Kernbotschaften der Studie
- Das Energiekonzept der Bundesregierung zur Energiewende vom September 2010 sieht für 2020 bzw. 2050 ambitionierte Leitziele vor. Sie sollten auf gesetzlicher Grundlage verbindlich gemacht werden, um langfristige Verlässlichkeit und Planungssicherheit zu schaffen, insbesondere für Energieeffizienz und Energieeinsparung.
- Erst durch eine ambitioniertere Strategie zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden, Geräten und Anlagen wird die Energiewende schon kurzfristig nicht nur für die Umwelt, sondern auch wirtschaftlich ein Erfolg. Diese Studie konzentriert sich dabei auf die wirtschaftlichen Vorteile im Strom- und Wärmesektor.
- Mit dem gegenwärtigen politischen Instrumentarium werden die Ziele sowohl der Bundesregierung (vgl. Energiekonzept von 2010) als auch der EU (vgl. Energieeffizienzrichtlinie (EED) von 2012) zur Energieeinsparung deutlich verfehlt („Einsparlücke“).
- Die Einsparlücke im Strom- und Wärmemarkt kann durch eine erhebliche Aufstockung der heutigen Förderung der Gebäudesanierung und mit zusätzlichen Programmen für Haushalte, GHD und Industrie, vor allem zur Stromeinsparung (z.B. bei Klimatisierung, Beleuchtung, Umwälzpumpen) geschlossen werden. Dass dies mit wirtschaftlichem Gewinn möglich ist, zeigt die dieser Studie zugrundeliegende Synopse aller vorliegenden gesamtwirtschaftlichen Analysen sowie eine aktuelle Simulation (Wuppertal Institut 2013) eines Beispielportfolios konkreter Programme1.
- Bis 2020 können mit diesen Programmen zusätzlich zum bisherigen Trend fast zehn Prozent des Stromverbrauchs und acht Prozent des Brennstoffverbrauchs (Heizenergie und Prozesswärme) eingespart werden. Private Haushalte, Industriebetriebe und andere Unternehmen können dadurch pro Jahr um mehr als 15 Milliarden Euro von Energiekosten entlastet werden, über die nächsten 35 Jahre um insgesamt fast 240 Milliarden Euro (Barwert).
- In den kommenden sieben Jahren würden rund 80 Milliarden Euro an zusätzlichen privaten Investitionen ausgelöst, die zur Aufstockung der niedrigen deutschen Investitionsquote und als Innovationsmotor dringend gebraucht werden. Das in diesem Bericht vorgestellte Maßnahmenportfolio ermöglicht einen Nettoarbeitsplatzeffekt von rund einer Million Personenjahren.
- Zur Überwindung einer Vielzahl von Hemmnissen und zur geplanten Verdoppelung der Modernisierungsrate im Gebäudebestand auf 2% pro Jahr müssen die Ausgaben für Förder- und Beratungsangebote wesentlich erhöht werden. Auf Basis heutiger Technikkosten und Förderkonditionen werden dafür statt heute rund zwei etwa 7,5 Mrd. Euro pro Jahr erforderlich. Davon sind etwa 5,3 Mrd. Euro Fördermittel, die vor allem den Haushalten bzw. Gebäudeeigentümern zugute kämen, aber auch Unternehmen in Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Industrie profitieren von den Förder- und Anreizprogrammen mit ca. 1,2 Mrd. Euro pro Jahr.
- Zur Finanzierung können verschiedene Quellen herangezogen werden. Für die bisherigen Förderprogramme aus dem Bundeshaushalt (vgl. KfW-Programme) sollten die Haushaltsmittel erheblich aufgestockt und langfristig verstetigt werden. Weitere Finanzierungsoptionen können z.B. sein: Erlöse eines wieder funktionstüchtigen EU-Emissionshandels, der Abbau umweltschädlicher Subventionen oder die Einführung einer – bezogen auf die Kilowattstunde – sehr geringen Energiesparabgabe („Einspar-Zehntelcent“) auf Strom und Brennstoffe. Würde die Stromsteuer nicht um 0,5 Cent/kWh sondern nur um 0,25 Cent/kWh gesenkt und die verbleibende Einnahme von 0,8 Mrd. Euro pro Jahr für Programme zur Stromeinsparung verwendet, könnten die VerbraucherInnen und Unternehmen daraus bis 2020 eine zusätzliche Energiekostenentlastung von jährlich 4,2 Mrd. Euro erhalten.
