Biokraftstoffe – Überblick

Biokraftstoffe können fossilen Kraftstoffen beigemischt werden, sie können prinzipiell aber auch als Reinkraftstoff eingesetzt werden. Zu
den biogenen Reinkraftstoffen gehören reiner Biodiesel (B100) sowie reine Pflanzenöle. Nahezu reines Bioethanol (E85) wird mit Bioethanolanteilen zwischen 70 und 86 % vermarktet. Biodiesel wird von der europäischen Biodieselnorm EN 14214 spezifiziert, Pflanzenöl (aus Raps) durch DIN 51605 sowie Bioethanol (E85) durch die deutsche Kraftstoffnorm DIN 51625. Die Marktbedeutung von Reinkraftstoffen
ist allerdings inzwischen sehr gering. Für die Beimischung zu Diesel- bzw. Ottokraftstoff darf nur EN 14214-Biodiesel bzw. DIN 51605-Bioethanol verwendet werden.

1. Biodiesel

Als Biodiesel wird Fettsäuremethylester (FAME) bezeichnet, der bei der chemischen Umsetzung von Fetten und Ölen mit Methanol entsteht. Als heimischer Rohstoff zur Herstellung von Biodiesel kommt in der Bundesrepublik Deutschland vornehmlich Rapsöl in Frage. Biodiesel, der ausschließlich aus anderen Fetten oder Ölen hergestellt wird, genügt in der Regel nicht der für Biodiesel geltenden Kraftstoffnorm (DIN EN 14124, Ausgabe April 2010) und kann deshalb nicht auf die Biokraftstoffquote angerechnet oder steuerlich begünstigt werden. Die Anforderungen der Kraftstoffnorm können aber durch entsprechende Mischungen mit Rapsöl oder durch Additivierung erfüllt werden. Siehe auch www.solarify.eu.

2. Pflanzenölkraftstoff

Pflanzenölkraftstoff kann aus Raps oder anderen Ölpflanzen gewonnen werden, wobei keine chemische Umwandlung wie beim Biodiesel erfolgt. Als Kraftstoff kommt vor allem Rapsöl in Frage. Andere Fette und Öle genügen nicht den Anforderungen der für Pflanzenölkraftstoff geltenden Kraftstoffnorm (DIN V 51605, Ausgabe Juli 2006) und können deshalb nicht auf die Biokraftstoffquote angerechnet oder steuerlich begünstigt werden. Die Anforderungen der Kraftstoffnorm können aber durch entsprechende Mischungen mit Rapsöl oder durch Additivierung erfüllt werden.

3. Hydriertes Pflanzenöl

Unter hydriertem Pflanzenöl versteht man Pflanzenöl, das in einer Hydrierungsanlage durch eine chemische Reaktion mit Wasserstoff in Kohlenwasserstoffketten umgewandelt wird. Man unterscheidet eigenständige Anlagen zur Hydrierung (Stand-Alone-Anlagen) und Anlagen, bei denen die Hydrierung der biogenen Öle und Fette gemeinsam mit mineralölstämmigen Ölen stattfindet.

4. Biogas/Biomethan

Biogas entsteht als methanreiches Gas aus der Vergärung von Biomasse. Das Potenzial der Biogaserzeugung ist hoch, da Biogas sowohl auf der Basis von Energiepflan­zen als auch von Abfällen und Reststoffen erzeugt wer­den kann. Biogas kann nach einer Aufbereitung zu Bio­methan in Fahrzeugen mit erdgastauglichen Motoren eingesetzt werden. In der Bundesrepublik Deutschland sind ca. 96 000 Erdgasfahrzeuge angemeldet. An über 900 Tankstellen kann deutschlandweit Erdgas und somit auch Biomethan getankt werden. Es kann davon ausge­gangen werden, dass der Markt für Biomethan als Kraft­stoff wachsen wird. Insbesondere werden zunehmend auch Lkw mit Erdgas bzw. Biomethan betrieben.

