Globale Trends
Die globale Mitteltemperatur ist von besonderem Interesse, denn sie ist eine direkte Reaktion auf den globalen Strahlungsantrieb, gepuffert durch die thermische Trägheit der Ozeane. Dies ergibt sich aus dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik, also dem Satz von der Energieerhaltung. Die global kohärenten Signale weisen also auf global wirksame Antriebe hin. Die Autoren schreiben im Abstract:
„The most coherent feature in nearly all of the regional temperature reconstructions is a long-term cooling trend, which ended late in the nineteenth century. (…) Recent warming reversed the long-term cooling; during the period 1971–2000, the area-weighted average reconstructed temperature was higher than any other time in nearly 1,400 years.“
Die folgende Abbildung 3 vergleicht daher den flächengewichteten Mittelwert über die Kontinente (b) mit einigen früheren globalen Rekonstruktionen (a) und den Antrieben (f,g,h). Das Grundmuster – eine langfristige langsame Abkühlung, die im späten 19. Jahrhundert in eine rasche Erwärmung umschlägt – ist seit 15 Jahren bekannt und wird oft mit einem Hockeyschläger verglichen: die lange Abkühlung ist der Griff, die moderne Erwärmung die abgewinkelte Kelle.
Der Vergleich mit den Forcings zeigt, dass diese Kelle vor allem dem Strahlungsantrieb durch die ansteigende Treibhausgasmenge in der Atmosphäre zuzuschreiben ist (grüne Linie in g). Der solare und vulkanische Antrieb lassen sich nur mit Unsicherheiten rekonstruieren, daher sind jeweils zwei Varianten gezeigt. Beim solaren Antrieb ist weniger der Zeitablauf als die Amplitude umstritten (ein Umrechnungsfaktor) – die von Shapiro angenommene sehr hohe Amplitude (gepunktete Linie) gilt weithin als sehr fragwürdig (siehe z.B. Feulner und Judge et al). Aber selbst mit dieser extremen Annahme kann der solare Antrieb im 20. Jahrhundert bei weitem nicht mit den Treibhausgasen konkurrrieren, und er passt auch nicht zum Temperaturverlauf.
Interessant vor allem auf langen Zeitskalen von Jahrtausenden ist der Orbitalantrieb (das sind die bekannten Milankovic-Zyklen; hier ein Online-Rechner für den Strahlungsantrieb). Im Norden ist vor allem die Sommer-Sonneneinstrahlung wichtig (grüne Kurve in panel h), weil sie durch die Albedo-Rückkopplung (also Änderung in der Eis- und Schneebedeckten Fläche) stark verstärkt wird. Dies dürfte einen Teil des Abkühlungstrends auf der Nordhalbkugel erklären. In der Antarktis ist es anders: im Sommer ist die eisbedeckte Fläche konstant etwa so groß wie der Antarktische Kontinent, denn es gibt kaum Meereis, und der Trend der Sonneneinstrahlung (blaue Kurve in Panel h) ist relativ schwach. Deshalb kommt es dort weniger auf den Sommer an. Die Sonneneinstrahlung im Jahresmittel in der Antarktis (nicht in der Grafik gezeigt) hat durch die Orbitalzyklen über die letzten zwei Jahrtausende soviel abgenommen, dass dies mehr als die rezente anthropogene Erwärmung ausmacht. Das könnte die Erklärung für die langfristige Abkühlung in der Antarktis sein, die dort (anders als im globalen Mittel) in den letzten hundert Jahren noch nicht wettgemacht wurde.