Erdgasversorgung Europas trotz Ukraine-Krise sicher

Stimmen: von Hirschhausen, Kemfert, Bütikofer

Claudia Kemfert (Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am DIW Berlin): „Kurzfristig würde die Europäische Union im Falle russischer Lieferboykotts bei Erdgas mit einem blauen Auge davonkommen. Dafür wurde in den vergangenen Jahren einiges getan. Damit die Erdgasversorgung aber auch langfristig sicher ist, müssen die EU-Länder weiterhin neue Lieferquellen erschließen, die Energieeffizienz steigern und eine gemeinsame strategische Reserve einrichten. Russland ist ein wichtiger Erdgaslieferant und wird es auch bleiben. Die oftmals beschworene einseitige Abhängigkeit Europas gibt es nicht. Russland besitzt nur wenige Alternativen zum Export in die EU und erzielt hohe Einnahmen, die im Falle eines Lieferstopps wegfallen würden.“

Christian von Hirschhausen: „Die eigentliche Achillesverse der europäischen Energiepolitik ist die Ukraine: Das Land steht wirtschaftlich sehr kritisch da und hat die letzten beiden Jahrzehnte nicht genutzt, um seine Energieeffizienz zu erhöhen und die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu reduzieren. Vor dem Hintergrund längerfristiger Auseinandersetzungen mit Russland sind gerade hier Anstrengungen notwendig, die hohen Effizienzpotentiale zu heben, die Abhängigkeit von russischen Erdgas- und Kernbrennstoffen zu reduzieren und somit auch die makroökonomische Situation zu stärken. Hierfür ist dringend technische und wirtschaftliche Hilfe aus dem Westen notwendig.“

Reinhard Bütikofer (Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei, Mitglied des Europäischen Parlaments): „Die DIW-Studie hat zum ersten Mal das Ausmaß von Gazproms Anteilen an der Energiewirtschaft innerhalb der Europäischen Union erfasst. Sie zeigt, dass eine explizite sicherheitspolitische Analyse dieser Situation durch die EU-Kommission nötig ist und dass entsprechende Konsequenzen ergriffen werden müssen, um zu verhindern, dass sich kritische Auswirkungen auf Europas Energiesicherheit und Wettbewerbsfähigkeit ergeben. Die EU-Kommission sollte die Regeln bezüglich des Erwerbs von strategischer europäischer Infrastruktur durch Nicht-EU-Unternehmen überprüfen. Für die Entwicklung einer europäischen Energieunion ist eine sicherheitspolitische Bewertung von Abhängigkeit im Infrastrukturbereich von großer Bedeutung.“
->Quelle: diw.de