Bauen bei der Energiewende alle in die gleiche Richtung?
Aber wie sieht die Energiewende in Zukunft überhaupt aus und wer realisiert sie? Hier setzte eine Diskussionsrunde um Eveline Lemke, Wirtschaftsministerin der Grünen in Rheinland-Pfalz, und Hubert Weiger, Bundesvorsitzender vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) an.
Lemke betonte, ihr sei es wichtig, in Zukunft dezentrale Strukturen bei der Energieversorgung zu erhalten und zu fördern. Zurzeit laufe die Entwicklung da in die falsche Richtung. „Es muss möglich sein, eine Politik zu machen, die ein Ziel hat – und nicht nur Wettbewerb will.“ Das Problem: Sie habe gar nicht den Eindruck, so Lemke, dass alle das gleiche Ziel hätten, dass also „in dieser Republik alle in die gleiche Richtung bauen“. In Bayern etwa schüre Seehofer Ängste, die wenig mit der Realität zu tun hätten. Gerade die Debatte um die Verteilung der Kosten der Energiewende ähnele einer boshaften Kampagne.
Diese Beobachtung teilte Hubert Weiger. Der BUND-Vorsitzende sagte, die jetzige Kostendiskussion empfinde er als „schäbige Debatte, bei der Hartz IV-Empfänger gegen diejenigen ausgespielt werden, die in Erneuerbare investiert haben“. Die Not der Menschen in manchen Teilen des Landes habe nichts zu tun mit Investitionen in die Energiewende anderswo, etwa Solarpanels auf Dächern. Lieber solle man angesichts 1,4 Millionen Menschen, die in die Energiewende investiert hätten, stolz sein auf die „größte Bürgerbewegung, die wir in Deutschland je hatten“. Zudem handele es sich bei den Investoren gar nicht ausschließlich um Topverdiener, sondern um eine breite Bevölkerungsschicht.
Wie breit auch das Wissen um Fragen der Energiewende auf der Konferenz verteilt war, zeigte sich im folgenden Programmpunkt: Bei den „Let´s Talk“-Tischen fanden sich Referentinnen und Referenten und Teilnehmende zu kleineren Diskussionsrunden zusammen – und konnten durchaus voneinander lernen. Die einen zeichneten gemeinsam Schaubilder fortschrittlicher Strommärkte, tauschten Visitenkarten und Excel-Tabellen über Preisentwicklungen aus. Die anderen diskutierten, wie man die Energiewende besser vermitteln könnte, um eine breitere Akzeptanz zu schaffen.
Schon bei den „Let´s Talk“-Tischen waren die Runden international besetzt. Spätestens bei der abschließenden Podiumsdiskussion, als der tschechische Berater Jan Ondrich auf den NRW-Minister Johannes Remmel traf, wurde das Thema dann auf eine europäische Ebene gehoben. Neben den beiden diskutierten Bartlomiej Gurba von der Europäischen Kommission und Camilla Bausch vom Ecologic Institute, moderiert wurde das Ganze von Bastian Hermisson, dem Leiter des Brüsseler Büros der Heinrich-Böll-Stiftung.
Neben der Feststellung, dass über „the Energiewende“ auch offenbar international Redebedarf besteht, wurde auch klar: Es gibt klare Meinungsverschiedenheiten und Spannungen zwischen Europa und Deutschland, gerade was die Politik der Europäischen Kommission betrifft. So sah sich Bartolomiej Gurba mit zahlreichen Fragen zum Verfahren der Kommission gegen das EEG konfrontiert. Zudem wurden einige Vorwürfe geäußert – etwa, dass die Kommission dezentrale Strukturen und Bürgerbeteiligung zerstöre. Fest steht also: Es wird nicht die letzte Diskussion zur Energiewende in Deutschland und Europa gewesen sein.
->Quelle und Mitschnitte der wichtigen Vorträge und Diskussionen: boell.de