Wie Wirtschaftsminister Gabriel eine gute Technologie und Branche kaputt machen will – und wie die Möglichkeiten von Biogas Landwirtschaft und Energiewende befeuern könnten
von Walter Danner
Die Propaganda der fossilen Energiewirtschaft zeigt Wirkung. Angeblich können und wollen die Verbraucher die hohen Kosten der Energiewende nicht mehr tragen. Bei Biogas kommt noch dazu, dass die Landschaft „vermaist“ wird. So präsentierte das Wirtschaftsministerium in Berlin im Februar 2014 einen Vorschlag zum neuen EEG 2014, der nicht wie ein Vorschlag aussieht, sondern einem Kahlschlag gleichkommt.
Von der Bundesrepublik zur Bananenrepublik
Neben der Abschaffung der Boni für Luftreinhaltung und nachwachsende Rohstoffe, sollte gleich noch in den Bestand eingegriffen werden und Einspeisetarife sollten rückwirkend gekürzt werden. Diese Methoden kamen bisher nur in Bananenrepubliken vor! In Spanien hat vor mehreren Jahren bei der Photovoltaik ein derartiger rückwirkender Einschnitt in die Einspeisetarife die Investoren auf breiter Front verschreckt. Vielleicht ist das auch die Absicht von Wirtschaftsminister Gabriel in Verbindung mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft NRW, um der Braunkohle und damit der RWE wieder auf die Beine zu helfen.
Biogas – eine kurze Historie
Biogas und Strom aus Biogas ist eine lange bekannte Technologie. Tüftler und Ökofreaks haben die Biogastechnologie in den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts weiter entwickelt. Abfälle, Gülle, Mist und Futterreste waren die Einsatzstoffe. Die Biogasanlagen waren klein, verglichen mit heutigen Maßstäben. 100 kW elektrisch war schon eine sehr große Anlage. Heute liegt die durchschnittliche Größe einer Biogasanlage bei etwas unter 500 kW.
Der leider zu früh verstorbene Hermann Scheer, Eurosolar und Träger des alternativen Nobelpreises, propagierte Anfang 2000 mit dem Slogan „Vom Landwirt zum Energiewirt“ die Biogastechnologie. 2003/2004 wurden bei den Diskussionen und Anhörungen zur Novellierung des EEG wurde die Zweikulturnutzungs-Methode von Prof. Scheffer in den Mittelpunkt gestellt. Damit würden blühende Landschaften geschaffen, weil in Biogasanlagen Biomasse von Ackerkulturen zum Einsatz kommen kann, die sonst keinen Platz in der Landwirtschaft mehr hatten, wie Kleegras, Phacelia und andere Blühpflanzen. Vor dem inneren Ohr summten schon die Hummeln und Bienen und zwitscherten die Vögel. Doch es kam ganz anders.
Nachdem der Bonus für nachwachsende Rohstoffe (Nawaro- Bonus) in das EEG aufgenommen wurde, kamen keine Blühpflanzen, sondern Silomais in die Fermenter der Biogasanlagen. Und als dann der Nawaro-Bonus bei der Novellierung des EEG um 2 Ct/€ erhöht wurde, kam es zu einer Hausse beim Bau von Biogasanlagen. Sie wurden mit Silomais gefüttert, weil Mais die produktivste Pflanze auf deutschen Äckern ist. Die Propaganda gegen das EEG und die Biogasanlagen tat ihr Übriges und die Bevölkerung sah sich bald nur noch von Silomais umgeben.
Mit dem Einsatz von Ganzpflanzen-Silage aus Roggen und Gerste in Biogasanlagen, kam dann das Aus für viele Boden brütende Vogelarten, wie die Feldlerche. Ganzpflanzen-Silage wird etwa 2 Monate früher geerntet als das Getreide gedroschen wird. Mit Ganzpflanzen- Silage werden bereits im Mai, bevor die Bodenbrüter die Brut beendet haben, die Felder abgeerntet, gepflügt und neu angesät. Das ist zu früh für viele Vögel, die sich über Jahrtausende an einen anderen Rhythmus in der Landwirtschaft gewöhnt hatten.
Das rief die Naturschützer auf den Plan, die ja 2003 von blühenden Agrarlandschaften geträumt hatten. Jetzt war jede Biogasanlage ein weiterer Beitrag zur Verwüstung der Agrarlandschaft. Der Naturschutz wurde vom Unterstützer für Biogas zum Gegner von Biogas. Biogas war jetzt an allem schuld.
Die ökologischen Möglichkeiten durch Biogas bleiben dennoch weiterhin bestehen Trotz der teilweise negativen Entwicklungen im Bereich Biogas, bleiben die positiven Möglichkeiten bestehen, die von den Biogaspionieren ursprünglich gesehen wurden. Die Rahmenbedingungen müssen nur richtig gesetzt werden, um das Potential von Biogas zu nutzen. Biogas hat zwei Hauptvorteile, die für die Energiewende genutzt werden sollten:
- Pflanzen, die keine Marktfrüchte sind, bisher wertlos waren und nur Kosten verursacht haben, können in die landwirtschaftliche Fruchtfolge eingegliedert werden. Diese Pflanzen helfen Erosion zu vermeiden, die Bodenfruchtbarkeit zu fördern, liefern Honig, weil sie Blühpflanzen sind und fördern gleichzeitig Insekten und die Vogelwelt. Sie könnten vieles der negativen Begleiterscheinungen der modernen industriellen Landwirtschaft ausgleichen. Diese Pflanzen haben keinen Wert in der üblichen Landwirtschaft mit Marktfruchtbau und intensiver Tierhaltung, weil man sie nicht verkaufen kann. Nur in Biogasanlagen können sie wirtschaftlich nutzbar eingesetzt werden. 10% Blühpflanzen in der Biogas-Fruchtfolge würden in der Natur schon einen großen Unterschied machen. Damit kann sich eine breite Bevölkerungsschicht wieder mit Biogas anfreunden.
- Biogasanlagen können Regelenergie für die Schwankungen von PV- und Windstrom bereit stellen. Biogas lässt sich problemlos und sicher speichern und kann dann verstromt werden, wenn der Biogasstrom wirklich Sinn macht im Stromnetz – zu Zeiten, wenn die anderen Erneuerbaren Energien nicht zur Verfügung stehen. Biogas- Strom ist zurzeit die günstigste Regelenergie – sowohl bei regenerativen und fossilen Energieträgern, wenn wir alle Kosten intern und extern, also auch in der Umwelt und Gesellschaft, betrachten.
Man – die Politik – muss die Energiewende nur wollen und dafür dann den richtigen Rahmen setzen. Auch der Präsident des Fachverbands Biogas, Horst Seide meinte in einem Interview, dass es ohne Anreiz im EEG keine „ökologisch und ökonomisch sinnvollen Alternativpflanzen“ zu Silomais geben werde. Die DGS hat bereits 2003 und 2008 im Zuge der Novellierung des EEG Vorschläge zur Ausgestaltung gemacht. Einige davon, wie die zusätzlichen Anreize zum KWK-Bonus im EEG 2009, sind umgesetzt worden. Deshalb machen wir wieder Vorschläge für die Novellierung des EEG, damit die Möglichkeiten, die Biogas bietet, auch umgesetzt werden. Wir konzentrieren uns auf die Kernbereiche, weil ein bunter Strauß von Ideen, sinnvoll oder nicht, politisch kaum umgesetzt wird.