5 Die Versorgungssicherheit marktkonform gewährleisten
*7. Mit dem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien und dem beschlossenen endgültigen Atomausstieg bis 2022 stellen sich neue Herausforderungen für die Gewährleistung von Versorgungssicherheit. Unter den aktuellen Marktbedingungen ist weder der Bau neuer flexibler noch der Weiterbetrieb bestehender Gaskraftwerke gesichert. Um die Bereitstellung ausreichender und flexibler Erzeugungskapazitäten zu gewährleisten, werden zurzeit verschiedene Ansätze für Kapazitätsmärkte und eine strategische Reserve kontrovers diskutiert. Kapazitätsmärkte sind letztlich Fördermechanismen für neue oder den Erhalt alter Kraftwerke oder reizen Flexibilitätsoptionen an. Die strategische Reserve ist eine Absicherung gegen Situationen mit Versorgungsengpässen. In solchen Situationen stehen die ansonsten aus dem Markt genommenen Kraftwerke bereit.
Die Einführung von Kapazitätsmärkten birgt Risiken. Bei falscher Ausgestaltung, so zum Beispiel, wenn der Neubaubedarf überschätzt wird oder Vorgaben zur Flexibilität oder zur Begrenzung der CO2-Intensität fehlen, besteht die Gefahr, dass die Transformation der Stromversorgung blockiert wird oder hohe Förderkosten entstehen. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Kapazitätsmarkt für die Versorgungssicherheit mittelfristig notwendig sein wird. Jede neue Marktintervention bedarf aber vorab einer sorgfältigen Prüfung, um eine falsche Ausgestaltung zu vermeiden.
Insgesamt erachtet der SRU den Vorschlag einer strategischen Reserve als das geeignetere Instrument, da dieser den geringsten Eingriff in den Energiemarkt darstellt. Durch die Herausnahme von Kraftwerken aus dem Strommarkt, die nur bei Versorgungsengpässen in Betrieb gesetzt werden, werden die Ertragsmöglichkeiten in diesem Markt verbessert.
6 Die Kostendebatte versachlichen
*8. Die grundlegende Reformbedürftigkeit des EEG wird in der öffentlichen Diskussion oft damit begründet, dass das EEG hohe Stromkosten verursache, deren weiteres Anwachsen gestoppt werden müsse. Allerdings werden in dieser Diskussion verschiedene Argumentationsebenen vermengt. Erstens wird der Strompreisanstieg der letzten Jahre einseitig mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien erklärt. Zweitens konzentriert sich die Auseinandersetzung auf einen Indikator, der zur Ermittlung der tatsächlichen Förderkosten der erneuerbaren Energien ungeeignet ist. Drittens werden die resultierenden sozialen Probleme und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Entwicklungen überzeichnet. Der SRU warnt ausdrücklich vor solchen Fehldeutungen. Die Verdoppelung des Haushaltsstrompreises im Laufe der letzten Dekade war vor allem durch den Kostenanstieg der fossilen Energieträger getrieben. Zudem ist die EEG-Umlage als Indikator für die Kosten der erneuerbaren Energien untauglich. Die Umlage – als Differenz zwischen Einspeisevergütung und Marktpreis – steigt unter anderem, weil die großzügigen Befreiungen für eine Reihe von Industrieunternehmen auf alle anderen Stromkunden umgelegt werden. Zu einer Steigerung führt paradoxerweise auch, dass der Börsenstrompreis wegen sinkender CO2-Preise und der wachsenden Einspeisung erneuerbarer Energien fällt. Beide Effekte stellen aber keine Förderkosten für die erneuerbaren Energien dar. Fehlerhafte Indikatoren können zu fehlerhaften Reformen führen, die den Ausbau der erneuerbaren Energien bremsen und damit das Gesamtziel der Energiewende gefährden würden.
Der SRU empfiehlt daher zum einen, einen besseren Indikator dafür einzuführen, ob das Portfolio der erneuerbaren Energien kostengünstiger wird oder nicht. Hierfür eignet sich die durchschnittliche EEG-Vergütung für Neuanlagen. Zudem sollte ein umfassender volkswirtschaftlicher Kostenbegriff verwendet werden. Dieser muss die gesamten, den erneuerbaren Energien zuzuordnenden Kosten mit den – insbesondere auch externen – Kosten vergleichen, die beim Aus- und Umbau der fossilen Energieversorgung entstehen (Differenzkostenansatz).
Folgt: Die gleitende Marktprämie weiterentwickeln