Energiewende für Regierung industriepolitisches Problem und nicht gesamtgesellschaftliches Zukunftsprojekt
Auch der Koalitionsvertrag behandle den Transformationsprozess des Energiesystems vor allem als industriepolitisches Problem und nicht als gesamtgesellschaftliches Zukunftsprojekt. Es müsse gelingen, diese fatale Sichtweise erneut umzudrehen. Resch: „Die Chance besteht. Denn so ernüchternd sich die einschlägigen Passagen des Koalitionsvertrags lesen, so interessant erscheint die Mannschaft, die Sigmar Gabriel zur Umsetzung der Energiewende aufgestellt hat.“ Mit den neuen beamteten Staatssekretären Rainer Baake (Energie), Jochen Flasbarth (Umwelt) und Gerd Billen (Verbraucherschutz) habe der SPD-Parteivorsitzende geradezu demonstrativ ausgewiesene Fachleute und Befürworter der Energiewende für Schlüsselpositionen der Regierung rekrutiert. „Das macht Hoffnung, dass die Interpretationsspielräume des Koalitionsvertrags im Sinne der Energiewende genutzt werden“. Rainer Baake sammelte viele Jahre als grüner Staatssekretär in den Umweltministerien in Hessen und im Bund Erfahrung und bildete zwischen 2006 und 2012 gemeinsam mit Jürgen Resch die Doppelspitze der DUH.
Rosenkranz: Überzogene Preisdebatte lenkte ab
Der Leiter Politik und Presse der DUH, Gerd Rosenkranz (im Foto oben rechts), kritisierte, dass der Gesellschaft von den Gegnern der Energiewende im vergangenen Jahr eine überzogene Preisdebatte aufgezwungen worden sei, die von den wahren Herausforderungen der Energiewende abgelenkt habe. So seien seit der Jahrtausendwende zwar die Strompreise für Haushalte und den nicht privilegierten Mittelstand schneller gestiegen als die allgemeine Teuerungsrate.
Die energieintensive Industrie habe in den letzten Jahren jedoch wegen ihrer vielfältigen Entlastungen (Gesamtwert 2013: etwa 16,8 Mrd. EUR) bei gleichzeitig sinkenden Börsenpreisen von der Energiewende erheblich profitiert. Rosenkranz erinnerte daran, dass die „nationale Stromrechnung“ aller Verbraucher bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) heute wie 1991 bei etwa 2,6 Prozent des BIP liege. „Allein diese Zahl relativiert massiv die Dramatik, mit der einige durchs Land ziehen und jeden Tag die Deindustrialisierung Deutschlands beschwören, während jenseits der Grenzen unsere gewaltigen Exportüberschüsse beklagt werden.“ Die EEG-Umlage sei heute kein Indikator für die Kosten der Energiewende, sondern für schrumpfende Börsenpreise und explodierende Industrieprivilegien.
Folgt: EU-Verfahren wird Ausnahmen zurückdrängen