Kontroverse über „Top Down“ oder „Bottom Up“
Renn warf ein, dass Incentives dabei hilfreich seien – aber Top-Down sei ein ebenso wichtiges Instrument. Dem widersprach Schlögl: „…das ist für mich inakzeptabel – ich will nicht von oben erfahren, wie ich kommunizieren soll – es muss aus uns selbst kommen. Open Access heißt: wir müssen die Kontrolle über die wissenschaftliche Kommunikation den Wissenschaftlern (zurück) geben.“ Wir müssten das gegenwärtige System der Begutachtung von Leistung über Kommunikation ändern. „Wir in der MPG haben dafür sehr leistungsfähige Verfahren entwickelt, aber das ist nicht üblich in den meisten Situationen wissenschaftlicher Qualitätsbeurteilung.“
Neylon verteidigte den Top-Down-Ansatz: „Einer der Zwecke von OA ist Qualität – und trotzdem muß wissenschaftliche Information allgemein zugänglich sein und nicht in Elefenbeintürmen gehortet werden“. Für Renn ist dabei die „Verteidigung der spezifischen Interessen der Forscher wichtig“. Schlögl ging noch einmal auf das Problem von Top-Down ein: „Man nimmt an, die einzig richtige Lösung zu kennen und implementiert sie – aber wer kann das wissen? Für mich ist der Top-Down-Weg ein Problem, ich plädiere für einen von den Wissenschaftlern getragenen Weg der mehrfachen Lösungsansätze.“
Renn gab darüber hinaus zu bedenken, dass das Publizieren ein „vergangenheitsabhängiger Prozess sei – er sei „abhängig von der Art, wie wir den Prozess implementiert“ hätten. Das sei in den neuen Medien anders. „Wir sind im öffentlichen Diskurs dazu gekommen zu glauben, daß OA die angemessene Form wissenschaftlicher Kommunikation im 21. Jahrhundert sei. Aber wie die Konsistenz sichern auf dem langen Weg ihrer Einführung?“
Dazu Schlögl: „Verschiedene zeitabhängige Vorgänge in der Chemie führen zu verschiedenen Resultaten – es gibt auch in der Kommunikation viele verschiedene Wege – nicht: ‚einer muss für alle taugen‘ – Die Energiewende ist ein Beispiel: Da gab es durch Fukushima einen starken äußeren Einfluß – die Energiewende selbst ist ein langer Weg, aber Fukushima bedeutete einen einschneidenden Impuls.“
Neylon: „Wir müssen gleiche Standards fordern, wir brauchen nachweislich konsistente Verfahren, wie wir miteinander kommunizieren. Ich bin unglücklich, wenn politische Notwendigkeit einen bestimmten wissenschaftlichen Weg verlangen will. Forschungsmittel dürfen nicht den Inhalt und den Weg bestimmen.“
Schlögl: Wir müssen den unterschiedlichen wissenschaftlichen Communities die Entscheidung darüber überlassen, wie der Kontroll-Mechanismus aussieht, wie kontrolliert werden soll (das geht nicht bottom up), wie sichergestellt werden kann, dass am Ende die erzielten wertvollen Forschungsergebnisse nicht verlorengehen.“
Renn: „Selbst-Monitoring-Prozess, selbst-reflektiven Prozess installieren„
Renn verlangte, Experimente müssten vergleichbar sein, „mit anderen Experimenten, mit Voraussagen und Erwartungen – was wäre, wenn alle Institute, die am Berliner Prozess beteiligt sind, einen Selbst-Monitoring-Prozess installierten – einen selbst-reflektiven Prozess? Wir sollten OA mit seinen Erfahrungen in diesem institutionellen Sinn implementieren. Gleichzeitig die Kontrolle darüber behalten, was wir tun – die Rechenschaftspflicht erfüllen“.
Einer müsse dabei – laut Schlögl – „den Hut aufhaben – den hat schließlich der Präsident, der Rektor, der Dekan auf – besser eine Kommission für OA als einen OA-Kommissar!“ Neylon erweiterte den Vorschlag: „Die Narrative, die Software ist nicht genug – wir müssen die ‚Data about the Data‘ kommunizieren – wie ist das Ergebnis zustande gekommen? Mit welchen Forschungsmitteln?“ Abschließend wies Schlögl auf die Diversität der OA-Mitglieder hin – die müssten sich dennoch auf einen Datensatz einigen, der jeweils berichtet werden soll.
->Quelle: ho (auch Fotos)