Kostspieliges Zaudern

Anfängliche Kosten letztendlich relevanter als Gesamtkosten

„Zum ersten Mal werden in unserer Studie die kurzfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen des klimapolitischen Zauderns als Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels benannt“, sagt Luderer. „Ökonomen untersuchen meist, wie sich die Dinge langfristig entwickeln – Entscheidungsträger dagegen machen sich verständlicherweise Sorgen über die zusätzlichen Belastungen für Menschen und Unternehmen, für die sie im Augenblick verantwortlich sind. Höhere kurzfristige Kosten könnten Entscheidungsträger deshalb davon abhalten Umgestaltungsprozesse anzustoßen. So könnten die anfänglichen Kosten letztendlich relevanter als die Gesamtkosten sein.“

Auswirkungen auf Energiepreise

Die Wissenschaftler untersuchten eine Reihe wirtschaftlicher Indikatoren, unter anderem auch die Auswirkungen von Klimapolitik auf die Energiepreise. Sollten sich Emissionsminderungen bis über 2030 hinaus verzögern, könnte sich nach deren Einführung das weltweite Energiepreisniveau kurzfristig um 80 Prozent erhöhen. Solche Preisanstiege sind besonders relevant mit Blick auf die Belastungen armer Bevölkerungsschichten. In der Vergangenheit haben vergleichbare Preisanstiege in Entwicklungsländern bereits zu massivem öffentlichen Protest geführt, wie etwa 1998 in Indonesien nach dem Abbau von Energiesubventionen. Würde eine am 2-Grad-Ziel ausgerichtete internationale Vereinbarung bis 2015 getroffen, könnten kurzfristige Energiepreiserhöhungen auf 25 Prozent begrenzt werden.

Neben der globalen Klima-Architektur ist die Verfügbarkeit von emissionsarmen Technologien ein zweiter entscheidender Faktor für die Kosten des Klimaschutzes, so die Wissenschaftler. Langfristig könnten Technologien zur Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre notwendig werden, um Klimaziele zu erreichen. Besonders trifft das auf die Nutzung von Bioenergie kombiniert mit CCS zu,  bei der Pflanzen CO2 aufnehmen, und die bei der Verbrennung der Biomasse entstandenen Emissionen unterirdisch verpresst werden. Fallen diese Technologien aus technischen oder politischen Gründen weg, würde sich die Untergrenze der zu vertretbaren Kosten erreichbaren Klimaziele um 0,3 Grad nach oben verschieben. Je länger sich verbindliche und umfassende Emissionsminderungs-Verpflichtungen verzögern, desto stärker wird die Welt auf diese Technologien angewiesen sein, um das 2-Grad-Ziel zu erreichen.
Folgt: Schon heute 1,7 Grad realistisch – und: Die Grenzen des Erreichbaren