SDSN-Empfehlungen eingebracht
Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Horst Köhler stellte am 14.06.2013 in einer Rede in Berlin die Empfehlungen des hochrangigen Beratergremiums des Generalsekretärs der Vereinten Nationen zur Post-2015-Entwicklungsagenda vor – Titel: „A New Global Partnership: Eradicate Poverty And Transform Economies Through Sustainable Development“. Solarify dokumentiert sie.
„Ich freue mich, dass ich Ihnen heute den Bericht des High Level Panels zur Post-2015 Agenda vorstellen darf. Ich gebe gerne zu, dass sich in die Freude auch etwas Erleichterung mischt, denn es waren anstrengende Monate und nicht immer war ich mir sicher, ob wir zu einem einmütigen Ergebnis kommen würden. Tatsächlich glaube und hoffe ich, dass dem Panel ein starkes Dokument gelungen ist, das in der Suche nach Antworten auf die großen globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts hilfreich sein kann. Im Folgenden möchte ich Ihnen einen kurzen Einblick in die Arbeit unseres Panels geben, dann die Schwerpunkte des Berichts vortragen und einige persönliche Anmerkungen dazu machen.
Eine Vorbemerkung sei mir gestattet: Die Bundesregierung hatte mir ein sehr professionelles Unterstützungsteam aus dem Entwicklungsministerium, dem Auswärtigen Amt, der KfW und der GIZ an die Seite gestellt, und auch die DEG hat sich eingebracht – dafür möchte ich mich nicht nur bei der Bundesregierung, sondern ganz besonders bei diesen Kolleginnen und Kollegen herzlich bedanken. Die meisten davon sind heute auch hier: Frau Dr. Rödiger-Vorwerk, Frau Dr. Ulbert, Frau Schenk-Dornbusch, Frau Denker, Herr Fritz, Herr Cabani und Herr Proffe – lassen Sie sich doch einmal sehen.
I.
Meine Damen und Herren, warum sind wir eigentlich hier? Warum hat der VN-Generalsekretär im August letzten Jahres 26 Persönlichkeiten aus aller Welt damit beauftragt, Empfehlungen zur Zukunft der globalen Entwicklungsagenda zu erarbeiten? Ich möchte mit der Gegenüberstellung einiger Zahlen beginnen.
Auf der einen Seite: Damit der Nahrungsbedarf der wachsenden Weltbevölkerung gedeckt werden kann, muss die globale Nahrungsmittelproduktion bis 2050 um bis zu 70% gesteigert werden. Auf der anderen Seite: Pro Jahr gehen etwa 13 Mio. Hektar Waldfläche verloren, v.a. weil sie in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt werden. Diese Art der Umwandlung der Ökosysteme verschlechtert die globale Ökobilanz massiv.
Auf der einen Seite: 3 Milliarden Menschen weltweit haben immer noch keinen Zugang zu einer Grundversorgung mit Energie. Auf der anderen Seite: Die weltweite Energieversorgung beruht noch zu über 80% auf umwelt- und klimaschädlichen fossilen Energieträgern.
Auf der einen Seite: 1,2 Milliarden Menschen leben in extremer Armut und haben nur einen Anteil von 1% am Konsum aller Güter und Dienstleistungen. Auf der anderen Seite: Wenn die Begrenzung der Erderwärmung auf 2 Grad Celsius gelingen soll, dürfen bis 2050 nur noch etwa 750 Milliarden Tonnen CO2 aus fossilen Quellen in die Atmosphäre gelangen. Dieses globale CO2-Budget wäre schon in 25 Jahren aufgebraucht, selbst wenn die Emissionen auf aktuellem Niveau eingefroren werden.
Diese Zahlen machen deutlich, dass wir vor zwei großen globalen Herausforderungen stehen: Auf der einen Seite steht das immer noch skandalöse Ausmaß von Elend und Armut in dieser Welt und das Ziel, allen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen. Auf der anderen Seite stehen die immensen, menschengemachten Bedrohungen unserer Umwelt und das Ziel, die Überlebensfähigkeit unseres Planeten und damit der Menschheit dauerhaft zu erhalten. Beide Ziele zusammenzubringen, eine Agenda „for people and planet“, also für den Menschen und den Planeten zu entwickeln, nichts weniger als diese Herkulesaufgabe hat sich das High Level Panel vorgenommen. Und der Generalsekretär der Vereinten Nationen hat das Panel gebeten, sowohl „bold“ als auch „practical“ in seinen Empfehlungen zu sein, also sowohl „mutig“ als auch „praktisch“. Eine Quadratur des Kreises?“