Umweltbericht: Klimawandel angekommen – Artenvielfalt gefährdet – nur acht Prozent der Fließgewässer haben intaktes Ökosystem – Millionen Menschen leiden unter Lärm
Johannes Remmel, grüner NRW-Klimaschutzminister, warnt im neuen Umweltbericht seines Ministeriums, das Artensterben schreite „auch in NRW voran“. Eine entscheidende Rolle dabei spiele der Klimawandel. Im Durchschnitt sei die Temperatur in NRW in 30 Jahren um ein Grad gestiegen. Remmel: „Die Festplatte der Natur wird unwiederbringlich gelöscht“.
Fast die Hälfte der beobachteten Arten gefährdet oder ausgestorben
Die Zahl der ausgestorbenen oder verschollenen Arten sei in Nordrhein-Westfalen mit mehr als neun Prozent so hoch wie nie. 1979 seien es bereits fünf Prozent gewesen. Insgesamt sind nach der jüngsten Roten Liste etwa 45 Prozent der beobachteten Arten gefährdet, vom Aussterben bedroht oder ausgestorben. „Wir konnten zwar zwischen 1999 und 2011 eine weitere Verschlechterung bei verschiedenen gefährdeten Arten durch eine aktive Naturschutzpolitik abwenden. So sind Weißstorch, Uhu und Biber wieder an vielen Stellen im Land heimisch geworden. Trotzdem gilt weiterhin, dass etwa die Hälfte der rund 3.000 seit 1979 beobachteten Tier- und Pflanzenarten in ihrer Existenz bedroht sind“, sagte Umweltminister Johannes Remmel bei der Vorlage des aktuellen „Umweltberichtes NRW 2013“ in Düsseldorf.
Besorgniserregend sei vor allem, dass die Gefährdung typischer Arten der Feldflur und bisher ungefährdeter „Allerweltsarten“ deutlich zunehme. „Täglich verschwinden weltweit Arten unwiederbringlich, gegenwärtig ist die Aussterberate weltweit 100 bis 1000 Mal höher als die natürliche Aussterberate und das hat auch Folgen für uns Menschen. Denn wir sind dabei, die Festplatte unserer Natur zu löschen“, erklärte Remmel. Zu den in NRW in den letzten Jahrzehnten ausgestorbenen Arten zählen etwa die Rohrdommel, das Birkhuhn und die Kornrade. Weitere Tierarten wie Kreuzotter, Gelbbauchunke, Mopsfledermaus und Feldhamster drohen in absehbarer Zeit zu verschwinden, wenn nicht gegengesteuert wird.
Vielfältige Gefährdungen – vor allem Flächenverbrauch und Klimawandel
Die Ursachen für diesen alarmierenden Befund seien, so Minister Remmel, neben den Folgen der Industrialisierung der weiterhin hohe Flächenverbrauch auf Kosten der Natur, eine intensive Landwirtschaft und eine zum Teil nicht standortgerechte oder zu intensive Wald-Bewirtschaftung. Als weitere Gefährdung kommen gebietsfremde Arten hinzu, die einheimische Arten verdrängen können. „Dabei spielt der Klimawandel eine entscheidende Rolle. Wir stehen hier vor neuen Herausforderungen für die Sicherung und Entwicklung der Artenvielfalt“, sagte Minister Remmel. „Die Folgen des Klimawandels werden auch Bestandteil unserer Biodiversitätsstrategie sein, die derzeit erarbeitet wird. Das Ziel der Strategie wird sein, Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt in NRW zu entwickeln.“ Darüber hinaus kündigte der Minister eine Neuausrichtung der Naturschutzgesetzgebung des Landes an, mit dem zentralen Ziel, das wertvolle und vielfach bedrohte Naturerbe in NRW zu bewahren. Hierzu wird das Landschaftsgesetz zu einem NRW-Naturschutzgesetz ausgebaut.
Die Zahlen zur Gefährdung und zum Artensterben in NRW stammen aus dem aktuellen Umweltbericht des Landes NRW. Zum dritten Mal nach 2006 und 2009 werden in einem Umweltbericht für Nordrhein-Westfalen Zustand und Entwicklung der Umwelt sowie die aktuellen umweltpolitischen Handlungsfelder anhand von 27 Umweltindikatoren ausführlich dargestellt. Der rund 140 Seiten umfassende Bericht stellt den Zustand von Luft, Wasser, Boden, Abfall und Naturschutz dar. Hinzu gekommen sind neue Herausforderungen, etwa der Klimaschutz und die Folgen des Klimawandels. Nach dem Umweltinformationsgesetz Nordrhein-Westfalens muss der Bericht spätestens alle vier Jahre vorgelegt werden. Das Ziel des aktuellen Berichts ist laut Minister Remmel, allen Bürgerinnen und Bürgern Informationen über die Umweltbedingungen kompakt und leicht erreichbar zur Verfügung zu stellen.
Folgt: Weitere wichtige Erkenntnisse des neuen Umweltberichtes sind laut Ministerium