Quasthoff: „Wir machen uns nicht klar, wie sehr es uns alle – und zwar unmittelbar – betreffen wird.“
Das bekräftigte Schellnhuber später mit dem Hinweis darauf, dass er gegen den Vorwurf, er rede immer nur über das Jahr 2100, stets einwende, ein Kind, das heute geboren werde, habe angesichts der medizinischen Forschung gute Chancen, das Ende des Jahrhunderts zu erleben.
Schellnhuber: „Wir stehen vor der größten Leistung der Zivilisationsgeschichte“
Laut Schellnhuber ist es zwar zunächst Aufgabe des Wissenschaftlers, seine „Erzählung“ gut zu präsentieren, davor natürlich gute Forschung zu betreiben – aber es gebe ein Problem: „Wir stehen vor der größten Leistung der Zivilisationsgeschichte – wir müssen einen neuen Gesellschaftsvertrag schließen, über die Generationen hinweg – wir müssen uns antizipatorisch mit unseren Nachkommen versöhnen. das ist weit mehr als Nächstenliebe, das ist Fernstenliebe. Und das ist das einzige Narrativ, das wahr ist.“
Quasthoff nahm den Wahrheitsbegriff vom Beginn noch einmal auf: Qualität im Künstlerischen könne nur gedeihen, wenn Wahrhaftigkeit dahinter stehe.“Wir werden diesen Planeten niemals ganz in unserem Sinne posotiv umkrempeln können, aber wir müssen anfangen, müssen kleine Oasen schaffen – und je mehr Menschen sich beteiligen, je größer die Oasen werden, desto mehr haben wir erreicht.“
194 Staaten müssen einstimmig die Zukunft der Welt regeln
Schellnhuber wies auf die bevorstehende Klimarahmenkonferenz in Polen hin: bei COP 19 (= Conference of Parties) müssten 194 Staaten einstimmig ein Abkommen beschließen, das die Zukunft der Welt regeln soll. Dabei dürften wir das Schicksal der Welt nicht den Nationalstaaten überlassen: „Die Zivilgesellschaft selbst muss die Verantwortung bei ihren Politikern einfordern.“
Quasthoff: „Ich würde mich als etablierter Künstler sehr schlecht fühlen, wenn ich nicht versuchen würde, die Menschen aufzurütteln. Es tut gut, sich für diese Dinge einzusetzen, die weit über unseren Horizont hinausgehen.“ Denn: Wenn man trotz Behinderung eine solche Karriere macht, wenn man so viel geschenkt bekommt wie ich, kann man sich auch mal einmischen.“ Es fehlten Visionäre, so Quasthoff, man dürfe die Politik nicht in Legislatur-Perioden einteilen – leider stürben die Persönlichkeiten aus.
Musik als Ermutigung
Schellnhuber arbeitet gerne mit der Stiftung Naturton zusammen, weil er aus der Musik eine Ermutigung zieht. Denn die Probleme könnten „einen sonst schon deprimieren – jeden Tag“.
Abschließend erinnerte Schellnhuber noch einmal an die große Verdrängungsleistung nicht nur der Deutschen: Obwohl die Dinge auf der Hand lägen, obwohl wir die Ozeane leerfischten, obwohl wir wüssten, dass wir das Klima stabilisieren müssen, hielten es viele für die einfachste Lösung, wegzuschauen und darauf zu hoffen, dass es schon gut wird – irgendwie – ohne dass man sich selbst engagieren müsse.
Die gemeinnützige Stiftung NaturTon wurde von den gesamten Musikern der Staatskapelle Berlin gegründet. Sie ist die Keimzelle der Initiative Orchester des Wandels. Mit der Stiftungsgründung unterstreichen die Orchestermusiker die langfristige und gemeinschaftliche Ausrichtung ihrer Umweltschutz-Arbeit. Das Stammkapital der Stiftung stammt aus dem Privatvermögen der Musiker. Mit Spenden und den Einnahmen von Benefiz-Veranstaltungen finanziert die NaturTon-Stiftung Umwelt- und Klimaschutz-Projekte in der ganzen Welt. Partner der Stiftung ist der WWF.
->Text und Fotos © ho – weitere Quelle(n): orchester-des-wandels.de; orchester-des-wandels.de/stiftung; pik-potsdam.de