände wollten im Gegenteil unbedingt eine Lösung im Inland, sagte Becker im SÜDWESTRUNDFUNK (SWR). Wenn die Politik allerdings wirklich einen gesellschaftlichen Konsens anstrebe, reichten drei Tage Debatte über ein Gesetz nicht aus, an dem keine Änderungen mehr möglich seien. Ein solcher Prozess dauere mindestens zwei Jahre, so Becker.

„Wir gehen zu dieser Veranstaltung an diesem Wochenende aus zwei Gründen nicht hin: das eine ist  tatsächlich der Zeitpunkt dieses Bürgerdialogs, weil Ziel ist es tatsächlich, über das  Standortauswahlgesetz zu sprechen. Und so ein Gespräch, so ein dreitägiges Forum macht natürlich  nur Sinn, wenn ich an diesem Gesetz noch irgendetwas ändern kann. Wir haben aber einen Konsens  zwischen vier Parteien, zwischen Bund und Ländern. Das Gesetz ist im Bundestag eingebracht. Es hat  eine Regierungserklärung von Herrn Altmaier dazu gegeben. Alle Fraktionen sagen, zu allen Änderungsvorschlägen, auch wenn die vom Bundestagspräsidenten  kommen, an diesem Gesetzentwurf kann sich nichts mehr ändern. Das  ist aus unserer Sicht eher eine Farce von Bürgerbeteiligung.  Natürlich können wir auch mit diesem kurzen Vorlauf uns als Umweltverband, der in Berlin präsent  ist, an so etwas beteiligen. Das Ganze wird aber Bürgerforum genannt. Und das ist der zweite Grund.“
->Quelle(n): bund.net; ausgestrahlt.de; dradio.de; dradio.de/dlf; swr.de/swr2;