CO2-Zunahme hat stärkere Folgen als bisher angenommen: Anstieg senkt Verdunstung der Wälder – weniger Wolken
Die ansteigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre lässt Pflanzen offenbar effizienter mit Wasser umgehen – und könnte so extreme, bisher unbekannte Folgen für die Umwelt haben: Pflanzen nehmen mehr Kohlendioxid auf, wachsen schneller, aber dadurch nehmen ihr Wasserverbrauch und die Verdunstung stark ab. US-Forscher haben in einer 20jährigen Langzeitstudie die Wasserbilanz von 21 Waldgebieten weltweit untersucht.
Mit überraschendem Ergebnis: Die im Magazin Nature veröffentlichten Ergebnisse belegen, dass Ökosysteme weit stärker auf Veränderungen der Kohlendioxid-Konzentration reagieren als bisher bekannt – mit schwer abschätzbaren Konsequenzen. „Wir haben nicht erwartet, dass das Ausmaß des Effekts derartig groß ist“, so Erstautor Trevor Keenan (Foto li.) von der Harvard University. Die Effizienz des Wasserumschlags erhöht sich demnach stärker, die Pflanzen brauchen also weniger Wasser, als die Computermodelle vorhergesagt haben.
Längste Messreihe über Wasser und CO2
Die Traditions-Universität im Bostoner Vorort Cambridge hat aus ihrem „Harvard Forest“ die längste Messreihe über Wasser- und CO2-Haushalt. Die CO2-Werte in der Atmosphäre steigen seit Jahrzehnten deutlich an – seit Beginn der Industrialisierung um 43 Prozent, von 280 auf derzeit etwa 400 ppm (parts per million).
20 Jahre Forschung
Die Forscher um den Biologen Andrew Richardson (Harvard) erforschten 7 bis 18 Jahre lang zunächst in sieben Wäldern USA den Gasaustausch . Dabei stellten sie fest, dass sich das Wachstum beschleunigte, die CO2-Aufnahme stieg und die Wasserverdunstung weit stärker sank als bekannt. Diesen Trend fanden sie auch in einer Datenbank für 14 weitere ähnliche Wälder weltweit, darunter ein Gebiet bei Tharandt in Sachsen.
Die erhöhte Effizienz der Pflanzen ergibt sich durch die Photosynthese. Dabei entziehen die Pflanzen der Atmosphäre durch kleinste Öffnungen, die sogenannten Stomata, Kohlendioxid. Beim Öffnen dieser Poren entweicht Wasserdampf. Durch den erhöhten CO2-Gehalt der Luft müssen sich die Stomata weniger weit öffnen und weniger Wasser geht verloren.
Dies könne einerseits Holzerträge erhöhen und den Wasserverbrauch verbessern, schreiben die Forscher. Andererseits könne die verringerte Verdunstung auch die Lufttemperatur steigern und die Wolkenbildung reduzieren. Die Wälder profitieren also vielleicht kurzfristig von dem Effekt, das Gesamtbild bleibe aber düster, so die Forscher: „Steigende globale Temperaturen und Veränderungen der Niederschlagsmuster werden in den kommenden Jahrzehnten sehr negative Auswirkungen für das Pflanzenwachstum in vielen Ökosystemen rund um den Globus haben“, so Richardson.
Mitautor Hans Peter Schmid, Leiter des KIT-Instituts für Meteorologie und Klimaforschung (IMK-IFU) in Garmisch-Partenkirchen, sieht einen Rückkopplungseffekt der Ökosysteme auf die CO2-Zunahme der Atmosphäre. Die Pflanzen nähmen zwar mehr CO2 auf, andererseits entweiche aber weniger Wasser in die Atmosphäre. Dies könne Trockenheit verstärken und dadurch die Folgen des Klimawandels weiter verschärfen. „Die Tragweite dieser Prozesse sollte man genauer untersuchen, denn sie können die Rolle der Wald-Ökosysteme im Klimawandel wesentlich beeinflussen“, so Schmid.
Der Originalartikel ist in der Zeitschrift „Nature (doi:10.1038/nature12291erschienen – Titel: „Increase in forest water-use efficiency as atmospheric carbon dioxide concentrations rise“ by Trevor F. Keenan, David Y. Hollinger, Gil Bohrer, Danilo Dragoni, J. William Munger, Hans Peter Schmid & Andrew D. Richardson
->Quelle(n): nature.com; news.harvard.edu; n-tv.de; derstandard.at