„Blutspuren in unserer Bilanz“
„Die Energiewende macht den Energieversorgern immer stärker zu schaffen,“ so das Fazit mancher Beobachter (in diesem Fall n-tv) angesichts neuer Horrormeldungen aus der RWE-Zentrale. Das Überangebot an Ökostrom drücke die Börsenpreise – und damit auch den Gewinn von RWE. In Wirklichkeit hat RWE die Energiewende verschlafen und realitätsfremd starrsinnig auf Atomkraft gesetzt. Und bekommt dafür jetzt die Quittung.
Beim zweitgrößten deutschen Energieversorger geht es weiter abwärts, wie RWE am 14.05.2014 mitteilte. Das Ergebnis war noch schlechter als beim Konkurrenten E.ON. Der hatte am Vortag immerhin einen Ergebnisrückgang von 13 Prozent melden müssen. „Die niedrigen Strompreise hinterlassen ihre Blutspuren in unserer Bilanz“, klagte RWE-Finanzvorstand Bernhard Günther. Der Umsatz sei im ersten Quartal um 8,6 Prozent auf rund 14,7 Milliarden Euro gefallen. Das Betriebsergebnis verringerte sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 18,4 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro. Das um Sonderposten bereinigte Nettoergebnis fiel um 35,5 Prozent auf 838 Millionen Euro.
Ursache sei vor allem das Erzeugungsgeschäft, das wegen der sinkenden Strom-Großhandelspreise krisele, erklärte Vorstandschef Peter Terium. „Hinzu kam, dass die Wintertemperaturen – nach der extremen Kälte im Vorjahr – dieses Mal ungewöhnlich mild waren“. Neben sinkenden Margen in der Stromerzeugung der Kohle- und Gaskraftwerke spielte auch der Verkauf des tschechischen Ferngasnetzbetreibers Net4Gas eine Rolle. Dessen Ergebnisbeiträge fallen jetzt weg.
Wegen des geplanten Verkaufs der Öl- und Gasfördertochter Dea änderte RWE zudem seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr. Der Versorger will das Tochterunternehmen an den russischen Milliardär Michail Fridman abgeben. Noch stehen allerdings Genehmigungen von Behörden aus. Das für die Dividendenberechnung ausschlaggebende nachhaltige Nettoergebnis soll nun bei 1,2 bis 1,4 (bisher 1,3 bis 1,5) Milliarden Euro liegen. Damit sei eine Dividende für das laufende Jahr wie 2013 von je einem Euro für die rund 615 Millionen Aktionäre „rechnerisch darstellbar“, sagte Günther. RWE schüttet üblicherweise 40 bis 50 Prozent des Gewinns an die Aktionäre aus.
Angesichts der Neuordnung auf dem Energiemarkt legt RWE wegen schlechter Auslastung und niedriger Börsenstrompreise noch mehr Kraftwerkskapazitäten still als angekündigt. Statt wie bisher geplant 6,6 Gigawatt sollen nun 7,4 Gigawatt vorübergehend oder komplett vom Netz genommen werden, sagte Finanzvorstand Günther. Das entspricht etwa einem Zehntel des bundesdeutschen Spitzenverbrauchs.
RWE will Kraftwerkskapazität stilllegen. Lagen bislang Anträge zur Stilllegung von insgesamt knapp 6,6 GW fossiler Kraftwerksleistung aller Stromproduzenten vor, will RWE jetzt zusätzlich mehr als 800 Megawatt im Gaskraftwerk Lingen stilllegen. In West-Niedersachsen betreibt RWE drei Gasturbinen, deren älteste (1974) einen Wirkungsgrad von 46 Prozent hat, die modernste (2009) kommt auf einen Nettowirkungsgrad von 59 Prozent. RWE schaltet damit seine klimafreundlichsten Produktionsstätten ab.
->Quelle(n): n-tv.de; rundschau-online.de; spiegel.de; faz.net; handelsblatt.com; kliaretter.info