- Art. 7 der EED lässt offen, ob und inwieweit die verbindlichen nationalen Energiesparziele durch eine Verpflichtung der Energiewirtschaft erfüllt werden. Insofern kann ein Teil der hier vorgeschlagenen Einsparungen und die entsprechende Finanzierung auch durch eine Verpflichtung der Energiewirtschaft erbracht werden.
- Die Förderung, die aus dem Bundeshaushalt (vor-)finanziert wird, führt durch volkswirtschaftliche Folge- und Multiplikatoreffekte (z.B. neue Geschäfts- und Innovationsfelder, mehr Beschäftigung) zu Steuermehreinnahmen sowie Ausgabensenkungen, die in der Summe die Förderkosten überkompensieren: die Selbstfinanzierungsquote dieser Programme ist größer als 1.
- Essenziell für die verstetigte Wirkung der Förderprogramme ist ein Rechtsanspruch auf Förderung, um für InvestorInnen und AnbieterInnen von Gebäudesanierung und energieeffizienten Geräten und Anlagen Sicherheit zu schaffen. Das bisherige Stop and Go vieler haushaltsfinanzierter Förderprogramme ist für die Marktentwicklung nachteilig.
- Für die erfolgreiche Umsetzung dieses anspruchsvollen Programms ist eine effiziente bundesweite Koordination der Programmgestaltung und -umsetzung durch eine Energieeffizienzagentur des Bundes sowie die Bündelung der Finanzmittel für eine ambitioniertere und zielgerichtete Energieeffizienzstrategie in einem Energiesparfonds erforderlich. Durch die konsequente Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) – ohne Inanspruchnahme von Ausnahmen – würden die ambitionierteren Einsparziele der Energiewende und die hierdurch möglichen wirtschaftlichen Vorteile wirkungsvoll unterstützt.
- Vorgeschlagen wird die Neugründung einer Bundesagentur für Energieeffizienz und Energiesparfonds (BAEff), die mit einem erweiterten Mandat die notwendigen Kompetenzen von nationalen Energiesparakteuren bündelt, personell verstärkt und mit der Vielzahl regionaler Effizienzakteure vernetzt. Der BAEff wird auf gesetzlicher Grundlage die Prozessverantwortung für das Erreichen der Energiesparziele der EED sowie des langfristigen Energiekonzepts der Bundesregierung übertragen.
- Die BAEff nimmt insofern ihre Ausgaben wahr a) im Rahmen einer „polyzentrischen Governancestruktur“ der deutschen Energieeffizienzpolitik und b) soweit wie möglich durch wettbewerbliche Prozesse (z.B. Ausschreibung der Umsetzung von Energiesparprogrammen). Sie koordiniert und evaluiert die zielkongruente Programmumsetzung und Mittelvergabe durch KfW und Banken sowie regionale und lokale Energieagenturen, Verbraucherzentralen, Energieunternehmen, lokale Netzwerkknoten für Gebäudesanierung und andere Programmpartner.
1 Diese Programme sind exemplarisch und dienen vor allem dazu, die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit von Energieeffizienzmaßnahmen zu verdeutlichen, trotz des mit Ihnen verbundenen finanziellen Aufwandes. Ein reales durch die Politik zu implementierendes Regulierungs- und Förderportfolio ist konkret zu entwickeln.
->Quelle(n): wupperinst.org; solarify.eu/BAEff_Zusammenfassung.pdf