Der europäische Emissionshandel soll den Ausstoß klimaschädlicher Treibausgase begrenzen und zu Investitionen in emissionsarme Technologien anreizen. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch ein großer Überschuss an Emissionszertifikaten angesammelt. Gründe hierfür sind vor allem unerwartete Emissionsminderungen aufgrund der Wirtschaftskrise und ein starker Zustrom an internationalen Emissionsgutschriften. Nach Schätzungen des DIW Berlin könnte der kumulierte Überschuss bis 2015 auf 2,6 Milliarden Tonnen ansteigen.
Die Zertifikatspreise sind in den letzten beiden Jahren stark gefallen. Damit der Emissionshandel seine Lenkungswirkung erfüllen kann, muss der Zertifikatsüberschuss dauerhaft abgebaut werden. Entsprechende Reformen auf europäischer Ebene erfordern jedoch eine längere Vorlaufzeit. Zusätzlich ist daher die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verschiebung von Zertifikatsversteigerungen notwendig – das so genannte Backloading.
Eine Analyse des DIW Berlin zeigt, dass ein Teil des Überschusses durch die Hedging-Nachfrage von Stromerzeugern absorbiert werden kann. Der verbleibende Überschuss könnte durch Backloading innerhalb der laufenden Handelsperiode reduziert werden. Zugleich wurde ein Konsultationsprozess für eine strukturelle Reform des Emissionshandels eingeleitet. Er soll sicherstellen, dass längerfristig genügend Knappheit im Emissionshandel erreicht wird.
Durch diese Maßnahmen kann der EU-Emissionshandel seiner Rolle wieder gerecht werden. Andernfalls steht die Glaubwürdigkeit der europäischen Klimapolitik auf dem Spiel. Bei der anstehenden Abstimmung im Europäischen Rat spielt Deutschland eine entscheidende Rolle.
(Abstract eines Aufsatzes von Karsten Neuhoff und Anne Schopp vom DI W aus dem November 2013: „Europäischer Emissionshandel: durch Backloading – Zeit für Strukturreform gewinnen“)
Drei statt 30 Euro
Die Zertifikate kosteten im März 2013 fünf Ende Januar gar nur drei Euro. Bei der Planung des System wurde mit Preisen um 30 Euro kalkuliert. Der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments lehnte den VorschlagEnde Januar 2013 ab – kurz darauf nahm der in dieser Frage federführende Umweltausschuss des Europäischen Parlaments mehrheitlich den von der Europäischen Kommission veröffentlichten Vorschlag zur Änderung der Emissionshandelsrichtlinie mit seinen Änderungen an.
Demzufolge wurde der Kommission die Möglichkeit eingeräumt, einmalig in den Jahren 2013 bis 2015 insgesamt 900 Millionen Zertifikate zurückzuhalten und erst im Zeitraum 2019 bis 2020 in den Markt zu führen. Die ETS-Gesetzgebung sieht einen solchen Eingriff jedoch nicht vor, sondern regelt die Gesamtmenge der Zertifikate und schreibt explizit eine Verringerung um 1,74 Prozent jährlich vor, um die Emissionsminderung zu sichern. Unternehmen müssen für die Emissionen von CO2 pro Tonne und Jahr ein Zertifikat vorweisen.
Die Wirtschaftsvereinigung Stahl appellierte an die Abgeordneten des Europäischen Parlamentes, den Vorschlag abzulehnen: „Die Investitionsentscheidungen der Stahlerzeuger werden durch die Unsicherheiten über die künftigen Rahmenbedingungen des Emissionshandels massiv erschwert“, so Hans-Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl in Düsseldorf. „Die permanente Bedrohung durch immer höher gesetzte Ziele, Eingriffe in das Emissionsrechtehandelssystem sowie den immer wiederkehrenden Versuch, den CO2-Preis künstlich in die Höhe zu treiben, muss beendet werden. Die Stahlindustrie ist in der dritten Handelsperiode (2013-2020) mit einer Zuteilung konfrontiert, die weit unterhalb des technisch Erreichbaren liegt.“
Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW dazu: „Der anhaltende Preisverfall beim Handel mit CO2-Zertifikaten erfordert eine Diskussion über eine nachhaltige Reform dieses für den Klimaschutz wichtigen und richtigen Instruments. Das Zurückhalten von CO2-Zertifikaten ist ein erster sinnvoller Schritt zur Stabilisierung des CO2-Handels. Dieses so genannte ‚backloading‘ darf aus Sicht der Energiebranche jedoch nur einmalig erfolgen, es kann zudem nur der erste Schritt einer Reform des CO2-Zertifikate-Handels sein.“
->Quelle(n): bdew.de; netzwerk-ebd.de; diw.de