Rat für Nachhaltige Entwicklung: Erneuerbares Energiesystem kostet nicht mehr als konventionelles
Um die Diskussion um die Finanzierbarkeit der Energiewende zu versachlichen und transparenter zu gestalten, legt der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) eine Studie zum Erneuerbare-Energien-Gesetz vor. Sie kommt zu zwei zentralen Ergebnissen:
- Über den reinen Stromverkauf lassen sich die zukünftig notwendigen Investitionen nicht finanzieren.
- Und die Berechnungen bis zum Jahr 2050 zeigen, dass der Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland etwa genau so viel kosten wird wie der Neubau von Kohle- und Gaskraftwerke.
Erstmals liegen mit dieser Studie belastbare Zahlen vor, wie sich die Kosten pro Kilowattstunde in den vergangenen 25 Jahren in Deutschland zusammengesetzt haben – und welche Faktoren den Strompreis in den kommenden Jahrzehnten bestimmen. Die Studie hinterlegt auch den Vorschlag, mit konkreten Zahlen, die aktuelle und zukünftige Belastung der Stromkunden über einen Vorleistungsfonds zu verringern.
„Die Energiewende wird nicht so teuer, wie alle glauben. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass ein System auf Basis erneuerbarer Energien nicht mehr kostet, als die alten, fossilen Kraftwerke durch neue zu ersetzen“, sagt Felix Matthes, Forschungs-Koordinator Energie- und Klimapolitik beim Öko-Institut und einer der Autoren der Studie.
Angesichts dieser und künftiger Kosten schlugen Klaus Töpfer, Exekutivdirektor des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam und RNE-Generalsekretär Günther Bachmann im vergangenen Jahr vor, die bisher angefallenen Förderkosten aus dem EEG herauszunehmen, um nicht die komplette Energiewende über die Strompreise zu finanzieren, sondern auch aus Steuermitteln. Die bisherigen Kosten könnten demnach über einen Vorleistungsfonds finanziert werden. Das Öko-Institut hat nun erstmals verschiedene Varianten untersucht, wie ein solcher Fonds umgesetzt werden kann.
Gesamtkosten von 865 Milliarden Euro
Um bis 2050, wie in den Energie und Klimazielen vereinbart, bis zu 85 Prozent des Stromes aus erneuerbaren Quellen zu produzieren, verbleibt bei Gesamtkosten von 865 Milliarden Euro für die noch ausstehenden Investitionen eine Refinanzierungslücke von 220 bis 640 Milliarden Euro. Diese Mittel müssen über ein Fördersystem aufgebracht werden. Aber: Ähnliche Kosten und Refinanzierungslücken würden auch anfallen, wenn alte, konventionelle Kraftwerke durch neue ersetzt würden.
Regenerative Stromerzeugung muss deshalb zwar weiterhin über das EEG oder andere Mechanismen unterstützt werden – das trifft aber auch auf fossile Kraftwerke zu. „Die Systemkosten der Energieversorgung sind im jetzigen Energiemarkt-Mechanismus generell nicht allein über Strompreise finanzierbar“, sagt RNE-Generalsekretär Günther Bachmann.
In der Vergleichsrechnung zwischen fossilem und erneuerbarem Energiesystem sind auch die Kosten für die nötigen Ersatzkraftwerke als auch Speicher und Netzausbau enthalten. Bedingung für eine Kostenparität ist dabei, dass sich fossile Brennstoffe inflationsbereinigt bis 2050 um ein Drittel verteuern und die Tonne [[CO2]]-Ausstoß bis dahin mit 40 Euro in die Kosten für die Energieerzeugung aus fossilen Rohstoffen eingepreist wird. Momentan liegt der Preis bei fünf Euro. „Die Hochrechnungen sind ein sehr wahrscheinliches Szenario“, sagt Matthes.
Wie hoch die nötige Fördersumme ausfällt, ist auch von der Entwicklung des Strompreises abhängig, der den Erlös für den Verkauf des Stromes aus erneuerbaren Energien bestimmt. Die bisher errichteten erneuerbaren Anlagen haben abzüglich der Erlöse durch den Stromverkauf 105 Milliarden Euro an Vergütung erhalten, bis zum Jahr 2030 werden weitere 192 Milliarden hinzukommen.
Bis 2030 im Jahresdurchschnitt 14 Milliarden nötig
Bis 2030 würde demnach im Jahresdurchschnitt eine Finanzierung von etwa 14 Milliarden Euro nötig. „In der Gesamtsicht wird damit der Vorleistungsfonds vor allem aus dem allgemeinen Staatshaushalt finanziert werden müssen“, schreibt das Öko-Institut. Töpfer und Bachmann schlagen eine Finanzierung nach dem Modell des Erblastentilgungsfonds oder des Fonds Deutsche Einheit vor, die Bund und Länder mit Krediten befüllt und dann abbezahlt haben. Die Idee dahinter ist, dass der Zweck der Energiewende wie auch die deutsche Einheit von besonderer nationaler Bedeutung ist, was einen solchen Fonds rechtfertigen würde. „Der Vorschlag könnte ein wichtiger Beitrag sein, um die Energiepolitik zu befähigen, die langfristigen Ziele bis 2050 als Teil einer insgesamt auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Entwicklung zu erreichen“, sagt Bachmann.
->Quelle: nachhaltigkeitsrat.de; Töpfer-Bachmann-Vorschlag