Das Editorial
von Günther Bachmann und Lutz Engelke
Jede große Vision zur Zukunft unserer Gesellschaft, so umfangreich und vielfaltig sie ausfallen und so aufwendig ihre Darstellung und Kommunikation auch sein mag, beginnt mit einer einfachen Idee: Um Wohlstand zu erhalten, müssen wir die Art, wie wir ihn herstellen, grundsätzlich ändern. Erhalten geht nicht durch Festhalten, sondern nur im Wandel. Dabei geht es um das »Wie«, nicht mehr um ein »Ob«. Neun Milliarden Menschen auf der Erde werden die Welt ein weiteres Mal verwandeln. Gleichzeitig streben immer mehr Menschen nach dem klassischen Mittelstandswohlstand, der in allen Werbebotschaften mittlerweile global vorgelebt wird. Implizit steckt darin die Botschaft: Weiter so, immer mehr vom Gleichen, Annäherung an ein kulturelles, konsumorientiertes und ressourcenverschlingendes Mittelmaß. Auf der anderen Seite machen es der Ausstoß von Treibhausgasen und die Inanspruchnahme von knappen natürlichen Ressourcen sehr unwahrscheinlich, dass die Wirtschaftsmaximen des vorigen Jahrhunderts noch lange Bestand haben können.
Genau an dieser Bruchstelle von Zukunft und aktuellem Bewusstsein setzt der Gedanke vom Zukunftslabor Deutschland an. Menschen, die Tag für Tag wichtige Entscheidungen treffen, sprechen in diesem Buch über ihre Sichtweisen auf das Morgen, und warum sie sicher sind, dass unsere Gesellschaft auf dem eingefahrenen Gleis nicht mehr gut vorankommt. Sie beschreiben, warum ein Gleiswechsel nötig ist und wie er gelingen kann. Ihre Ideen hierzu sind so unterschiedlich, wie die Gesellschaft vielfaltig ist: Der eine lässt Zahlen sprechen, der andere Bilder. Eines machen sie alle klar: Hier entscheidet sich etwas. Das Zukunftslabor Deutschland ist Realität, ob es sich um die Energiewende handelt, die Kreislaufwirtschaft, die Idee des Wachstums in gesättigten Märkten oder auch um die Zukunftsfähigkeit einer demografisch gewandelten Gesellschaft.
Soziale Fantasie, technische Ideen und das Wunder ihrer sinnlich-erfahrbaren Darstellung, all das ist Denken in Prototypen, Denken entlang von Grenzen und das Überschreiten von Grenzen. Dabei werden die neuen Schnittstellen zwischen den Disziplinen die eigentlichen Zukunftsorte sein, dort wird aus dem Möglichkeitsraum bereits ein Stück Wirklichkeit.
Die Kommunikation über Bestehendes braucht Visionen und gleichzeitig mutige Übersetzungen in einen unabdingbaren Bewusstseinswandel. Dies geht nur, wenn Mutige vorangehen und die aktuellen Dialogformen produktiv und prototypisch verändern. Das Zukunftslabor Deutschland ruft zur Beteiligung auf, fordert zum Wettbewerb der Ideen auf und erweist den Vorbildern Referenz und Respekt.
Dieser Band erscheint zum 75. Geburtstag von Prof. Dr. Klaus Töpfer. Als Wissenschaftler und Politiker auf der deutschen und der globalen Bühne verbindet er das visionäre Denken mit dem praktischen Aushandeln des nächsten Schrittes. Das Zukunftslabor Deutschland ist ohne ihn nicht denkbar. Das Recycling von Abfallen, die Einspeisung von erneuerbaren Energien, das Möglich-Machen einer Welt ohne Kernenergie, die Bekämpfung des sauren Regens und der Umweltgeißel Dioxin, die Reinhaltung der Gewässer, das Werben um den Schutz der Böden: Klaus Töpfers Wirken hält dazu an, das Mögliche zu erkennen und nicht gelten zu lassen, dass etwas angeblich ohne Alternative sei.
Wir danken Klaus Töpfer. Wir sind im Zukunftslabor Deutschland angekommen. Durch ihn und mit ihm. Wir wollen es weitertreiben und mit neuen Ideen voranbringen. Wir widmen diese Ideen Klaus Töpfer.
Folgt: Inhalt