Energieminister Chit Chian in Deutschland
Iran beginnt, auf regenerative Energien zu setzen: Obwohl an dritter Stelle beim Öl innerhalb der OPEC und an zweiter im Erdgas-Ranking, will die Islamische Republik in den kommenden fünf Jahren 5 GW erneuerbare Energien erzeugen: 4,5 davon als Windenergie und 500 MW mittels Photovoltaik. Dies teilte Irans Energieminister Chit Chian am 08.05.2014 bei einer Veranstaltung mit Unternehmen der erneuerbaren Energiebranche in Berlin mit.
Bereits 2011 zeigte eine für den Fachverband Renewable Energy Organization of Iran im Auftrag des Bundesumweltministeriums erstellte Studie, dass Iran über erhebliche Potenziale bei Windkraft, Solarenergie als auch Biomasse verfügt. Laut Chit-Chian will auch Iran seinen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten, durch Unterstützung des Aufwachsens der nachhaltigen Energieformen mittels entsprechender gesetzliche Maßnahmen, durch finanzielle Zuwendungen und durch Regelungen für die Erleichterung von Investitionen in diesem Bereich bis hin zum einfacheren Grundstückserwerb. Chit Chian verwies in diesem Zusammenhang auf die Internetseiten des Teheraner Finanzministeriums und der Berliner Botschaft.
Iran exportiert ca. 10 Mrd. kWh Strom jährlich in die Türkei, nach Pakistan, Afghanistan und Irak. Dadurch ist der iranische Energiemarkt weit größer als das Land selbst: Man baue zum Beispiel gegenwärtig für 1 Mrd. Dollar Projekte im Ausland, wie Staudämme oder Windturbinen. Drei iranische Unternehmen produzieren bereits selbst PV-Module aus importierten Wavern – früher stellte man die Waver selbst her. Seit 12 Jahren würden Windturbinen aus importierten Einzelteilen zusammengesetzt, so der Minister. Jetzt hofft die Regierung in Teheran auf Erleichterungen im Zuge der laufenden Verhandlungen.
7% Wachstum
Der Strommarkt im Innern wächst gegenwärtig mit einer Rate von 7 %. In einer 2009 am Wuppertal-Institut angefertigten Dissertation (Nikolaus Supersberger, Reader zur Diss.: „Der unnötige Atomkonflikt in Iran“) heißt es: „Iran ist eines der größten Erdölförderländer und verfügt über riesige Erdgasreserven – und hat doch ein Energieproblem: Unter Trendbedingungen steigt der iranische Energieverbrauch weiter stark an. Daher wird Iran bald zum Energieimporteur: Der Wandel hätte gravierende Folgen für die Weltölmärkte und auch auf Irans Handelsbilanz.“
Als Lösungen bietet der Autor an: „Kernenergie ist in Iran für eine langfristig sichere Energieversorgung nicht notwendig – sie ist verzichtbar. Systemzwänge zu ihrem Einsatz liegen nicht vor. Die außerordentlich großen Potenziale zur Nutzung erneuerbarer Energien können eine vollregenerative Stromerzeugung in Iran gewährleisten. Der Einsatz erneuerbarer Energien und von Energieeffizienz würde die Ölexporte Irans sowie der anderen OPEC-Staaten deutlich strecken. Dies hätte umfangreiche Folgen für die internationalen Energiemärkte und große positive finanzielle Effekte auf die Staatshaushalte der Exporteure.“
Kilowattstunde für sagenhafte 2 $-Cents
[note v.l. Alireza Sheik Attar, iranischer Botschafter, Homayoun Haeri, Geschäftsführer Tavanir Company, Hamid Chitchian, iranischer Energieminister, Prof. Lutz Mez, Koordinator BC Care/FU Berlin (s.u.)]Noch ist die Energie im Iran stark subventioniert, die Kilowattstunde kostet sagenhafte 2 $-Cents. Daher müssen Wind- und Solarenergie zunächst unterstützt werden. Entsprechend blätterte Chit Chian vor den etwa 90 Gästen einen ganzen Katalog von Fördermaßnahmen auf:
- 5 Jahre Abnahmegarantie für erneuerbaren Strom
- garantierter Einspeisepreis von 15 Ct/kWh
- Umlage von 1 Ct für Endverbraucher
- 50 % Kostenübernahme durch den Staat für Klein-PV-Anlagen
- 2 Jahre lang Erstattung des Preises des durch Effizienzmaßnahme eingesparten Stroms
- attraktive Bedingungen für die Finanzierung großer Projekte
- Chit-Chian hat mit Umweltstaatssekretär Pronold gesprochen, der ihm, wenn nötig, rasche BAFA-Abwicklung zugesagt habe.
Hamid Chit Chian ist seit 15.08.2013 iranischer Minister für Energie. Mit der Wahl des ausgewiesenen Befürworters Erneuerbarer Energien eröffneten sich neue Chancen für eine iranische Energiewende und Möglichkeiten der deutsch-iranischen Zusammenarbeit. Hamid Chitchian war zunächst Abteilungsleiter für Energie und anschließend stellvertretender Energieminister bevor er vom iranischen Parlament mit der zweitbesten Mehrheit aller Kabinettsmitglieder zum neuen Minister für Energie gewählt wurde. Er ist ein ausgewiesener Experte für Wasserwirtschaft und Erneuerbare Energien und Mitbegründer der Renewable Energy Organization of Iran sowie der Iran Energy Efficiency Organization.
Berlin Centre for Caspian Region Studies (BC CARE) – Interdisziplinäres Zentrum– Kompetenzpool zur Kaspischen Region
Im Sommer 2009 wurde vom Akademischen Senat der FU Berlin das Interdisziplinäre Zentrum BC CARE gegründet. BC CARE führt als Kompetenzpool zur Kaspischen Region Wissenschaftlern der FU Berlin, anderer Berliner Universitäten sowie außeruniversitärer Forschungseinrichtungen und Institutionen, die teilweise seit vielen Jahren zur Kaspischen Region arbeiten, zusammen und bindet sie in ein internationales Forschungsnetzwerk ein. Ziel ist es, gemeinsam das komplexe Spannungsfeld zwischen Ressourcenreichtum, nachhaltiger Ressourcennutzung und den daraus resultierenden Problemen in der Kaspischen Region inter-, transdisziplinär und integrativ zu erforschen und wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden.
Bereits seit 2000 hatten spätere Gründer und Mitglieder des BC CARE intensive Kontakte zu wissenschaftlichen Einrichtungen und Ministerien Irans als einem der wichtigsten Ländern der Region aufgebaut. Schwerpunktthemen waren die Öl- und Gasreserven Irans, aber auch Wind- und Solarenergie sowie andere Formen erneuerbarer Energien wie Geothermie, kleine Wasserkraft und nachwachsende Rohstoffe wie Jatropha curcas (die ölhaltige Purgier- Brechnuss). Gemeinsam mit der iranischen Organisation für erneuerbare Energien SUNA und der Friedrich-Ebert Stiftung organisierte BC CARE im Juni 2012 in Teheran die Konferenz „Renewable Energy in Iran and the Middle East”, und zur Rettung des größten iranischen Binnensees im November 2013 in Berlin die Internationale Konferenz „Ein Masterplan für den Urmiasee im Iran – Lehren vom Aralsee und vom Toten Meer“.
->Quelle(n): Gerhard Hofmann (eigene Aufzeichnungen + Fotos);
polsoz.fu-berlin.de; inter3.de; suna.org.ir; reegle.info; irna.ir