Meeresanstieg um 16 Meter

Ursprünglich eher geringe Klimaveränderung durch Rückkopplung erheblich verstärkt

Die Eisberg-Daten aus den Sedimentkernen flossen anschließend in Klimamodelle. Mit deren Hilfe rekonstruierten die Wissenschaftler, welche Umweltveränderungen damals zum Massenverlust des Antarktischen Eisschildes geführt haben. Sie stellten fest, dass gegen Ende der letzten Eiszeit ungewöhnlich warme Wassermassen in Richtung Antarktis geströmt waren und das Kalben der Gletscher ausgelöst hatten. Die Klimamodelle zeigten außerdem, dass die schmelzenden Eismassen den Warmwassereinstrom in die Antarktis verstärkten – eine positive Rückkopplung, die dazu führte, dass immer mehr Eisberge vom Eisschild abbrachen. Diese abrupte Veränderung des Eispanzers überraschte die Wissenschaftler. „Der Übergang von der letzten Eiszeit in die nachfolgende Zwischeneiszeit verlief eigentlich sehr langsam. Die Ergebnisse der Modelle lassen also vermuten, dass die positive Rückkopplung eine ursprünglich eher geringe Klimaveränderung erheblich verstärkt hat und so der Eisschild viel schneller als zuvor angenommen instabil geworden ist“, erklärt Prof. Dr. Gerrit Lohmann, Klimamodellierer am Alfred-Wegener-Institut und Co-Autor der Studie.

Szenarien für mögliche zukünftige Veränderungen

Die Studie ermöglicht es Wissenschaftlern, zu verstehen, welche Prozesse in der Vergangenheit zu großen Eismassenverlusten des Antarktischen Eisschildes geführt haben. Die Ergebnisse sind jedoch auch wesentlich, um Szenarien über mögliche zukünftige Veränderungen zu entwickeln. „Unsere Daten liefern wichtige Vergleichswerte dafür, wie sich die vom Menschen verursachten Klimaveränderungen auf das antarktische Eisvolumen und auf den globalen Meeresspiegelanstieg auswirken können“, sagt Lohmann.

Um die Untersuchungen für ihre Studie zu ermöglichen, hatten Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts auf drei Expeditionen des AWI-Eisbrechers Polarstern die Region um die Scotiasea vermessen und Bodenproben genommen. So konnten sie sicherstellen, dass in dieser Region die Ablagerungen am Meeresgrund ausreichend hochauflösend waren – das heißt, dass die einzelnen Sedimentschichten und somit die Erdzeitalter gut voneinander zu unterscheiden waren. Die zwei Sedimentkerne für diese Studie wurden anschließend mit finanzieller Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft von Bord des französischen Forschungsschiffes Marion Dufresne geborgen.

Aktuell haben amerikanische Kollegen den Rückzug mehrerer Gletscher in der Westantarktis beobachtet. Einige, so vermuten sie, könnten kurz davorstehen, zusammenzubrechen. „Besonders die Gletscher, die in die Amundsensee fließen, zeigen diese hohen Rückzugsraten und sind – so Modellierungen – potentielle Kandidaten für einen Kollaps. Anfang 2015 werden wir mit der Polarstern in dieses Gebiet fahren und durch Bohrungen in den Meeresboden weitere Daten über das Verhalten des Westantarktischen Eisschildes in der Vergangenheit sammeln“, kündigt Kuhn an.
->Quelle(n): awi.de; nature.com; solarify.eu
Das Paper erschien am 28.05.2014 online (Advances Online Publication) mit dem Originaltitel Millennal-scale variability in Antarctic ice-sheet discharge during the last deglaciation im Fachmagazin Nature. Am 05.06.2014 in der gedruckten Ausgabe von Nature. DOI: 10.1038/nature13397.