Vorschläge der Ethik-Kommission aufgreifen
National darf die Energiewende nicht länger nur ein Spielball widersprüchlicher Einzelinteressen und politischen Zauderns sein. Der steigende Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids, dass veraltete Braun- und Steinkohlekraftwerke um die Wette laufen und klimagerechtere Energieanlagen verdrängen, dass CO?-Zertifikate unwirksam sind, dass der Strompreis für die Bürger steigt, während er an der Börse so niedrig wie nie ist – das sind Folgen einer Politik zu Gunsten von Einzelinteressen. Seit den Beschlüssen zur Energiewende im Sommer 2011 ist wertvolle Zeit vertan worden, in der die Energiewende auf Technik reduziert wurde und dem Wettbewerb von Parteien und Interessen überlassen wurde. Die Ethik Kommission Sichere Energieversorgung hatte schon damals richtigerweise darauf hingewiesen, dass zu guter Technik auch der Mut zum politischen Management eines Gemeinschaftswerkes gehört. Für das Aufgreifen der damaligen Vorschläge ist es noch nicht zu spät.
Leitplanken für Zukunftsfähigkeit fehlen
Es fehlen ökologische und soziale Leitplanken für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Kaum deutlicher wird das angesichts der Tatsache, dass rund ein Drittel aller auf der Welt erzeugten Nahrungsmittel verkommen, verfaulen und weggeworfen werden. Das ist Unsinn, Anmaßung und Frevel im Gegenwert von Hundertausenden Menschenleben und obendrein auch noch mehr als drei Milliarden Tonnen Kohlendioxidemissionen. Bodenzerstörung, Vertreibung und die Aneignung von Land für zweifelhafte Zwecke oder mit illegalen Mitteln sind die Folge. Indessen werden auch weitere soziale Folgen nicht-nachhaltiger Trends an aktuellen Beispielen immer drängender. So erreicht das Zusammenspiel von Individuum, Internet-Maschine und Datenwelten ein neues Niveau, das aus privaten Internet-Aktivitäten viele unkontrollierte Informationen erzeugt und zur Vermarktung und Überwachung freigibt. Das stellt Politik, Demokratie und Eigenverantwortung auf die Probe, insbesondere auch vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit und eines noch erst zu schaffenden und besser einzuübenden Miteinanders von Politik, Medien und Bevölkerung. Das fordert die Kommunikationsfähigkeit und die Arbeit der Bildungseinrichtungen aller Arten heraus. Soll Nachhaltigkeitspolitik gelingen, hängt das auch von ihren Bemühungen ab.
Liste nicht-nachhaltiger Trends bedrohlich lang
300 Jahre nach der Erstveröffentlichung des Standardwerkes zur Nachhaltigkeit in Deutschland ist die Liste nicht-nachhaltiger Trends bedrohlich lang, länger jedenfalls als hier angedeutet. Die historischen Wurzeln des Nachhaltigkeitsgedankens verlangen eine praktische, grundlegende und vor allem aktuell-zeitgenössische Anwendung. Wir wenden uns an alle, die gegenwärtig das Koalitions- und Regierungsprogramm für Deutschland verhandeln; wir wenden uns aber auch an die Verantwortlichen in der Gesellschaft: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass die wichtigen Zukunftsfragen auf eine Weise beraten und gelöst werden, die der Ernsthaftigkeit der Probleme entspricht.
Unterzeichner: Alexander Bassen, Vera Gäde-Butzlaff, Alois Glück, Walter Hirche, Kathrin Menges, Jennifer Morgan, Alexander Müller, Lucia A. Reisch, Max Schön, Imme Scholz, Wolfgang Schuster, Marlehn Thieme (Vorsitzende), Olaf Tschimpke (stellv. Vorsitzender), Hubert Weiger sowie Generalsekretär Günther Bachmann
Quelle(n): nachhaltigkeitsrat.de/herbststatement-2013; nachhaltigkeitsrat.de; die angesprochene Bewertung der internationalen Experten ist hier nachzulesen