5. Alkohole

a. Bioethanol

Bioethanol (Ethylalkohol) wird durch Destillation nach alkoholischer Gärung oder durch vergleichbare biochemische Methoden aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen. In der Bundesrepublik Deutschland kommen für die Produktion von Bioethanol zunächst Getreide (Weizen, Roggen) oder Zuckerrüben in Frage. Verfahren für die Herstellung von Ethanol auf Basis von Lignozellulose (z. B. Stroh oder Holz) befinden sich gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland noch im Pilotstadium. Siehe auch: solarify.eu

b. Biomethanol

Methanol kann wie BtL-Kraftstoff über Synthesegas aus einer breiten Biomassepalette hergestellt werden. Dane­ben kann Methanol auch durch Umwandlung von Roh­glyzerin hergestellt werden. Die Nutzung von reinem Me­thanol bedarf aber angepasster Verbrennungsmotoren. Dabei weist Methanol gegenüber Ethanol eine Reihe von Nachteilen auf, z. B. geringer Brennwert sowie einge­schränkte Material- und Schmierstoffverträglichkeit. Me­thanol wurde in der Vergangenheit als Kraftstoff für Fahr­zeuge mit Brennstoffzellenantrieb favorisiert. Der Ersatz des fossilen Methanolanteils in Biodiesel durch Biome­thanol ist unter den derzeitigen Rahmenbedingungen we­der technisch noch wirtschaftlich umsetzbar. Möglich ist die Weiterverarbeitung von Biomethanol zu Bio-MTBE, das dem Ottokraftstoff beigemischt werden kann.

c. Biobutanol

Der Einsatz von Butanol als Kraftstoff oder in Kraftstoff­mischungen wird schon seit geraumer Zeit diskutiert. Da­bei gibt es prinzipiell zwei Wege. Einerseits die Verwen­dung in Form von Pflanzenölbutylester und andererseits die Nutzung von Butanol in Kraftstoffmischungen. Ak­tuell in der Entwicklung ist zudem die Herstellung von flüssigen Kohlenwasserstoffen aus Biobutanol. Der Ent­wicklungsstand neuer Biobutanolproduktionsverfahren ist mittlerweile fortgeschritten. Unternehmen in Nord- und Südamerika planen die kurzfristige Errichtung von Demonstrationsanlagen. Die Energie- und Ökobilanzen sind aufgrund des ähnlichen Verfahrens kaum verschie­den von denen der Bioethanolherstellung. Butanol ist als Kraftstoff-Blendkomponente zwar besser geeignet als Ethanol, aber viele der Probleme des Kraftstoffzusatzes Ethanol finden sich in ähnlicher, wenn auch abge­schwächter Form, beim Kraftstoffzusatz Butanol.

d. Lignozellulose-Ethanol

Die bisherigen Verfahren der Bioethanolerzeugung ließen aufgrund der chemischen Zusammensetzung keine Ver­wertung von lignozellulosehaltiger Biomasse zu. Die Hauptbestandteile dieser Biomasse sind Zellulose, Hemi­zellulose und Lignin. Entwicklungsbedarf besteht insbe­sondere in der Überführung der Zellulosebestandteile in fermentierbare Zucker sowie in der Fermentation dieser Zucker. Hier sind in jüngster Zeit enorme Fortschritte festzustellen. Grundsätzlich steht die Technologie für Lignozellulose-Ethanol bereit. Eine Produktionsanlage im marktrelevanten Maßstab wurde bislang jedoch nicht realisiert, was im Wesentlichen an den hohen Kosten, z. B. für die Breitstellung geeigneter Enzyme, liegt.

Gegenüber Bioethanol aus Stärke weist Lignozellulose-Ethanol Vorteile bei der Kohlendioxid-Bilanz auf. Da­rüber hinaus können Reststoffe genutzt werden, wodurch eine direkte Konkurrenz bei Flächen für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion vermieden wird.

6. Wasserstoff aus Biomasse

Die Wasserstoffnutzung in Brennstoffzellen wird lang­fristig als viel versprechende Option eingeschätzt. Der Weg dorthin ist allerdings aufwendig, da sowohl neue Antriebstechnologien als auch hohe Investitionen in An­lagen zur Wasserstoffherstellung und ein neues Vertei­lungssystem erforderlich sind. Auf absehbare Zeit wird daher nicht mit der Gewinnung von Wasserstoff aus Bio­masse gerechnet.

7. Flüssige Kohlenwasserstoffe

Mittel- und langkettige Kohlenwasserstoffe aus Biomasse sind aussichtsreiche Optionen für die Substitution von fossilen Otto- und Dieselkraftstoffen. Da diese direkt in Motoren eingesetzt werden können und kompatibel mit der bestehenden Kraftstoffinfrastruktur sind, ist deren Produktion auf Basis nachwachsender Rohstoffe ein at­traktives Ziel für die Mineralöl- und Automobilindustrie.

