Fusionsforschung: „Rohbau“ fertig
Aus den Energie-Perspektiven des IPP: Die letzte offene Naht an der stählernen Außenhaut der Fusionsanlage Wendelstein 7-X ist geschlossen. Der Kern der Forschungsapparatur, die 2014 im Teilinstitut Greifswald des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik in Betrieb gehen wird, ist damit im Rohbau fertig.
Ziel der Forschung ist ein Kraftwerk, das ähnlich wie die Sonne aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewinnt. Um das Fusionsfeuer zu zünden, muss der Brennstoff, ein Wasserstoffplasma, in Magnetfeldern eingeschlossen und auf Temperaturen über 100 Millionen Grad aufgeheizt werden. Wendelstein 7-X, die nach der Fertigstellung weltweit größte Forschungsanlage vom Typ Stellarator, hat die Aufgabe, die Kraftwerkseignung dieses Bautyps zu untersuchen. 70 große supraleitende Magnetspulen sollen dazu im Dauerbetrieb einen besonders stabilen und wärmeisolierenden magnetischen Käfig für das Plasma erzeugen.
Montiert wird die kreisförmige Anlage in fünf nahezu baugleichen Modulen: Jeweils ein Fünftel des Plasmagefäßes, auf das 14 Magnetspulen aufgefädelt sind, ist von einer stählernen Außenhülle umschlossen – insgesamt ein Gewicht von 120 Tonnen. Wie Tortenstücke auf dem Maschinenfundament zusammengestellt, formen die fünf Module einen stählernen Ring, aus dem zahlreiche Anschluss-Stutzen Messgeräte, Pumpen und Heizapparaturen ragen.
Zwei Jahre Montagezeit
Gut zwei Jahre hat die aufwändige Stutzenmontage gedauert. Vorausgegangen war eine ebenso lange Testphase – „eine riesige Lernübung“, so Montageleiter Dr. Lutz Wegener, während der die Methoden zum exakten Positionieren und Verbinden der vielgestaltigen Stutzen mit dem bizarr geformten Plasmagefäß entwickelt wurden. Eine der vielen Herausforderungen: Weil Edelstahl beim Schweißen an der Nahtstelle unweigerlich schrumpft, verformen sich die Teile und ändern ihre Position. Auch beim Verschweißen der fünf Anlagenmodule miteinander war dies zu berücksichtigen: Rechnungen und Tests während der Montageplanung hatten hier pro Naht bis zu acht Millimeter Verzug erwarten lassen – untragbar, weil so die Stutzen und mit ihnen später die angeschlossenen Messgeräte an die falsche Stelle im Plasma schauen würden.
Mehrere Wochen für 40 m Schweißnähte
Die Lösung: Das anzuschweißende Modul wurde – per Laser-Tracker genau vermessen – auf Gleitlagern etwa acht Millimeter von seinem fest fixierten Gegenüber weggeschoben. Damit sich nichts gegeneinander verzieht, begannen anschließend mehrere Schweißer zugleich, die beiden Nahtlücken sowohl der Plasmakammer als auch der Außenhülle zu schließen. Für die zusammen rund 40 Meter langen, mehrlagigen Nähte brauchten die Spezialisten der Firma MAN-Diesel-Turbo mehrere Wochen, während derer sich das tonnenschwere Modul – dem Schrumpf folgend – in Zehntelmillimeter-Schritten langsam wieder in seine Ausgangslage zurückzog.
„Es ist eine wirkliche Kunst, so ein großes und schweres Bauteil beim Schweißen in die richtige Richtung zu lenken“, sagt Karsten Liesenberg, der für die Konzeption der Gefäßmontage verantwortlich ist: „Zeigten die Laser-Tracker, dass das Modul nicht exakt parallel herangezogen wird, haben die Schweißer schon mal auf die gegenüber liegende Seite der Naht gewechselt, damit das Teil sich wieder in die korrekte Richtung dreht“. Diese Präzisionsarbeit wiederholte sich an den übrigen vier Modulgrenzen. Inzwischen ist der Ring geschlossen und alle fünf Module stehen auf die verlangten rund zwei Millimeter genau in Position.
Bis 2014 die Montage von Wendelstein 7-X abgeschlossen ist, müssen noch einige Arbeiten folgen, darunter der Innenausbau im Plasmagefäß. Parallel werden die Systeme zum Aufheizen des Plasmas aufgebaut, die Versorgungseinrichtungen für elektrische Energie und Kühlung, die Maschinensteuerung und schließlich die zahlreichen Messgeräte, die das Verhalten des Plasmas diagnostizieren sollen.
->Quelle: ipp.mpg.de