Workshop II
Wie viel Klimaschutz verträgt ein „Autoland“ oder wie viel braucht es?
Das Klima schützen wollen wir alle, aber wenn es konkret wird, treffen klima-, wirtschafts-, industrie- und umweltpolitische Ziele aufeinander. Ist das Mantra von der „Grünen Wirtschaft“, in der sich die unterschiedlichen Zielsetzungen harmonisch miteinander vereinen und sich sogar am Ende des Tages damit „schwarze Zahlen“ schreiben lassen, nur ein Mythos? Setzen sich die Industrie und Wirtschaft mit ihren Vorstellungen letztendlich nicht immer durch, weil sie auch auf ihre Rolle als Jobmotor und Wohlstandträger hinweisen? Wie viel Klimaschutz wollen wir und wie viel können wir uns leisten?
Mehr Klimaschutz ist heute schon machbar – Technisch sind die EU-Flottengrenzwerte, die ab 2020 erst gelten heute schon erreichbar; so die Auffassung vieler Teilnehmer des Workshops. Allerdings tue die Automobilindustrie nicht genug. Die Diskussion um die Anrechnung von „Super Credits“ auf den Flottenausstoß bremse die Entwicklung neuer und wirtschaftlich vielversprechen-der Technologien. Vertreter der Autoindustrie im Workshop bestehen allerdings auf Anreizsyste-men, die international gleich sein sollten.
Autoindustrie sollte ambitionierter sein – Die Autoindustrie sollte nach Ansicht vieler Teilneh-mer des Workshops ambitionierte [[CO2]]-Standards nicht als „besorgniserregend“ begreifen, sondern als Herausforderung akzeptieren! Gerade die Hersteller von Modellen im Premium-Segment in Baden-Württemberg sollten Klimaschutzforderungen annehmen und offensiv entsprechende Tech-nologien entwickeln. Jüngere Studien belegen, dass durch ambitionierte Grenzwerte auch Verbes-serungen an den herkömmlichen Antriebssystemen durch innovative Technik und die Entwicklung alternativer Antriebssysteme befördert und so Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen werden können.
Internationale Konkurrenz schläft nicht beim Klimaschutz – Die Autoindustrie steht mehr als andere Wirtschaftszweige im internationalen Wettbewerb. Im weltweiten Markt müssen Produkte sich rasch verändern, um dem globalen Anspruch gerecht zu werden (Bsp. Regulierung bei Luftschadstoffen in China). Deshalb sollten besonders Hersteller aufwändiger und anspruchsvoller Automobile bei der Reduktion von [[CO2]]-Emissionen Vorreiter sein, denn die internationale Kon-kurrenz wird mit klimafreundlicheren Modellen versuchen, Marktanteile zu erobern. Deutschlands Innovationsvorsprung sollte nicht aufgegeben werden.
Klimaschutz lohnt sich für Verbraucher, Gesellschaft und Wirtschaft – für Investitionen von 1000 € in klimafreundlichere PKW (bei einem Grenzwert von 95 g/km) können Verbraucher pro Jahr 300 € bis 400 € an Treibstoffkosten sparen. Diese Einsparpotenziale beziehen sich auf heute schon verfügbare also schnell umsetzbare Technologien. Finanzielle Einsparungen vor allem bei absehbar teurer werdenden Ölimporten ließen sich für Investitionen bei Herstellern und Zulieferern nutzen. Auch neue Geschäftsmodelle sollten angedacht werden.
Klimafreundlichkeit ist technisch aufwändig – Die Autoindustrie steht bei der Produktion klimafreundlicherer Wagen vor der Entscheidung, welcher Technologie bei den volumenstarken Modellen die Zukunft gehört. Paralleles Entwickeln und Vorhalten der Verbrennungs-, der Elektro- und der Hybrid-Technik sei aber teuer, betonen Vertreter der Automobilindustrie. Bei konventionellen Antrieben wie dem Verbrennungsmotor sind die technischen Potentiale noch längst nicht ausgeschöpft. Der Betrieb mit klimaneutral erzeugtem Treibstoff hingegen scheitert derzeit noch an hohen Kosten.
CO2-Einsparungen pro PKW werden abnehmen – in den vergangenen fünf Jahren hat die Reduktion des CO2-Ausstoßes pro PKW und Kilometer durch technische Weiterentwicklungen um 4% pro Jahr abgenommen. Damit ist für die Zukunft nicht mehr zu rechnen, weil die naheliegen-den und schnell zu verwirklichenden Potentiale ausgeschöpft sind. Die Einsparraten werden zukünftig langsamer wachsen.
Dienstwagenprivilegien abbauen und Instrumente kombinieren – mehrheitlich sprach sich der Workshop dafür aus, bei der Absetzbarkeit von Dienstwagen die Umweltverträglichkeit deutlich stärker zu berücksichtigen. Eine Kombination aus Regulierung (Flottengrenzwerte), einer strikteren Koppelung der Kfz-Steuer an die Höhe des CO2-Ausstoßes und verbesserte Verbrauchskenn-zeichnung bei Pkw seien auch in Deutschland dringend nötig. Andere Länder seien damit bereits erfolgreich.
Hersteller werden mehr und mehr zu Mobilitätsanbietern – Die klassischen Automobilhersteller im Volumengeschäft werden sich mehr und mehr wandeln zu Mobilitätsanbietern. Car-sharing, neue Leasing-Modelle und Pauschal-Versorgung mit Mobilitätsdienstleistungen und klimaneutralen Treibstoffen werden schon punktuell erprobt und angeboten. Das sei zu fördern, so die mehrheitliche Auffassung des Workshops.
Rahmenbedingungen müssen verlässlich sein – Wenn künftig Mobilität mehr und mehr als Gesamtsystem von Mobilitätsdienstleistungen jenseits des reinen Individualverkehrs begriffen wird, dann müssen auch die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen klar und verlässlich formuliert werden. Die Politik sollte technologieneutrale Leitplanken setzen, sie allerdings auch flexibel an neue Gegebenheiten anpassen. Regulierung muss dabei dynamisch erfolgen. Aus verständlichen Gründen ist der Sorge der Industrie um Investitions- und Planungssicherheit Rechnung zu tragen. Dieser Umbau-Prozess dürfte ein bis zwei Jahrzehnte dauern.
->Folgt: Workshop III – Mit welchen Prinzipien und welchen Strukturen wird die Energiewende ein Erfolg?