a. BtL-Kraftstoff

Als Biomass-to-Liquid(BtL)-Kraftstoffe werden flüssige Kohlenwasserstoffe für den Transportbereich bezeichnet, die über die thermochemische Vergasung von Biomasse zu Synthesegas und anschließende Kohlenwasser­stoffsynthese erzeugt werden. Dieser Herstellungsweg zeichnet sich durch hohe Flexibilität aus: Neben – eher kurzkettige Kohlenwasserstoffe enthaltenden – Ottokraft­stoffkomponenten können bei entsprechender Verfahrens­führung auch Kerosin oder Mitteldestillate wie Diesel­kraftstoff erzeugt werden. Der Einsatz von BtL-Kraftstoffen ist in heutigen Otto- oder Dieselmotoren möglich, eine Verteilung über die vorhandene Versor­gungsinfrastruktur kann ohne Probleme erfolgen. BtL-ba­sierte Otto- oder Dieselkraftstoffe zeichnen sich durch ein günstigeres Emissionsverhalten als fossil basierte Kraft­stoffe aus, da BtL-basierte Kraftstoffe schwefelfrei sind und arm an aromatischen Verbindungen. Eine Anpassung der BtL-Erzeugungsverfahren an sich ändernde Kraft­stoffstandards, die möglicherweise bei der Einführung neuer Verbrennungsverfahren in zukünftigen Motoren­generationen notwendig werden kann, ist technisch machbar.

In Deutschland konnte bislang keine BtL-Produktion eta­bliert werden. Zwar wurde in Freiberg/Sachsen mit der Errichtung einer Demonstrationsanlage für eine Jahres­produktion von 15 000 Tonnen/Hektar begonnen; nach der Insolvenz des realisierenden Unternehmens im Jahre 2011 und dessen zwischenzeitlicher Zerschlagung ist mit einer Inbetriebnahme in naher Zukunft jedoch nicht zu rechnen.

In Skandinavien ist die Entwicklung weiter fortgeschrit­ten, dort wurden erste Demonstrationsanlagen auf Basis von Schwarzlauge, einem Nebenprodukt der Zellstoff- und Papierproduktion, in Betrieb genommen. Ebenso wurde in Frankreich mit der Realisierung von Demonstra­tionsanlagen begonnen.

BtL-Kraftstoffe können mittel- und langfristig eine große Marktbedeutung erlangen. Das sich abzeichnende Poten­zial von BtL-Kraftstoffen ist deutlich höher als das von Biodiesel und Ethanol auf Basis von Getreide oder Zu­cker. Die BtL-Produktion kann auf Basis jeder festen Biomasse erfolgen, ein Umstand, der insbesondere der Nutzung von Rest- und Koppelprodukten oder von Ener­giepflanzen entgegenkommt. Bei der Ganzpflanzennut­zung sind deutlich höhere Erträge pro Hektar möglich als beispielsweise bei der Rapsproduktion. Unter technisch günstigen Voraussetzungen könnten auf einer Fläche von 2 Mio. Hektar ca. 25 Prozent des heutigen jährlichen Ver­brauchs an Dieselkraftstoff erzeugt werden.

b. Biotechnologisch erzeugte Kohlenwasserstoffe zur Nutzung als Kraftstoff

Zur Herstellung von flüssigen Kohlenwasserstoffen unter Einsatz von biotechnologischen Verfahren werden in der Forschung und Entwicklung derzeit zwei Lösungsansätze verfolgt.

Bei der indirekten Erzeugung findet eine Kombination von biotechnologischer Herstellung einfacher Verbindun­gen (z. B. von Alkoholen) als Intermediate mit einer an­schließenden chemisch-katalytischen Konversion zum Endprodukt statt. Vorteil hierbei sind die meist schon re­lativ hohen Ausbeuten und Produktivitäten der Zwischen­produkte sowie die bereits etablierte Folgechemie.

Einen alternativen Lösungsansatz dazu stellt die direkte Herstellung geeigneter Kohlenwasserstoffe durch Mikro­organismen dar. Dieses Verfahren hätte gegenüber der „indirekten“ Produktion den Vorteil, dass die Notwendig­keit für die kosten- und energieintensiven chemischen Konversionsverfahren entfallen würde. Die generelle Machbarkeit der biotechnologischen Herstellung von flüssigen Kohlenwasserstoffen konnte von US-amerika­nischen Arbeitsgruppen bereits gezeigt werden. Dabei wurden modifizierte Hefen und E. coli-Bakterien als Pro­duktionsorganismen eingesetzt. Trotz noch relativ gerin­ger Ausbeuten sind die erzielten Ergebnisse vielverspre­chend. Es besteht jedoch vor allem in Europa noch erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf in die­sem Bereich.

->Quellen: