EEG-Reform: Scharfe Kritik der Verbände – Klagen drohen

Verbraucherschützer und Solarwirtschaft wollen gegen Solarstrom-Abgabe klagen

Nach dem EEG-Kabinettsbeschluss: Der Bundesverband Solarwirtschaft und der Verbraucherzentrale Bundesverband planen eine Verfassungsklage / EEG-Umlage auf solaren Eigenverbrauch verstößt wahrscheinlich gegen das Grundgesetz

Verbraucherschützer und Solarwirtschaft wollen gegen die EEG-Novelle vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Es gäbe erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass die geplante Ökostrom-Abgabe auf Solarstrom zur Selbstversorgung gegen das Grundgesetz verstoße, so die Ergebnisse eines Rechtsgutachtens der Berliner Kanzlei Geiser & von Oppen.

Vorrangiges Ziel des Energiewende-Gesetzes sei es, den Ausbau Erneuerbarer Energien voranzutreiben und die Kosten verursachergerecht auf die Lieferanten klima- und umweltgefährdenden Stroms zu verteilen. Da solarer Eigenverbrauch dem Gesetzesziel diene und die Energiewende praktisch umsetze, könne die geplante EEG-Abgabe als „unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 Grundgesetz“ gewertet werden, so die Gutachter. Verfassungsrechtlich angreifbar sei die ab 1. August 2014 geplante anteilige finanzielle Belastung solarer Selbstversorger mit der EEG-Umlage auch wegen des möglichen Verstoßes gegen das Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Grundgesetz). Denn der Eigenverbrauch der stromintensiven und verarbeitenden Industrie soll gleichzeitig weitgehend von der EEG-Umlage befreit werden, auch wenn sie diesen aus fossilen Stromquellen deckt.

Kleine und mittelständische Unternehmen aus Handel und Gewerbe, aber auch große Privathaushalte, die Solarstrom für den Eigenbedarf nutzen, sollen nach dem Willen der Bundesregierung künftig für jede selbst verbrauchte Kilowattstunde eine Energiewende-Abgabe von rund drei Cent bezahlen. Davon betroffen wären kleine und mittelständische Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher, die in die saubere Photovoltaik-Stromerzeugung investieren wollen, aber auch Mieter, die beim Bezug von Solarstrom vom Hausdach sogar die volle EEG-Umlage zahlen müssten. „Eine Abgabe auf umweltfreundlichen Solarstrom ist Unsinn. Neue Photovoltaik-Anlagen verursachen keine nennenswerten Mehrkosten für die Verbraucher, entlasten aber erheblich die Umwelt. Die Eigenerzeugung ist ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Doch die aktuellen Pläne bremsen die Verbraucher aus, die zu einer umweltfreundlichen Stromerzeugung beitragen“, sagt Holger Krawinkel, Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik und Energieexperte des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

„Große Teile der Industrie werden weiterhin von der Energiewende-Finanzierung befreit. Wer mit Solarstrom die Umwelt entlastet, wird dagegen zur Kasse gebeten. Mit der Verfassungsklage wollen wir die Verursachergerechtigkeit bei der Finanzierung der Energiewende wieder herstellen. Die solare Eigenstromerzeugung leistet einen wichtigen Beitrag zur dezentralen Umsetzung der Energiewende auf der Basis einer breiten Bürgerbeteiligung. Wer dieses Element durch widersinnige Abgaben behindert gefährdet die Energiewende. Wir dürfen nicht zulassen, dass Klimaschutz und Bürgerengagement bestraft werden“, erläutert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Soalrwirtschaft e.V. (BSW-Solar).

Hintergrund Der Kabinettsentwurf zur EEG-Novelle sieht vor, ab 1. August 2014 den Eigenverbrauch selbst erzeugten Solarstroms in den meisten Fällen mit 50 Prozent der EEG-Umlage finanziell zu belasten. Das entspricht derzeit rund 3,1 Cent je Kilowattstunde (kWh). Mieter, die ihren Solarstrom vom Dach des Vermieters beziehen, sollen sogar 100 Prozent der EEG-Umlage zahlen (derzeit 6,24 Cent je kWh). Eigenstromerzeuger aus besonders energieintensiven Betrieben, aus dem Bergbau und dem verarbeitenden Gewerbe sollen hingegen lediglich 15 Prozent der EEG-Umlage abführen (rd. 0,94 Cent je kWh), auch wenn sie ihren Strom in der Regel in fossilen Kohle- oder Gaskraftwerken erzeugen. Von der Belastung mit der EEG-Umlage werden nach ersten Schätzungen des BSW-Solar über zwei Drittel des deutschen Solarmarktes betroffen sein. Lediglich Betreiber von Photovoltaik-Kleinstanlagen mit einer Leistung von bis zu 10 kWp – das klassische Eigenheim-Segment – sollen von der Öko-Abgabe weiterhin befreit bleiben. Diese machten im letzten Jahr jedoch lediglich knapp ein Fünftel der neu installierten Leistung aus. Im verbleibenden Anlagensegment der großen Solarkraftwerke spielt der Eigenverbrauch keine Rolle. Die starke Förderabsenkung für neue Solarstromanlagen hatte in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass sich Solarstromanlagen in der Regel nur noch dann rechnen, wenn sie auch für den Eigenbedarf produzieren und damit den Strombezug vom Energieversorger ersetzen. Die solare Eigenstromerzeugung ist deshalb vielen Energieversorgern zunehmend ein Dorn im Auge.
->Quelle: pv-magazine.de; vzbv.de; bsw.li/1hzEpnd