Bundeswehr-Studie thematisiert
Schon in der aktuellen Version der Bundeswehr-Studie zu Peak Oil lesen wir: So könnte es im Bewusstsein der Überschreitung des Peak Oil und angesichts des Strebens von Staaten nach eigenen, möglichst nachhaltigen Vorteilen zu einer gezielten Einschränkung des Angebots kommen („Political Peaking“), beispielsweise um das nicht geförderte Erdöl nachfolgenden Generationen des eigenen Landes zu erhalten. Je klarer es würde, wie knapp Erdöl tatsächlich ist, desto mehr würden die Preise des Erdöls und damit die Gewinne der Förderländer steigen. Das Kalkül des „Political Peaking“ würde umso nachvollziehbarer werden. Ein Political Peaking würde die Peak Oil-induzierte Verknappung des Angebots und die damit zusammen-hängende Preissteigerung noch weiter verschärfen.
Die Autoren bemerken hier: Da die konventionelle Ölförderung seit 2005 nicht mehr steigt und Europas Ölförderung seit 2002 Jahr für Jahr schrumpft, entsteht eine ausnutzbare Situation: Wenn Russland bewusst den Ölfluss nach Deutschland verringert, das Angebot also aus politischen Gründen verknappt, hat Deutschland kaum Möglichkeiten, alternative Lieferanten zu finden. Denn die Tatsache des globalen Ölfördermaximums erlaubt keine Umlenkung von Ölströmen in den Größenordnungen, wie Russland sie derzeit liefert.
Weiter nennt Bundeswehr-Studie im Zusammenhang konkret: Russland
Ob und unter welchen Bedingungen es vor dem Hintergrund des Peak Oil zusätzlich zu einem „Political Peaking“ kommen könnte, ist nicht vorherzusagen.[..] Damit könnte Russland mit seinen derzeitig bereits beträchtlichen Liefermengen in den Fokus rücken. Zwar könnte es einen Ausfall anderer Lieferanten Deutschlands durch seine Vorräte eine gewisse Zeit decken, eine weitere Erhöhung der Liefermengen könnte jedoch das bestehende, derzeit noch weitgehend als betontes Abhängigkeitsverhältnis zugunsten Russlands verändern.
Grotesk anmutende Außenpolitik Europas
Bedauerlich ist, dass erst eine akute Krise im europäisch-russischen Grenzraum dazu führt, dass solche Fragen in den Medien, in der Wirtschaft und der Politik intensiver diskutiert werden. Die Bundeswehr-Studie, die all diese Szenarien vorausschauend ansprach, ist bereits seit 2008 öffentlich, doch die Politik muss sich dem Vorwurf stellen, bislang weitgehend untätig geblieben zu sein.
Wie absurd der Streit ‚um‘ die Ukraine inzwischen ist, offenbart die Forderung des neuen ukrainischen Präsidenten Arsenij Jazenjuk, die EU möge Energie in die Ukraine liefern. Hierzulande nennt man dies ‚einem nackten Mann in die Tasche greifen‘.
Wie bereits im Dezember 2013 diskutiert, ist Europa wegen schrumpfender Öl- und Gasförderung überhaupt nicht in der Lage, Energie an die Ukraine zu liefern, sondern kann allerhöchstens Geld bereitstellen, mit dem die Ukraine dann wieder Energierohstoffe in Russland kaufen kann. Es zeigt sich bereits das Ende der europäischen Expansionspolitik: Es werden immer neue Regionen finanziell alimentiert, doch die Finanzströme sind nicht ökonomisch unterfüttert. Die Stabilität des europäischen Finanzsystems endet ein weiteres Mal dort, wo Luftbuchungen vorgenommen werden – und genau diese Art Transaktionen werden von den EU-Beamten der ukrainischen Führung offenbar versprochen und nun von dieser eingefordert.
Im Balance-Spiel zwischen dem westlichen Block und Russland (und demnächst vielleicht China) übersehen die Verantwortlichen die Bedeutung, die Energie in der Wirtschaft hat. Auf neue Maschinen und Autos, die Russland hauptsächlich aus Deutschland importiert, kann man zweifellos eher verzichten, als auf die Treibstoffe, die diese Maschinen antreiben. Zu befürchten ist, dass die Politiker auf europäischer, Bundes-, Landes- und Kommunalebene kein Gefühl für die Bedrohung haben, die ihr Handeln auslöst.
Der Beobachter kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Bedeutung von Energieflüssen auf politischer Ebene nur mangelhaft verstanden wird. Um vom Import fossiler Rohstoffe unabhängiger zu werden, darf sich die „Energiewende“ nicht nur auf den Ausbau von „Öko-Strom“ beschränken.
Bernhard Ahlers, Jahrgang 1951, Dipl.-Ing., ist Inhaber und Gesellschafter mehrerer Biotech-Firmen, hat als freier Bauingenieur viele Projekte realisiert, darunter den ‚Rheingoldsaal’ im Hauptbahnhof Düsseldorf, den Umbau des ACC-Gebäudes im Kölner Rheinhafen und der Königsburg in Krefeld, Wohnbebauung in Ragow bei Berlin; bei etlichen Großprojekten hatte er die Projektsteuerung: z. B. Kirchsteigfeld in Potsdam; CBF Engineering, Kopenhagen; Montagehalle des Cargo Lifter; Projekt- und Planungsvorbereitung des „Window to Europe“ St. Petersburg, Russland; schließlich das Energiecontracting für HEW Hamburg (heute Vattenfall). Seit 13 Jahren Forschung, Entwicklung und Projektplanung im Bereich der regenerativen Energie – Entwicklung einer neuen Technologie für die Produktion von Biotreibstoffen. 2012 Eintragung des Verfahrens beim Deutsches Patentamt als „Biotreibstoff der 3. Generation auf Basis von div. Agrarprodukten ohne Flächen und Lebensmittelkonkurrenz“.
->Quelle: peak-oil.com