CO2 als Rohstoff
Das Treibhausgas Kohlendioxid erfährt einen Bedeutungswandel: Es wird mehr und mehr nicht als schädlicher Abfallstoff gesehen, sondern zunehmend als Quelle von Kohlenstoff für eine Vielzahl von Anwendungen – oder als Ausgangsrohstoff für künstliche Treibstoffe wie Methan und Methanol. CO2 ist zwar in großen Mengen verfügbar, die Herausforderung bei seiner Nutzung liegt jedoch darin, es für Syntheseprozesse zu aktivieren. Hierfür stellt vor allem die Biologie geeignete Prozesse zur Verfügung, deren technischer Einsatz in verschiedenen Systemen entwickelt wird.
Konferenz in Berlin
In Berlin wurde kürzlich über neue Lösungen für die stoffliche CO2-Nutzung diskutiert. Die Konferenz unter der Überschrift „Vom Treibhausgas zum Wertstoff“ wurde von der BIOCOM AG veranstaltet, unterstützt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Alle stimmten darin überein, dass es viele gute Ideen gibt – ihre Realisierung aber noch unterschiedlich weit in der Zukunft liegt.
Mit Hilfe von Bakterien und Mikroorganismen Biomasse und Energie zu gewinnen, ist bereits seit einiger Zeit ein der Hauptinteressen von Ingenieuren und Naturwissenschaftlern, die inzwischen bereits funktionierende Systeme und Technologien entwickelt haben – allerdings müssen diese noch stark verbessert werden, um die Klimaschutzziele der Bundesregierung mit diesen Verfahren zu erreichen und CO2 bis 2020 um 40 Prozent zu verringern. Die größte Herausforderungen dabei: eine positive Ökobilanz.
Acetobacterium woodii stellt Acetat her
Dirk Weuster-Botz von der Technischen Universität München präsentierte, wie Acetat von Mikroorganismen aus CO2 und Wasserstoff hergestellt werden kann. Neue Erkenntnisse für die Herstellung von Acetat durch die Bakterienspezies Acetobacterium woodii: eine bisher unerreichte Acetatausbeute durch spezielle Feinjustierung der Reaktionsbedingungen in speziellen Reaktoren. Die Überführung in den industriellen Maßstab brauche aber noch einen langen Weg.
Mikrobielle Brennstoffzelle und Elektrosynthese
Anders die mikrobielle Brennstoffzelle: Hier lässt sich ein Stromfluss durch die Umsetzung von organischen Substanzen durch Bakterien erzeugen. Diese Bakterienbatterien sind aber für die sinnvolle ökologische Nutzung (noch) nicht wirtschaftlich genug.
Johannes Gescher vom Karlsruher Institut für Technologie forscht an einem fast umgekehrten Ansatz: Bei der mikrobiellen Elektrosynthese nimmt das Bakterium Shewanella oneidensis in speziellen Reaktoren Elektronen auf und produziert damit Eisenverbindungen, gewinnt bei dieser so genannten dissimilatorischen Metallreduktion Energie und macht zugleich chemisch sonst sehr schwer aufzuschlüsselnde Schwermetalle leichter zugänglich. Durch die Reaktion bindet die Mikrobe Kohlenstoff in ihren Zellspeichern. Mögliche Quellen sind Industrie-Abfallströme, die besser verwertet werden könnten, berichtete Gescher in Berlin.
Effizienz der Biofilme steigern
Die Photosynthese mit Mikroalgen verspricht nach wie vor Potenzial. Nimmt man diesen die Fähigkeit zu wachsen oder Energie zu speichern und fördert gleichzeitig die Ausbeute ihrer CO2-Umsetzung, erhält man eine hocheffiziente Kohlenstoff-Fabrik, der man das Produkt nur abnehmen muss. Daran forschen zum Beispiel Wissenschaftler um Christian Wilhelm von der Universität Leipzig. Ziel: höhere Effizienz auf kleinem Raum.Vergleichweise wenige Arten sollen in dünnen Biofilmen das CO2 zugänglich machen. Als Vorbild dient das junge Blatt einer Buche, das trotz seiner Dicke hocheffizient CO2 bindet, indem die Zellwandeigenschaften für optimale Lichtstreuung sorgen.
Forscher zeigen sich selbstbewusst
„Es geht um Substanzen, von denen wir wissen, dass die Industrie sie braucht, die aber eine schlechte ökologische Bilanz haben. Unser Anspruch ist es, den bakteriellen und den pflanzlichen Stoffwechsel so zu kombinieren, dass wir schließlich mit einer Effizienzsteigerung um mindestens eine Zehnerpotenz diese Substanzen erzeugen können. Sonst können wir beim Alten bleiben“, sagte Wilhelm während der abschließenden Diskussion. Bis dahin sei es allerdings ein langer Weg. Insbesondere sei die Umsetzung von Fragen der Stabilität und der Kontrolle der lebenden Systeme abhängig. Ein Scheitern ihrer Projekte befürchten die Forscher aus allen vertretenen Disziplinen indes nicht, denn das frühe Stadium ihrer Forschung lässt Fehler direkt auffliegen.
->Quelle: biotechnologie.de; biocom.de