7 Die gleitende Marktprämie weiterentwickeln
*9. Die erneuerbaren Energien wurden im EEG ursprünglich durch eine Festvergütung refinanziert. Dies ist kritisiert worden, weil in diesem Modell die Erzeugung nicht flexibel auf Marktsignale reagiert. Bereits im Jahre 2012 ist daher die Wahlmöglichkeit zu einer gleitenden Marktprämie eingeführt worden. Die gleitende Marktprämie vergütet den Teil der Kosten der erneuerbaren Energien, der nicht über die Markteinkommen gedeckt wird. Da die Marktpreise stark schwanken und schwerlich über Jahrzehnte prognostiziert werden können, passt sich die Höhe der gleitenden Marktprämie an die durchschnittlichen Börsenpreise an und federt damit einen Teil der langfristig kaum kalkulierbaren Marktrisiken für die erneuerbaren Energien ab.
Andere Modelle der Direktvermarktung (z. B. die fixe Marktprämie oder die Auktionierung) wälzen zu hohe Marktrisiken auf die erneuerbaren Energien ab, erhöhen die Refinanzierungskosten und damit die Förderkosten erheblich. Einen Entwicklungsbruch riskieren noch weiterreichende Vorschläge wie Quotenmodelle. Sie sind im Übrigen auch kostspieliger als eine technologiedifferenzierte Förderung.
Der SRU empfiehlt deshalb die gleitende Marktprämie für alle neuen Anlagen verpflichtend einzuführen. Seit ihrer Einführung im Jahre 2012 ist bereits die Hälfte der Leistung aus erneuerbaren Quellen in die Direktvermarktung übertragen worden, bei der Onshore- Windenergie sind es sogar 80 %. Es bestehen damit Praxiserfahrungen, die einen bruchfreien Übergang versprechen.
Der SRU empfiehlt jedoch, die Berechnungsgrundlage der Prämie so zu ändern, dass die Anreize gestärkt werden, Anlagen auf die Erhöhung des Marktwertes anstelle der erzeugten Strommenge auszurichten. Die gleitende Marktprämie soll nach Vorstellung des SRU so berechnet werden, dass die Erzeuger unter realistischen Bedingungen mindestens mit den gleichen Erlösen rechnen können wie bisher mit der festen Einspeisevergütung. Dabei sollten die realisierbaren Markterlöse sowie die Marktprämie technologie- und standortspezifisch auf Basis geeigneter Indikatoren berechnet werden. Anstelle einer 20- jährigen Förderbegrenzung soll ein Gesamtkilowattstundenkonto vorgesehen werden. Bislang konnte durch eine Auslegung der Anlage, die die Anzahl der produzierten Kilowattstunden im 20-jährigen Förderzeitraum maximiert, die absolute Fördersumme gesteigert werden. Das Kilowattstundenkontingent impliziert dagegen für alle Anlagen eine ähnliche absolute Fördersumme. Damit wird ein Gesamterlös gesichert, auch wenn nicht eingespeister Strom nicht mehr vergütet wird. Gleichwohl muss das Niveau der Marktprämie kontinuierlich der tatsächlichen Technologiekostenentwicklung folgen und auf ein energiewirtschaftlich sinnvolles und kostengünstiges Portfolio von erneuerbaren Energien ausgerichtet werden.
Wegen der zusätzlichen gravierenden ökologischen Folgen sowie unerwünschter Verlagerungseffekte sollte die Beendigung der Förderung von Anbau-Biomasse unbedingt erwogen werden.
Der SRU empfiehlt, die Vergütungshöhe durch eine Behörde festlegen zu lassen. Diese sollte, auf der Basis politisch gesetzter Ziele zu Ausbau und Portfolio, nach klaren Regeln und in einem transparenten Verfahren arbeiten. Auf Markt- und Kostenentwicklungen konnte durch die Festlegung der Vergütungssätze im EEG in den letzten Jahren nicht flexibel genug reagiert werden. Dies kann durch eine Behördenlösung besser erreicht werden.
8 Die Koordination im Bundeskanzleramt bündeln
*10. An der Umsetzung der Energiewende sind eine Vielzahl von Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beteiligt. Bereits einzelne Elemente der Energiewende, wie die Reform der Strommarktordnung sind komplex und erfordern eine hohe Koordinierungsleistung. Umso größer ist der Koordinationsbedarf zwischen den verschiedenen Elementen, zum Beispiel zwischen Netzausbau und Wachstum der erneuerbaren Energien oder der Klimapolitik und der Entwicklung der erneuerbaren Energien. In diesem Zusammenhang wird oft vorgeschlagen, die Kompetenzen für die Energiepolitik in einem eigenständigen Energieressort zu bündeln.
Hiergegen spricht allerdings eine Reihe von Gründen:
– Der Koordinationsbedarf reicht weit über den Zuständigkeitsbereich eines einzelnen Ministeriums hinaus. Entscheidungen für die Energiewende werden nicht nur auf Bundesebene, sondern in einem komplexen Mehrebenensystem getroffen und dezentral umgesetzt. Koordinationsbedarf besteht deswegen nicht nur zwischen den Bundesministerien, sondern auch bei der Abstimmung zwischen Bund und Ländern ebenso wie zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der EU.
– Die Energiewende liegt nicht nur in der Zuständigkeit des Wirtschafts- und Umweltministeriums. Auch andere Ressorts, beispielsweise das Verkehrsministerium, das Forschungsministerium oder das Landwirtschaftsministerium spielen eine wichtige Rolle. Eine Zusammenführung all dieser Aufgaben in einem Ministerium wäre unrealistisch.
– Darüber hinaus erhöht die interministerielle Auseinandersetzung über Sachfragen die Transparenz der politischen und fachlichen Entscheidungsgrundlagen.
– Schließlich fungiert jedes Ministerium auch als Ansprechpartner spezifischer Interessengruppen. Sind diese Interessen auf verschiedene Ressorts verteilt, befinden sich die Ministerien dadurch in einem Innovationswettbewerb, der in den vergangen Jahren durchaus auch als Triebkraft der Energiewende fungiert hat.
Sinnvoller als die Einrichtung eines Energieministeriums ist daher die institutionelle Unterlegung der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers bzw. der Bundeskanzlerin. Der SRU spricht sich dafür aus, im Bundeskanzleramt eine Steuerungseinheit im Range eines Staatsministers mit entsprechender Ressourcenausstattung zu installieren, deren Aufgabe der Interessensausgleich zwischen den Ressorts sowie eine Optimierung der Abstimmung zwischen Bund, Ländern und der EU ist. Hierdurch kann die Energiewende in ihrer Bedeutung als übergreifende Querschnittsaufgabe und als staatspolitische Koordinationsaufgabe zwischen Bund, Ländern und EU gestärkt werden.
Folgt: Die Detailsteuerung auf Bundesbehörden übertragen