Um ein Millionstel eines Milliardstels eines Milliardstels schwächer als eine typische Kompassnadel
Blaum ist mit einem Team an der Kooperation beteiligt. Er versucht, die gewaltige technische Herausforderung für Laien fassbar zu machen. „Sieht man das Proton als kleinen Stabmagneten an, dann ist sein magnetisches Moment um 24 Größenordnungen, das ist ein Millionstel eines Milliardstels eines Milliardstels, schwächer als eine typische Kompassnadel“, erklärt der Physiker: „Genauso verhält sich das Moment dieser Kompassnadel wiederum zum Magnetfeld der gesamten Erde.“ Schon allein ein einziges Proton einzufangen und zu speichern, erforderte jahrelange Entwicklungsarbeit. Das Experiment, für das ein unter anderem ein fast vollständiges Vakuum brauchen, steht an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. „Inzwischen können wir so ein Proton ein Jahr lang in unserer Falle speichern“, sagt Blaum, „so gut ist das Vakuum.“
Penning-Falle aus Gold und Sapiren
Die Apparatur basiert auf dem Prinzip der sogenannten Penning-Falle. Andreas Mooser, der das Experiment als Diplomand und dann als Doktorand in einer fünfjährigen Arbeit mit aufgebaut hat, erklärt es: „Wir halten das einzelne Proton mit geschickt gewählten elektrischen und magnetischen Feldern im freien Raum fest.“ Doch woran merkt man, ob das winzige Teilchen überhaupt in der Falle gespeichert ist? Ein gespeichertes Proton schwingt fast wie ein Uhrenpendel in der Falle hin und her. Mit seiner Ladung produziert es damit einen extrem schwachen Strom, den die hochsensitive Apparatur als Signal des Protons erfassen kann. „Es geht dabei um winzige Femtoampere-Ströme“, betont Andreas Mooser die Herausforderung. Zum Vergleich: Eine handelsübliche Mignonzelle kann kurzzeitig bis zehn Ampere Strom liefern, ein Femtoampere ist zehnmillionenmilliarden Mal schwächer.
Aus der Schwingung des Protons ergibt sich sein magnetisches Moment
Präzisionsinstrument für diffizile Messungen: Ein einzelnes Proton wird in der vergoldeten Penning-Falle gespeichert. Diese besteht aus ringförmigen Elektroden, die durch isolierende Ringe aus künstlichem Saphir getrennt sind. Aus der Schwingung des Protons in der Falle lässt sich dessen magnetisches Moment bestimmen.
Möglicher wichtiger Schritt zur Lösung des Antimaterie-Rätsels
Im Kern geht es bei der im Mainzer Experiment verwendeten Methode darum, die räumliche Ausrichtung des Protons als winzigem Stabmagneten zu bestimmen. Hierzu nutzen die Wissenschaftler die seltsamen Regeln der Quantenwelt aus, nach denen das Proton in einem von außen angelegten Magnetfeld als kleine Kompassnadel nur in zwei entgegengesetzte Richtungen zeigen darf. Je nach Orientierung schwingt das Proton in der Falle schneller oder langsamer. Diese Methode hat der Physik-Nobelpreisträger Hans Georg Dehmelt bereits in den 1980er-Jahren zur Messung des magnetischen Moments des Elektrons verwendet. „Da aber das magnetische Moment des Protons fast 700 Mal kleiner ist, stellt dies eine besondere Herausforderung dar“, sagt Klaus Blaum. So brauchte es weitere dreißig Jahre bis es gelang, diese Methode auf das Proton zu übertragen.
Mit dieser Methode hat das Team das magnetische Moment des Protons bis auf einen winzigen Fehler genau bestimmt. Dieser Fehler liegt in der Größenordnung von einem Milliardstel des Messwerts. Das ist so ungeheuer präzise, dass die Kooperation mit derselben Methode das magnetische Moment des Antiprotons messen will. Dazu baut ein von Stefan Ulmer vom japanischen RIKEN-Institut geleitetes Team ein identisches Experiment an einer Antiprotonenquelle am europäischen Forschungslabor CERN in Genf auf. Sollte das Team gar einen abweichenden Wert für das Antiproton entdecken, wäre das ein wichtiger Schritt zur Lösung des Antimaterie-Rätsels. „Das wäre dann ein Hinweis auf neue Physik außerhalb des Standardmodells der heutigen Teilchenphysik“, sagt Blaum. Entsprechend gespannt sind er und Andreas Mooser, der als Postdoktorand in Genf mit dabei sein wird, auf das Antiprotonen-Experiment. (RW)
->Quelle: mpg.de